Was Powerfrauen raten

Wer Karriere machen will, darf nicht zu nett sein

01.08.2011
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

Lernen, auch Nein zu sagen

"Ich habe mich bewusst für die IT-Branche entschieden, weil sie jung, dynamisch, international und nicht frauenfeindlich ist", sagt Petra Kaltenbach-Martin. Die studierte Wirtschaftsingenieurin lernte während verschiedener Praktika auch klassische Maschinenbauunternehmen kennen und weiß um die unterschiedliche Arbeitsatmosphäre. Ihre Fachhochschulausbildung ergänzte sie um einen Master in Management, den sie in Großbritannien absolvierte. In der Schule waren zwar Mathe und Physik ihr Steckenpferd, doch im Studium und späterem Berufsleben wollte sie Technik und Wirtschaft verknüpfen.

Petra Kaltenbach-Martin, Avanade: "Es ist gut, von Anfang an Leistung und Professionalität zu zeigen, um keine Angriffsfläche zu bieten. Dann merken die Kollegen schnell, dass das Geschlecht im Arbeitsalltag keine entscheidende Rolle spielt."
Petra Kaltenbach-Martin, Avanade: "Es ist gut, von Anfang an Leistung und Professionalität zu zeigen, um keine Angriffsfläche zu bieten. Dann merken die Kollegen schnell, dass das Geschlecht im Arbeitsalltag keine entscheidende Rolle spielt."
Foto: P. Kaltenbach-Martin

Nach Stationen bei Compaq und Oracle wechselte sie 2007 zum Systemintegrator Avanade und verantwortet dort die Service Line Customer Relationship Management in Deutschland, Österreich und der Schweiz und leitet ein Team von mehr als zehn Mitarbeitern. "Ich wollte näher an der Projektarbeit und der Beratung sein", erklärt die heute 39-Jährige. Außerdem hatte die Ingenieurin ihre Karriere immer fest im Blick. Jeder Jobwechsel bedeutete mehr Verantwortung.

Nachteile für karrierebewusste Frauen sieht sie in der IT-Branche nicht. "Ich hatte immer wohlwollende Vorgesetzte, die mich unterstützt haben", sagt Kaltenbach-Martin. "Netzwerke sind sehr wichtig. Aber auch einmal "nein sagen" sowie "selbstbewusst auftreten" nennt sie als Erfolgsfaktoren. Bei Avanade nimmt die Managerin an einem Mentoring-Programm teil, das Frauen in Führungspositionen fördert.

Unterschiedliche Verhaltensmuster von Männern und Frauen überraschen die Avanade-Managerin in Teams und Vorstellungsgesprächen immer wieder: "Männer sind selbstsicherer, zielstrebiger, treten meist lauter auf und sind selbst dann noch von sich überzeugt, wenn sie Wissenslücken haben. Im Gegensatz hierzu sprechen Frauen oft als erstes über ihre Defizite, können nur schwer nein sagen und kümmern sich im Arbeitsalltag mehr um andere Teammitglieder."

Jungen Frauen am Beginn ihrer Karriere rät sie, Gewohnheiten zu hinterfragen und Unterschiede zwischen Männern und Frauen nicht zu sehr in den Vordergrund zu rücken. "Es ist gut, von Anfang an Leistung und Professionalität zu zeigen, um keine Angriffsfläche zu bieten. Dann merken die Kollegen schnell, dass das Geschlecht im Arbeitsalltag keine entscheidende Rolle spielt", sagt Kaltenbach-Martin.

Mit der Geburt ihres Sohnes vor zwei Jahren begann für die Managerin eine neue Lebensphase. Während ihrer Schwangerschaft wurde sie befördert und auch für die neunmonatige Elternzeit hat Avanade eine Vertretung eingesetzt. Heute arbeitet sie 30 Stunden an vier Tagen in der Woche, was als Führungskraft nicht immer ganz einfach ist. "Ich arbeite häufig im Home-Office. Um Zeit mit meinem Sohn zu verbringen, bin ich am späten Nachmittag nicht erreichbar, dafür arbeite ich wieder nach 20 Uhr." Auch der freie Tag ist fest für den Nachwuchs eingeplant. "Ich delegiere heute mehr, setze Prioritäten und habe gelernt, öfter nein zu sagen."