Wer siegt im Kampf um die Branchen?

19.10.2005
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Im Kampf um die vertikalen Märkte kommen sich die Platzhirsche im weltweiten Softwaregeschäft zunehmend ins Gehege. Wochenlang stritten sich im Frühjahr dieses Jahres Oracle und SAP um den Handelsspezialisten Retek. Erst nach zähem Ringen gaben die Walldorfer mit der Begründung klein bei, sie könnten die Bieterschlacht den eigenen Aktionären nicht weiter zumuten. Die Schlappe hielt die badischen Softwerker jedoch nicht davon ab, sich weiter nach Verstärkungen im Handelssektor umzusehen. Im September wurde SAP fündig und übernahm den kanadischen Softwarehersteller Triversity.

Goliath bedroht David

Oracles Finanzchef Greg Maffei prognostiziert, dass die großen Konkurrenten im Markt für Business-Software auch künftig aneinander geraten werden. Die Branchenkompetenz werde im Wettbewerb eine zentrale Rolle spielen. Maffei zufolge zeichnet sich in den horizontalen Märkten kein klarer Gewinner ab. Dagegen werde in den vertikalen Industrien über kurz oder lang einer der verbleibenden großen Player die Oberhand behalten.

Das geht auf Kosten der kleinen mittelständischen Softwarehersteller, befürchtet Oliver Grün, Vorsitzender des VDEB und Vorstand der Grün Software AG. Offenbar merkten die großen Anbieter, dass sie mit ihren generischen Softwaresystemen nicht mehr weiterkämen. Daher drängten sie verstärkt in das Geschäft mit Branchenlösungen. Diese Strategie sei grundsätzlich nicht verwerflich, räumt Grün ein. Letztendlich würden Branchenlösungen im SAP- und Microsoft-Umfeld allerdings zum größten Teil von Partnern entwickelt. Die Marketing-Kampagnen, die Konzerne wie Microsoft und SAP zur Unterstützung ihrer Partner forcierten, kritisiert der Verbandsvorsitzende als Etikettenschwindel: "Hier wird kolportiert, Kunden sollten besser auf die Lösung eines großen Anbieters setzen, weil nur so die Investitionssicherheit gewährleistet sei." Das sei ein Trugschluss. Die Partner von Microsoft und SAP unterlägen der gleichen Gefahr, insolvent zu werden, wie die unabhängigen mittelständischen Softwarehersteller.