Werner Scherer, Döhler: In der ersten Liga angekommen

29.11.2007
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Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Über Technik spricht Werner Scherer mit Anwendern grundsätzlich nicht. Wichtiger sind ihm die Prozesse, die er mittels ausgefeilter IT-Systeme umorganisiert und beschleunigt. So hat die Weichen für weiteres Wachstum der Döhler Gruppe gestellt.

Noch zwei Jahre in der zweiten Liga. Werner Scherer wird wieder mit dem 1. FC Kaiserslautern leiden – und weiter an den Aufstieg glauben. "Leidensfähigkeit, Ausdauer und gnadenloser Optimismus" sind Eigenschaften, die der Pfälzer als Fußballfan wie in seinem Beruf braucht. Dabei spielt Scherer als IT-Chef der mittelständischen Döhler Gruppe schon länger in der ersten Liga der innovativen Anwender. So führte der 54-Jährige in einer integrativen Stoffdatenbank auf SAP-Basis 30 Millionen Daten zusammen, die es dem Hersteller von Grundstoffen und Ingredienzen für die Getränkeindustrie erlauben, aus unterschiedlichen Stoffgruppen wie Früchten, Aromen oder Saftkonzentraten gemeinsam mit seinen Kunden neue Produkte wie Getränke, Speiseeis oder Joghurts schnell zu entwickeln. Täglich kommen auf diese Weise neue Produkte zustande – die hohe Schlagkraft ist in der Prozessindustrie entscheidend, da vielen Fruchtsaftgetränken ähnlich wie Softwareversionen nur eine kurze Lebensdauer beschieden ist.

"Das ist machbar"

Trotz dieses Erfolgs wird Scherers Leidensfähigkeit immer wieder auf die Probe gestellt: Die Softwarequalität der Hauptlieferanten SAP und Microsoft ist bekanntlich nicht so gut, wie sie sein könnte, die Anwender in den Fachbereichen erwarten, dass ihnen jeder Wunsch von der Lippe abgelesen wird, und die Chefs empfinden IT-Projekte oft als zu teuer und zu langwierig.

Scherers Selbstbewusstsein und Optimismus tut das aber keinerlei Abbruch. "Das ist machbar" ist einer seiner Lieblingssätze, mit dem er schon manche Skeptiker beruhigte – etwa, als er vor drei Jahren SAP-CRM, -BW und -Portal im Vertrieb einführte. Damals hielten die meisten die SAP-Lösung für den Betrieb mit 1700 Beschäftigten für zu aufwändig. Für seinen Optimismus und seine Risikofreude wird Scherer heute mit einem Vertriebs-Management-System belohnt, in dem die Daten aller Produkt-Entwicklungsprojekte zentralisiert sind und das den weltweiten Außendienst zentral steuern kann. Umgekehrt genügt dem Außendienst-Mitarbeiter ein Knopfdruck, und im SAP-Portal erscheinen alle Informationen, die er für den nächsten Kundenbesuch braucht: angefangen vom Bestell- und Zahlverhalten über den Status der einzelnen Produktentwicklungen bis hin zur technischen Ausstattung des Kunden. Für seine innovativen Ansätze wurden Scherer und seine Mitarbeiter von der COMPUTERWOCHE zum "Anwender des Jahres" in der Kategorie Strategie und Architektur gekürt.

"Projekt war ein Schimpfwort"

Werner Scherer auf einen Blick: Stationen, Ansichten, Projekte.
Werner Scherer auf einen Blick: Stationen, Ansichten, Projekte.

Vor der Reorganisation von Produktentwicklung und Vertrieb hat Scherer, der seit über fünf Jahren in Darmstadt wirkt, auch ein Projekt- und Programm-Management eingeführt und aus konstruktiven, aber ungeordneten Initiativen - "Projekt war damals ein Schimpfwort" - steuerbare Projekte gemacht, die der IT- beziehungsweise Unternehmensstrategie dienen. Bewusst verzichtet er darauf, mit Anwendern oder Geschäftsführung über Methoden und technische Tools zu diskutieren. "Reden wir über Inhalte" ist ein weiterer Lieblingssatz von ihm: "Die Anwender brauchen keine technischen Details, da ein Großteil sie nicht versteht." Auch auf Diskussionen mit Hobbyinformatikern in den Fachabteilungen lässt er sich nicht ein, sonst verliere man leicht die Lösung aus den Augen. Diese müsse für den Anwender immer möglichst einfach gestaltet werden, da sie sonst nicht akzeptiert wird und die Abläufe letztlich nicht verbessert werden, so ein Credo des CIO.

IT-Mitarbeiter als Inhouse-Berater

"Will der User etwa im Portal ein Produktentwicklungsprojekt anlegen, sieht er nicht, dass wir das mit CRM und die Verfolgung mit BW realisiert haben oder dass Daten aus R/3 verwendet werden. Der User ist zufrieden, wenn das Anlegen problemlos funktioniert. Diese Kommunikationsbasis ist für mich der erste Schritt zur SOA." In diesem Sinne hat Scherer auch seine eigene Mannschaft neu organisiert: Etwa die Hälfte seiner 29 IT-Mitarbeiter sind als Inhouse-Consultants unterwegs, die auf einzelne Unternehmensprozesse spezialisiert sind und dem Anwender die optimale technische Lösung für seinen Prozess anbieten können – ohne über Technik zu reden.