Wetterumschlag

30.10.1981

Für die Auguren der DV-Industrie herrschte Hochkonjunktur auf dem Münchener Messegelände. Egal, ob in den Ausstellungshallen oder auf den Kongreßveranstaltungen: Jeder ??? einen "Witterungsumschlag" zu prophezeien hatte, fand aufmerksame Zuhörer. Die erstmaligen Wachstumseinbrüche in der erfolgsgewohnten Kommunikationsbranche schienen den meisten Computerbossen stark an die Nieren gegangen zu sein.

Einig waren sich die Propheten vor allem in zwei Punkten: Das DV-Geschäft sei auf breiter Front härter geworden, aber eine Krise der Informationsindustrie existiere nicht - lediglich ein paar Schwachpunkte in einigen wenigen Teilbereichen würden erstmals sichtbar. Somit strahlten nahezu alle SYSTEMS-Beteiligten, Interessenten und Anbieter, Optimismus aus - wenn auch verhalten.

Glaubt man der Münchener Messegesellschaft (MMG), so haben sogar zahlreiche Aussteller "unerwartete Direktverkäufe am Messestand" getätigt. 93 Prozent der Austeller hätten neue Geschäftsverbindungen geprüft und rund 80 Prozent Neuheiten aus den Bereichen Hard- und Software vorgestellt. Von den rund 660 Ausstellen - knapp ein Drittel mehr als 1979 - wurde eine zunehmende Investitionsbereitschaft registriert.

Dennoch: Das besondere Interesse der SYSTEMS-Besucher galt weniger traditionellen Bürocomputern oder Großrechner-Systemen, sondern Kleinrechnern, CAD/CAM-Systemen und der Kommunikationstechnik, kurz Bereichen in denen sich Kostenvorteile schnell und billig realisieren lassen. Dies galt vor allem für netzwerkfähige Mikros, die von sparbewußten Anwendern derzeit als preisgünstige Alternative zu "immer mehr Hauptrechner-Kapazität" gesehen werden - hieß es jedenfalls unter den Mikro-Anbietern. Auch die in München anwesenden Softwarehäuser waren sich einig: Insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen schreckten immer mehr vor langwierigen Entwicklungen zurück und bekundeten ihr Interesse am Einsatz von Standard-Software.

Der rege Besuch an den Ständen der Telekommunikationsanbieter war Branchenkennern zufolge weniger auf echtes Kaufinteresse, als vielmehr auf ein Know-how-Bedürfnis zurückzuführen. Zwar seien die DV-Verantwortlichen begeistert von den Möglichkeiten des Bildschirmtext, Teletex, Datex-P oder Datex-L, aber die horrenden Preise für Dienste oder Systeme zählten dennoch als Handikap.

Bleibt abzuwarten, was sich die Anbieter der "neuen Medien" bis zur nächsten SYSTEMS im Oktober 1983 einfallen lassen, denn speziell ihnen wird in den nächsten zwei Jahren ein "starker Boom" prognostiziert.