Was den Markt erwartet

Wer gewinnt mit De-Mail?

20.05.2012
Von 


Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.
De-Mail soll Deutschlands Schriftverkehr fit für die digitale Zukunft machen - so zumindest der politische Wille. Doch spielen die Unternehmen mit?

Allein die Deutsche Post beförderte 2011 fast 18 Milliarden Briefe. Hinzu kamen rund zwei Milliarden Zustellungen von Wettbewerbern. Die Werbesendungen herausgerechnet, sind es noch über acht Milliarden - fast sieben Milliarden davon im Geschäftskundenbereich. Diese große Anzahl klassischer Postsendungen wäre im Zeitalter der E-Mail eigentlich nicht mehr nötig. Sie ergibt sich durch die fehlende Rechtsverbindlichkeit elektronischer Sendungen - "eine juristische Lücke, die mit De-Mail geschlossen wird", so Jan Oetjen, Vorstandschef von 1&1 Mail & Media, zu der populäre Marken wie GMX und
Web.de gehören. Seinem Unternehmen liegen bis heute fast eine Million Reservierungen für De-Mail-Adressen von privater Seite vor, bei der Telekom sind es knapp 300.000. Zählt man die rund eine Million E-Postbrief-Konten der Deutschen Post hinzu, ist eine ernstzunehmende Nachfrage nach einer neuen Form des elektronischen Briefverkehrs offenkundig vorhanden - von geschäftlicher wie von privater Seite.

De-Mail soll gelebter Standard werden - so zumindest der politische Wille.
De-Mail soll gelebter Standard werden - so zumindest der politische Wille.

Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, trat am 3. Mai des vergangenen Jahres mit dem De-Mail-Gesetz eine Regelung in Kraft, die den verbindlichen und vertraulichen (nationalen) Versand von elektronischen Dokumenten und Nachrichten vereinfachen soll. Rechnungen, Mahnungen, Kündigungen und alles andere, was eine rechtsverbindliche Unterschrift erfordert, kann damit elektronisch versendet werden.

Erste Anbieter sind im Markt

Mentana-Claimsoft erhielt im Rahmen der CeBIT die De-Mail-Akkreditierungsurkunde mit der Nummer 1. Vorstandsvertreter Hans Szymanski (r.) und Andreas Drechsler waren stolz.
Mentana-Claimsoft erhielt im Rahmen der CeBIT die De-Mail-Akkreditierungsurkunde mit der Nummer 1. Vorstandsvertreter Hans Szymanski (r.) und Andreas Drechsler waren stolz.
Foto: Simon Hülsbömer

Mit der zur Francotyp-Postalia-Gruppe gehörenden Mentana-Claimsoft, T-Systems International und Telekom Deutschland gibt es derzeit drei akkreditierte De-Mail-Anbieter, die ihre Services im Rahmen der CeBIT 2012 gestartet haben. Mit GMX, Web.de, 1&1 Internet und United Internet Dialog (UID) wollen in diesem Jahr noch vier Unternehmensmarken aus der United-Internet-Gruppe hinzukommen. Des Weiteren plant die Deutsche Post, bis Ende des Jahres ebenfalls auf den De-Mail-Zug aufzuspringen und neben ihrem darbenden Konkurrenzprodukt "E-Postbrief" einen eigenen De-Mail-Dienst auf den Markt zu bringen.

Jan Oetjen sieht in De-Mail ein großes finanzielles Potenzial.
Jan Oetjen sieht in De-Mail ein großes finanzielles Potenzial.
Foto: 1&1

Die finanziellen Anreize eines rechtsverbindlichen E-Mail-Dienstes sind sowohl für die großen Anbieter als auch für die De-Mail-Nutzer gegeben: Oetjen schätzt das bisherige Kostenvolumen, das sich durch Druck-, Porto- und Kuvertierungskosten ergibt, auf 20 Milliarden Euro - etwa 67 Cent pro Sendung. Die Kosten einer De-Mail werden bei durchschnittlich 40 Cent im Privatkundenbereich liegen, Details sind allerdings noch nicht bekannt. Unternehmenskunden sollen bei knapp 30 Cent starten können. Die Betriebe können jedoch nicht nur an den Postgebühren sparen, auch die unternehmensinternen Arbeitsabläufe dürften effizienter werden. Deshalb sind die Anbieter optimistisch: Ein gemeinsames De-Mail-Umsatzvolumen von 7,5 Milliarden Euro jährlich ist geplant. "Gesamtwirtschaftlich ist das ein großer Sprung", so Oetjen, der auch den Beitrag zum Umweltschutz - Stichwort Papierverbrauch - hervorhebt.