Arbeitsmarkt Großrechnerexperten

Wer Mainframe und Java kombiniert, ist Gold wert

07.06.2010
Von Gabi Visintin

Oft geht es um Sekunden

Dafür muss der Interessent allerdings auch einiges tun. IBM-Mann Trauner konkretisiert: "Es gibt zwei Jobprofile im Großrechner-Bereich: die Programmierung sowie das Infrastruktur-Management, also das Management von Betriebssystem und Hardware. Letzteres ist eine der schwierigsten Ausbildungen." Trauner begründet das mit der "enormen Erfahrung, die bei der Mainframe-Beherrschung notwendig ist".

Andreas Gorselewski, Datev: 'Wer auf den Mainframe wechselt, muss bereit sein, noch einmal von vorne anzufangen.'
Andreas Gorselewski, Datev: 'Wer auf den Mainframe wechselt, muss bereit sein, noch einmal von vorne anzufangen.'
Foto: Andreas Gorselewski

In der Leitzentrale des RZ der Nürnberger Datev wird klar, warum die Praxis eine solch wichtige Rolle spielt. Stundenlang zeigen die Parameter auf den großen Bildschirmen, die sich auf Augenhöhe durch den ganzen Raum ziehen, dass alles läuft, wie es laufen muss. Aber plötzlich sind von den Administratoren höchste Aufmerksamkeit und Handlungsfähigkeit gefordert. "Es herrscht oft eine trügerische Ruhe, die von einem Moment auf den nächsten vorbei sein kann", schildert Gorselewski eine Arbeitssituation, "und dann geht es um Sekunden oder Minuten." Ein Mainframe-Experte muss in dieser Situation auf Anhieb wissen, was als Erstes zu tun ist, wen er eventuell hinzuziehen muss oder wer zu informieren ist. Kein Wunder, dass es in Nürnberg drei bis vier Jahre dauert, "bis ein Mitarbeiter in der hochkomplexen Infrastruktur eines Hosts zum ersten Mal ,etwas anfassen` darf". Und noch etwas ist dem Nürnberger Personalreferenten wichtig: "Wer auf den Mainframe wechselt, muss bereit sein, noch einmal von vorne anzufangen und tief in die Materie einzutauchen" - ein Jahr ist allein für das Lernen am Host reserviert, erklärt Gorselewski.

Falkenberg von der Software AG erläutert, wo die Herausforderung liegt: "Mit dem Sprachen-Tooling ist man in fünf bis zehn Tagen vertraut; die eigentliche Themenstellung sind aber Verfahren und Methodik." Das bezieht der Mainframe-Spezialist sowohl auf das Betriebssystem als auch auf die Entwicklung. Gefragt nach der fachlichen Voraussetzung, die ein Bewerber mitbringen muss, sagt er wie aus der Pistole geschossen: "Qualität!" Wer lernen will, mit dem komplexen Großrechnersystem umzugehen, muss sich durch ein strukturiertes und gesamtheitliches Vorgehen auszeichnen. Auch für Trauner von IBM ist "Qualität das oberste Gebot in der Mainframe-Welt". Das hat technische Gründe: "Man kann den Mainframe nicht schnell rebooten wie einen Entwicklungsrechner, wenn etwas nicht stimmt."

Alte Hasen sind nicht immer einfach

Die Frage ist nur: Wie kann ein Bewerber nachweisen, dass er sorgfältig arbeitet und sich als Dompteur des Numbercrunchers eignet? Bei der Datev kann es schon einmal sein, dass vom Bewerber eine Präsentation zu einem diffizilen Thema erwartet wird. Gefragt ist aber auch eine Fähigkeit, die man in der trockenen und sachlichen Zahlenwelt gar nicht erwartet hätte: "Kommunikationsfähigkeit, Offenheit, zuhören können, im Dialog Lösungen erarbeiten." Andreas Gorselewski von der Datev fragt deshalb Bewerber gezielt danach, ob sie sich in ihrer Jugend- oder Studienzeit zum Beispiel in Vereinen betätigt oder für studentische Belange eingesetzt haben: "Wenn einer die Probleme anderer frühzeitig erkennt, ist er meist auch in der Lage, zuzuhören und sich in Projektsitzungen im Dialog an Lösungen heranzuarbeiten." Gerade das Zuhören - "besonders auch den alten Hasen, die manchmal nicht einfach sind", bemerkt Falkenberg - ist eine wichtige Eigenschaft für Mainframe-Bewerber. "Junge und ältere ,teamen` lassen", nennt es Trauner von IBM.