Analysten rechnen mit einem Shake-Out

Wettbewerb sorgt für Schwung in der US-Telecom-Branche

20.09.1996

Der Mitte August verkündete jüngste Mega-Deal, die 14- Milliarden-Dollar-schwere Übernahme von MFS durch Worldcom, zeigt Analysten zufolge deutlich den Trend, aber auch die damit verbundenen Gefahren der gegenwärtigen Neuordnung auf dem US- Telecom-Markt. Nach der gut zehn Jahre andauernden Trennung zwischen den monopolgeschützten Ortsnetzen und dem im Wettbewerb stehenden Long-Distance-Bereich herrscht ein Hauen und Stechen vor - der Stärkere schluckt den Schwächeren.

MFS Worldcom erster Carrier mit Komplett-Netz

So gesehen ist der Worldcom/ MFS-Deal typisch: Die ehemaligen Baby Bells können nach der "Befreiung" aus ihrem Korsett nicht schnell genug in den Markt für Ferngespräche expandieren und fürchten gleichzeitig den Wettbewerb durch große überregionale Carrier im stagnierenden Ortsnetzgeschäft. Ziel sowohl der Baby Bells als auch der US-Branchengrößen AT&T, MCI, Sprint und Worldcom ist es daher, die Kontrolle über eigene integrierte Netze zu bekommen und die Entrichtung teurer Zugangsgebühren an die Konkurrenz zu vermeiden. Der neu entstehende Mega-Carrier MFS Worldcom ist, so betrachtet, nicht nur auf Anhieb die Nummer zwei der Branche, sondern auch die erste US-Telefongesellschaft seit der Aufspaltung des "Mother-Bell"-Konzerns, die über ein integriertes Orts- und Fernsprechnetz verfügt. Dies führt nicht nur zu guten Möglichkeiten im heimischen Markt, sondern auch im globalen Business - vor allem auch in Europa, wo beide Carrier schon länger präsent sind.

Demzufolge gingen nach Bekanntgabe der Fusion die Aktien einer Reihe von US-Telefongesellschaften in die Knie. Überraschenderweise auch der Worldcom-Kurs, während der der MFS- Aktie in die Höhe schoß. Der Grund: Das mehr als akquisitionsfreudige Management von Worldcom, wo man noch dabei ist, die Übernahme des unlängst für zwei Milliarden Dollar gekauften Internet-Service-Providers UUNet Technologies zu verdauen, zahlt nach Ansicht von Beobachtern zu viel für MFS. Nicht umsonst weist man jedenfalls beim Wettbewerber MCI auf die Tatsache hin, daß man mit Investitionen von rund einem Zwölftel des MFS-Preises bereits 45 Prozent aller Kunden im Local Loop erreichen kann. Auch bei Worldcom selbst war aufgrund des neuerlichen finanziellen Kraftaktes vorsichtig von einer mehrjährigen "Verwässerung" der Ergebnisse die Rede.

Trotzdem waren US-Telecom-Aktien für die Investoren in den vergangenen Jahren alles in allem ein gutes Geschäft. So hat die AT&T-Aktie von 1985 bis Ende 1995 im Durchschnitt eine jährliche Wertsteigerung von 14 Prozent erzielt. Abzuwarten bleibt hier allerdings, wie sich die Ende 1995 eingeleitete Restrukturierung in drei unabhängige Unternehmen langfristig auswirkt. Seit Jahresbeginn ist das Papier jedenfalls von knapp 69 auf rund 54 Dollar abgesackt. Bei den Baby Bells indes lag die jährliche Wertsteigerung zwischen 14 und 21 Prozent - galten diese Titel doch aufgrund der bis vor kurzem gegebenen regionalen Monopole als mündelsichere Anlagen.