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Wer sagt hier, Frauen verstünden nichts von Technik?

27.08.2003

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Wer behauptet, Werbung sei einfach und nur was für Dampfplauderer und Lautsprecher, sollte mal eine Antwort geben auf die Frage, wie man mit Erfolg einen bestimmten Ausschnitt der Menschheit über PR gezielt ansprechen und zum Kauf animieren kann. In diesem Fall geht es - naja, wie eigentlich immer - um die Frauen.

In den USA ist nämlich gerade mal wieder eine Diskussion darüber entbrannt, ob man das beste aller möglichen Geschlechter beim Thema Technologie schon auf eine Erkenntnisstufe mit Männern stellen sollte. Die Konsumerorganisation Consumer Electronics Association (CEA) plant, im Winter 2003 in aus der Hearst-Gruppe stammenden Frauenzeitschriften "Marie Claire", "Cosmo", "Cosmo Girl!", "Harper's Bazar" und "Redbook" Anzeigen für technisch orientierte Geschenke zu plazieren. Gemäß der CEA-Kampagne aus dem vergangenen Jahr "Technology is a girl's best friend" sollen Frauen einmal mehr via Werbung mit dem Gedanken vertraut gemacht werden, dass neben Dessous, Kosmetik und Designerklamotten auch Technikpräsente ihren Reiz entfalten.

Auch der Computer-Direktanbieter Gateway Inc. versuchte, die Herzen der Konsumentinnen für technische Gerätschaft, in dem Fall seine PCs, zu erwärmen. In der Hollywood-Schmonzette "Legally Blonde 2. Red, White and Blonde" (Deutsch: "Natürlich blond II") hat der PC-Hersteller alles versucht, damit er (s)einen pinkfarbenen Laptop augenfreundlich zentral ins Blickfeld rücken darf. In der Filmklamotte mischt Reese Witherspoon als clevere, dabei farbneurotische, weil auf rosa Utensilien, Pumps etc. fixierte Elle Woods die Washingtoner Politszene auf. Mit dieser rosaroten Annäherung an das Thema Technik glaubte Gateway dem weiblichen Wesen besonders gerecht zu werden.

Eine Strategie, die allerdings nach hinten losgehen könnte. Frauen wie Aliza Sherman, Autorin von "Powertools for Women in Business" und Initiatorin verschiedener Websites für Frauenbelange, wird vom "Wall Street Journal" mit den Worten zitiert: "Ich habe mit Tausenden von Frauen korrespondiert und sie sind alle ebenso indigniert wie ich." Leicht nachvollziehbar ist dabei ihre Kritik, wonach Frauen sich heutzutage nicht mehr gerne als mentale Metablocker abqualifizieren lassen wollen, kaum, dass über Technikthemen verhandelt wird. Frauen immer noch zu reduzieren auf angeblich frauenspezifische Wahrnehmungen und Vorlieben wie Pastellfarben und runde Formen in der Warenwelt käme einer Diskriminierung gleich.

Buchautorin Sherman monierte ferner, dass Frauen 1994 nur zehn Prozent der im Internet Surfenden ausmachten. "Damals herrschte die Meinung vor, dass Frauen das WWW zwar auch benutzen. Aber wenn es um das Thema Technologie ging, so die Annahme, würde Frauen zu diesem Topos ohnehin nur eins einfallen: Männer." Offensichtlich würden viele Männer heute immer noch von diesem Vorurteil ausgehen.

Dass das Thema - auf jeden Fall für Hersteller von Produkten aus der Konsumerelektronikbranche - nicht trivial ist, zeigen Zahlen, die die CEA veröffentlichte: Danach sind Frauen in rund 75 Prozent aller Kaufentscheidungen von Elektronikgeräten involviert. Anders ausgedrückt, würde allein das nur vorgeblich schwache Geschlecht in diesem Jahr für Elektronikgerätschaft 55 Milliarden der insgesamt 95 Milliarden Dollar ausgeben.

Zwar sind viele Experten immer noch der Meinung, Frauen zeigten prinzipiell an High-Tech-Themen nicht sonderlich viel Interesse. Diese Auguren wissen aber auch, dass Frauen, ebenso wie Männer, sehr wohl eine dezidierte Meinung zur Handhabbarkeit von Technologie haben: Die soll nämlich leicht erfassbar sein, unproblematisch zu benutzen und sie soll dem Anwender keine großen Rätsel aufgeben. Zumindest in diesem Punkt geht Gateway-Sprecher Brad Williams dann einig mit der verbreiteten Meinung, dass nämlich "in punkto leichte Bedienbarkeit von Technologie zwischen Männern und Frauen kein Unterschied ist". (jm)