DD+V verschafft Anwendern Geschäftswissen ohne Programmierkenntnisse

Wettbewerbsvorteile springen ins Auge

07.09.2001
Die Abteilung Vertriebs-Controlling des Dresdner Druck- und Verlagshauses (DD+V) hat ein neues Berichts- und Analysesystem eingeführt. Es soll die Fachabteilungen, beispielsweise den Marketing-Bereich, in die Lage versetzen, Berichte und Analysen für eigene Zwecke zu erstellen. Von Manuela Räbiger*

Das Dresdner Druck- und Verlagshaus DD+V ist eines der größten Druckerei- und Verlagsunternehmen in den neuen Bundesländern. Trotzdem verfügen im Vertrieb des Unternehmens nur zwei Mitarbeiter über genügend Programmierkenntnisse, um Berichte und Analysen auf dem AS/400-System vorzunehmen. Doch künftig sollen auch die Fachabteilungen in der Lage sein, auf die Daten zuzugreifen - gemäß ihren Geschäftsmodellen, mit ihrer Terminologie und mit ihren Strukturen, vor allem aber ohne Beherrschung von SQL oder anderer Abfragesprachen.

Das vorhandene operative System orientiert sich stark an dem transaktionsorientierten Prozess "Auslieferung einer Zeitung". Dagegen lässt sich beispielsweise eine Marketing-Sicht nur unter hohem Aufwand gewinnen. Bislang galt es beim Abbilden einer solchen Sicht immer, die Schnittstelle zwischen der Fachabteilung und den Programmierern beziehungsweise den Systemadministratoren zu überwinden. Zudem gab es viele Doppelerfassungen: Die Daten wurden aus der AS/400 abgerufen und dann teilweise noch einmal im Tabellenkalkulationsprogramm "Excel" erfasst, um sie in Form von Statistiken aufzubereiten. Eine solche Vorgehensweise ist nicht nur aufwändig, sondern auch fehleranfällig; sie bindet Kräfte, die eigentlich für den Verkauf zur Verfügung stehen müssten.

Die Auseinandersetzung mit dem Thema Business Intelligence führte bei DD+V bislang vor allem zu Insellösungen, beispielsweise zum Aufbau von Excel-Statistiken, mit denen die Benutzer immer unzufriedener wurden. So kam das "Verlagsinformationssystem" des Unternehmens, das der Lieferant der vorhandenen Vertriebsapplikation anbot, nie wirklich zum Einsatz, weil entsprechendes Know-how fehlte und überdies Probleme bei der Anpassung auftraten.

Anfang 2000 fiel daher die Entscheidung, eine neue Stelle für die strategische Neuausrichtung des Berichtswesens zu schaffen. Wie sich herausstellte, gab es in einigen lokalen Installationen bereits Stand-alone-Versionen der Analysewerkzeuge "Impromptu" und "Powerplay" von Cognos. Auf dieser Basis sollte das neue System aufgebaut werden.

Im Juni des vergangenen Jahres stellte der Softwareanbieter dem Verlagshaus sein Tool "Decisionstream" vor, das für Extraktion, Transaktion und Laden - kurz ETL - von Geschäftsdaten entwickelt wurde. Als Testobjekt wählte das Berichtswesen eine komplexe Statistik aus, die es prototypisch umzusetzen galt. Die Daten wurden vorbereitet und dokumentiert, danach extrahiert, organisiert, transformiert und aggregiert, bis sie aufbereitet auf dem SQL Server vorlagen. Mit der Hilfe von Powerplay entstanden vorgefertigte Berichte.

Einen Monat lang wurde die an die Anwenderbedürfnisse angepasste Software getestet, weiterentwickelt, um weitere Dimensionen ergänzt und mit den notwendigen Standardberichten versehen, bevor sie Mitte Juli zunächst der Vertriebsleitung und dann der Geschäftsführung vorgestellt wurde. Ein wesentlicher Vorteil des Konzepts liegt darin, dass es eine durchgängige Architektur bietet und deshalb kaum Schnittstellen angepasst werden müssen.

Seit Anfang Dezember 2000 sind die Systeme im Haus installiert. DD+V hat einen neuen, großen Server angeschafft, der dediziert für die Extraktion aus dem AS/400-System zum Einsatz kommt. Darüber hinaus hat das Druck- und Verlagshaus den "Powerplay Enterprise Server" mit "Cognos Upfront" erworben. Dank dieser Lösung sollen den Anwendern das gesamte Statistikwesen sowie sämtliche Berichte und Analysen zur Verfügung gestellt werden: Weil die User über das Web darauf zugreifen können, müssen sich die Mitarbeiter im Berichtswesen nicht um Administration und Pflege von Client-Installationen kümmern. Das gesamte System lässt sich von einer Stelle aus administrieren.

Der Zeitplan sieht eine Schritt-für-Schritt-Ablösung des gegenwärtigen Berichtswesens innerhalb dieses und des kommenden Jahres vor. Die Fragen, die mit der neuen Lösung beantwortet werden sollen, sind vielfältig, zum Beispiel:

- Wie viele Abos (Studentenabos, Seniorenabos oder normale Abos) sind in einem Monat dazugekommen?

- Wie viele wurden gekündigt?

- Was bringen einzelne Werbeaktionen?

- Gibt es Bereiche, die gesättigt erscheinen, und welche, in denen sich noch Kunden hinzugewinnen lassen?

- Auf welchem Weg wurde der Abonnent gewonnen (Standwerber, bestimmtes Mailing, Prämien etc.)?

- Wie viele Abos sind in bestimmten Regionen hinzugekommen?

- Wann wurden Abonnements abgeschlossen, und wie lange bleiben sie bestehen?

- Über welche Vertriebswege kommt die Zeitung zum Kunden?

Die Akzeptanz bei den Testanwendern war bisher sehr gut. Allerdings sorgte die ungewohnte Möglichkeit, Daten selbst zusammenzustellen, für Erklärungsbedarf. Deshalb war es wichtig, alle Betroffenen von Anfang an einzubeziehen und entsprechend zu schulen.

In dem Maße, wie die zeitaufwändigen handgeführten Statistiken nach und nach abgelöst werden, sind merkliche Zeiteinsparungen zu erwarten. Zudem erhofft sich der Verlag größere Nähe zu den Kunden und die Möglichkeit, flexibler auf deren Wünsche zu reagieren. Mit dem neuen System lassen sich die Anwender besser unterstützen; sie bekommen ein Werkzeug an die Hand, mit dem sie ihre Daten selbständig analysieren und unter neuen Gesichtspunkten anschauen können. Dank zeitnaher, themenübergreifender Analysen werden Wettbewerbsvorteile erkennbar, Entscheidungsvorlagen entstehen schneller und weisen mehr Details auf. Nicht zuletzt hatte die notwendige Auseinandersetzung mit den Strukturen auch Rückwirkungen auf den originären Geschäftsprozess, was zu einer grundlegenden Konsolidierung führte.

*Manuela Räbiger ist Leiterin des Vertriebs-Controlling beim Dresdner Druck- und Verlagshaus (DD+V).

Die IT-UmgebungServer: zwei Pentium III mit 900 Megahertz und 512 MB RAM;

- Betriebssystem: Windows NT 4.0;

- Datenbanksoftware: SQL Server 7.0;

- Business-Intelligence-Software von Cognos: Decisionstream 6.5 (für ein bis zwei Entwickler),

Powerplay Enterprise Server 6.6,

Upfront 6.0 via Netscape Directory Server und MS Internet Information Server (IIS)

Clients: diverse, meist Pentium II mit 600 Megahertz und 64 MB RAM;

- darauf eingesetzte Cognos-Software:Upfront via Internet Explorer (kurzfristig zirka 13 User),Powerplay für Windows 6.6 (für ein bis drei Poweruser), Impromptu 5.0 (für ein bis zwei Poweruser).

Abb: Das System im Überblick

Für die Extraktion der AS/400-Daten hat das Dresdner Druck- und Verlagshaus einen eigenen Server installiert. Quelle: Manuela Räbiger