Wer zu spät testet, verschleudert Geld

08.09.2006
Von Stefan Ueberhorst

Angesichts dieser Fehlentwicklungen stellt sich natürlich die Frage, weshalb die Firmen das Thema Software-Testing nicht konsequenter angehen. Rudolf van Megen, CEO der SQS AG, beobachtet in vielen Unternehmen, dass zwar Testwerkzeuge angeschafft werden, diese aber nur teilweise oder gar nicht zum Einsatz kommen. Ursache dafür sei, dass die Tools nur einen eingeschränkten Nutzen bringen, wenn nicht gleichzeitig eine Testorganisation mit entsprechendem Know-how aufgebaut wird. So würden die angebotenen Produkte zum Beispiel keine Auskunft darüber geben, welche Funktionen oder Business-Prozesse überhaupt getestet werden müssen. Die Lösungen der marktführenden Hersteller bieten die Möglichkeit, vor allem die mechanischen Aspekte des Testens zu automatisieren, so etwa die Ausführung von Testskripts oder die Dokumentation von Testergebnissen. Damit die Tests aber in Übereinstimmung mit den Geschäftsprozessen laufen, benötigt man zusätzliche Methoden, anhand derer die Mitarbeiter überhaupt Geschäftsfälle für den Test auswählen und priorisieren können. Erfolgskritischer als die Werkzeuge selbst sind deshalb laut van Megen das Verstehen und Implementieren des Testprozesses. Das erfordert jedoch eine Testorganisation, die über den Tellerrand der rein operativen und mechanischen Arbeitsschritte hinausschaut und einen übergreifenden Ansatz in Form eines Brückenschlags zur Fachseite und deren Vorgaben sicherstellt.

Verteilung des Testaufwands: Je früher die Testvorbereitung beginnt, desto geringer ist der Gesamtaufwand für den Test.
Verteilung des Testaufwands: Je früher die Testvorbereitung beginnt, desto geringer ist der Gesamtaufwand für den Test.

Doch genau darin scheint das Problem zu liegen. "Mit Testen ist kein Blumentopf zu gewinnen, deshalb reißt sich auch niemand um diese Aufgabe", beobachtet Andreas Golze, Director Global Practice für Application Delivery bei Mercury. Im Prinzip müssten die Fachanwender testen, denn die sollen später ja auch mit dem Programm arbeiten. Die Fachabteilung hat aber andere Aufgaben, vor allem andere Kompetenzen, über die sich jeder Einzelne profilieren will. Testen ist da eher ein Störfaktor. Schließlich bedeutet es nur nachzuweisen, dass etwas so funktioniert, wie man es ohnehin haben wollte.

Problematisch ist auch die Haltung der IT-Seite: In den Augen der Entwickler sind Tester nicht selten Handlanger, die das, was der kreative Informatiker geschaffen hat, noch mal überprüfen. Realistisch betrachtet sollten laut Golze etwa 30 bis 40 Prozent vom Entwicklungsaufwand in das Thema Testen investiert werden. Doch die Projektleiter seien oft geneigt, von diesem Anteil ein größeres Stück abzuzwacken und zusätzlich in die Programmierung zu stecken, im Glauben, dass sich so von vornherein Fehler vermeiden lassen.

Arbeitsplatz

Ein gut ausgestatteter Testing-Arbeitsplatz kostet maximal 40.000 Euro. Die Anschaffung amortisiert sich also bereits bei der Vermeidung von 14 Fehlern, wenn die Fehlerbehebung ohne Tool 3000 Euro und mit Tool nur 200 Euro kostet.