Kurze Typologie der nationalen Mehrwertdienste-Anbieter

Wettbewerb spielt sich zur Zeit bei kundennahen Angeboten ab

30.11.1990

Mehrwertdienste können aufsetzen auf eigenen Netzen (Netzträgerschaft) wie sie zum Beispiel Bahnverwaltungen und Stromversorger besitzen oder auf den Angeboten der Postverwaltungen und da wiederum auf Mietleitungen oder auf öffentlichen Wählnetzen.

Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal für die angebotenen VANS ist der Freiheitsgrad, den ein Nutzer in den jeweiligen Netzen besitzt (siehe Grafik), demnach sind aus der praktischen Sicht zu unterscheiden:

Herstellerspezifische VANS

Hier hat der Anwender die Möglichkeit gewählt, die ihn zu einer starken Herstellerbindung zwingt. Üblicherweise nutzt er hier das Herstellernetz von dem Hersteller, dessen Hard- und Software er bereits in seinem Unternehmen eingesetzt hat. Er gibt damit dem Hersteller eine noch höhere Transparenz über seine Aktivitäten, so daß er den Hersteller in die Lage versetzt, große Möglichkeiten hinsichtlich der Produkt- und Preispolitik auszuspielen. Ein ohnehin schwieriger Herstellerwechsel wird praktisch unmöglich. Die Position und der Verhandlungsspielraum des Anwenders sind äußerst dürftig.

Medienspezifische VANS

Hierunter sind zum Beispiel ganz typisch Anbieter zu verstellen, die sich auf ein bestimmtes Medium, wie Satelliten, spezialisiert haben. Diese Form von VANS-Anbietern kommt derzeit überwiegend in den USA aber auch im europäischen Ausland vor. Auch in Deutschland sind mit der nunmehr sich abzeichnenden Liberalisierung im Bereich der Satellitenkommunikation Gründungen bereits erfolgt und im Gange. Eine weitergehende Liberalisierung als sie derzeit das Bundespostministerium erlaubt, zeichnet sich durch ein nettes Grünbuch der EG-Kommission für Satellitenkommunikation ab. Dies dürfte dem Markt wiederum starke Impulse geben. Für den Anwender ist zu beachten, daß Medien mitunter sehr spezifische Nachteile mit sich bringen. So ist bei Satelliten die extrem lange und physikalisch bedingte Laufzeit der Nachrichten zu beachten. Zumindestens bei allen Dialoganwendungen ist eine derartige Laufzeit sehr störend. Dagegen bestehen die Vorteile, daß man zum Beispiel bei einem VSAT-Angebot keine Probleme mit terrestrischen Zuführungen hat, da diese Kleinsatellitenantenen (bis zirka 1,80 Meter Durchmesser) leicht auf Grundstücken und Gebäuden installiert werden können.

Dienstespezifische VANS

Dienstespezifische VANS sind zum Beispiel X.25-Paketvermittlungsnetze. Diese Techniken werden auf der Basis von Festverbindungen in der Bundesrepublik Deutschland, gestellt von der Deutschen Bundespost Telekom, aufgebaut, indem die Festverbindungen durch Netzknoten (X.25-Vermittlungsknoten) veredelt werden. Damit wird eine höhere Ausnutzung der von der DBP angemieteten Festverbindung erreicht. Weiterhin besteht die Möglichkeit der logischen Adressierung. Weitere Dienstespezifische Netze sind beispielsweise Sprachkommunikationsnetze mit Kompression. Diese Art der dienstespezifischen Netze war in der Vergangenheit in der Bundesrepublik Deutschland verboten. Heute läßt die beginnende Liberalisierung auch hier gewisse Möglichkeiten zu. So sind zur Zeit bereits nicht mehr im Postmonopol alle Formen von Voice-Mail, auch in Verbindung mit öffentlichen Fernsprechwählnetzen, die durch entsprechende Zwischenspeicherung und den dadurch bedingten zeitlichen Verzug nicht zum direkten Dialog geeignet sind. Weiterhin fällt nicht mehr unter das Monopol der DBP-Telekom die Bereitstellung von unvermittelten Sprachverbindungen. Dies ist ein hoch interessanter Bereich, da die meisten Gesellschaften mit intensiven geschäftlichen Kommunikationsbeziehungen wesentlich mehr Geld für Sprachkommunikation ausgeben, als für Datenkommunikation. Es ist also zu erwarten, daß auch in der Bundesrepublik Deutschland bald ein Angebot verfügbar sein wird.

Branchenspezifische VANS

Bei dieser Form der Angebote handelt es sich um das mit den meisten Anbietern. Die bekanntesten sind die Angebote für Steuerberater, Banken, Reservierungssysteme. Meist sind es aber geschlossene Benutzergruppen.

Universal-VANS

Universal-VANS setzen in Deutschland auf Festverbindungen der Deutschen Bundespost auf. Allerdings werden die Basisangebote der DBP-Telekom "veredelt" und durch Komprimierung in der Leistungsfähigkeit um das Drei- bis Vierfache gesteigert. Universal-VANS-Angebote können somit wiederum als Basis für all, anderen VAN-Angebote genutzt werden, das heißt, daß sowohl hersteller-, medien-, dienste- und branchenspezifische VAN-Service-Anbieter ihre Dienstleistungen nicht nur auf der Basis der Angebote an Festverbindungen der Deutschen Bundespost Telekom aufsetzen können, sondern auch die Möglichkeit haben, andere VANS-Anbieter zu nutzen. Dieses kann unter anderem den Vorteil höherer Sicherheit, Verfügbarkeit, Wirtschaftlichkeit und niedrigerer Netzlaufzeit bieten. Vorteile könnten sich auch im Bereich der Serviceleistung ergeben, beispielsweise 24 Stunden, sieben Tage die Woche, Einsatzbereitschaft gepaart mit dem Vorteil, daß bundesweit nur ein Ansprechpartner mit einer Telefonnummer für alle Probleme bereitsteht. Allerdings spielt sich auch und gerade in diesem Sektor der kundennahen Service-Angebote der Wettbewerb ab.

Universal-VANS-Angebote bieten den Vorteil, daß sie zum Nutzer transparent sind, das heißt offen für die meisten verfügbaren Hardware- und Software-Komponenten und zugelassenen Schnittstellen arbeiten können. Sie sind ferner in der Lage, alle möglichen Dienste zu übertragen, also neben Daten, Fax, Texten auch die Sprache.

* Alois Sibler ist Unternehmensberater in Köln