Wer fürchtet sich vor System 32?

18.04.1975

Niemand konnte damit rechnen, daß die MDT-Hersteller auf die Ankündigung des IBM-Systems 32 mit lautem Wehklagen antworten würden. Überrascht hat aber doch, mit welcher Selbstsicherheit sie in der CW-Blitz-Umfrage auf das kleinste System des Computer-Riesen reagierten. Tenor der Antworten: Konkurrenz belebt das Geschäft. Und von verschärftem Wettbewerb hat noch immer der Anwender profitiert.

Martin Manjock, Kienzle Apparate GmbH, Villingen

Die Ankündigung des IBM-Systems 32 ist eine Bestätigung dafür daß das Konzept der Mittleren Datentechnik von Anfang an richtig war. Natürlich überschätzen wir die Marktmacht dieses Wettbewerbers nicht, wir werden es mit einem harten Konkurrenten zu tun haben. Andererseits sind wir der Auffassung, daß unsere langjährigen speziellen Erfahrungen bei der Verarbeitung mittlerer Datenmengen eine sichere Chance darstellen, erfolgreich zu bleiben. Unsere Befürchtungen richten sich weniger auf die Produktebene als vielmehr auf die Preispolitik dieses Weltkonzerns und die Stärke dieser Vertriebsorganisation.

Der Begriff Klein- und Mittelbetriebe ist sehr unpräzise. Deshalb haben wir Mittlere Datentechnik als "Datenverarbeitung für mittlere Datenmengen" definiert. Das Marktvolumen in diesem schwer abgrenzbaren Bereich ist ungeheuer groß. Es wird davon gesprochen, daß von dem neuen System 32 im ersten Jahr eine Anzahl von Anlagen abgesetzt werden soll, die nur einen Bruchteil des gesamten Marktbedarfs abdecken kann. Andererseits ist aus den bisherigen Veröffentlichungen der IBM nicht zu entnehmen, welche Zielgruppen in Deutschland angegangen werden sollen - wahrscheinlich wird man sich auf wenige typische Branchen-Programmpakete konzentrieren. Dem steht entgegen, daß Kienzle-Rechner bereits in mehreren hundert Anwendergruppen erfolgreich installiert worden sind.

Das System 32 ist so konzipiert, daß es mit Sicherheit zwar Überschneidungen zum Kienzle-Angebot geben wird, daß aber die Startversion keinesfalls die gleiche Leistungsbreite bieten kann wie das Kienzle-System.

Wir haben zum Beispiel bei dem System Kienzle 6100 die Möglichkeit, 16 Peripheriegeräte anzuschließen, die simultan arbeiten können. Auf der Gegenseite besteht keine simultane Verarbeitung, und die Zahl der angeschlossenen Peripheriegeräte ist begrenzt.

Die von IBM angekündigten Individuallösungen werden von uns schon seit Jahren praktiziert.

Natürlich haben wir ein strategisches Konzept. Die jetzt veröffentlichten Werbeanzeigen für IBM 32 sagen nichts aus über die IBM-Strategie. Demzufolge ist es verständlich, daß wir über unsere eigene Strategie im Augenblick nicht sprechen möchten. Dennoch sei ein konkretes Wort zu Ihrer Frage gesagt: die Firma Kienzle verfügt über eine Reihe von Systemen auf dem Gebiet der Mittleren Datentechnik. Diese Palette erweitern wir durch das neue System Kienzle EFAS 2000, das in Hannover seine Premiere hat.

Benno Plabst, NCR GmbH, Augsburg

Zu den Erzeugnissen anderer Unternehmen können wir keine Stellungnahme abgeben. Dies würde auch in das Gebiet der vergleichenden Werbung fallen, die ja untersagt ist. Vielleicht haben Sie an diesen Punkt nicht gedacht. Sie als Presseorgan können selbstverständlich solche Vergleiche anstellen. Aber das ist dann Ihre persönliche Meinung. Unsere Antwort ist im Übrigen die neue Century 8200, die wir nun erstmals auch in Hannover vorstellen. Ansonsten stehen wir natürlich gerne zu Gesprächen bereit, die den Markt allgemein und unsere Situation betreffen.

Rolf Prey, Nixdorf Computer AG, Paderborn

Wir haben die richtigen Produkte, die richtige Software und die richtige Dienstleistungs-Organisation. Außerdem haben wir jahrelange Erfahrungen mit dem Anwenderkreis aus Klein- und Mittelbetrieben, deren Bedürfnisse wir kennen und deren Anforderungen sich in unserem Marktangebot wiederfinden. Wenn sich jetzt auch ein Großcomputer-Hersteller mit jahrelanger Verspätung auf diesen Markt besinnt, so kann uns das nur helfen, eine weitere Aufgeschlossenheit gegenüber dem Computereinsatz bei diesem Anwenderkreis zu erzeugen.

Hans Georg Martin, Deutsche Olivetti GmbH, Frankfurt

Wir verstehen nicht ganz, weshalb Sie die Ankündigung des Systems 32 zum "Thema der Woche" wählen, nachdem gerade in letzter Zeit eine Reihe neuer Systeme von verschiedenen Herstellern angekündigt beziehungsweise vorgestellt wurde, die vom Markt mit mindestens gleicher Aufmerksamkeit aufgenommen werden dürften.

Die Vorstellung eines Systems 32 durch den Marktführer im EDV-Großanlagen-Bereich werten wir als eine Bestätigung für die Richtigkeit der Modellpolitik, wie sie von uns und anderen europäischen Herstellern im Hinblick auf die spezifische Unternehmensstruktur im europäischen ,Wirtschaftsraum seit geraumer Zeit betrieben wird.

Auch ein Unternehmen wie IBM wird es nicht leicht haben, gegenüber einer etablierten Konkurrenz in die MDT-Marktbereiche weiter vorzustoßen. Wir sehen keine Veranlassung, unser Marketing-Konzept zu ändern oder gar eine spezielle Gegenstrategie zu entwickeln.

Kars G. Thorsting, Philips Electrologica Vertriebs GmbH, Siegen-Weiden

Das System 32 verfügt nicht über das Magnetkonto. Eine sehr wesentliche Stärke der MDT-Computer liegt jedoch im Magnetkonto. Wir sehen uns also im Kern des Einsatzgebietes unserer Systeme als nicht betroffen. Berührungspunkte können sich allerdings im oberen Bereich unserer MDT-Produkte ergeben, zum Beispiel bei Platten-Konfigurationen.

Dabei können wir eine erheblich vielfältigere Peripherie aufweisen. Weitere Gründe für unsere Stärke auf dem MDT-Markt sehen wir in unserem großen Kundenstamm, unserem auf jahrelanger Erfahrung basierenden Know-how und unserer umfangreichen, praxiserprobten Anwendungssoftware für zahlreiche Branchen. IBM wird die Erfahrung machen müssen, daß sich die Vertriebsmethoden aus der Groß-EDV nicht ohne weiteres auf den MDT-Bereich übertragen lassen. Im übrigen sehen wir in der Tatsache, daß IBM mit einem System 32 in den Markt gehen will, die Bestätigung unserer langjährigen Aktivitäten. Wir können der Entwicklung gelassen entgegensehen .

Karl-Heinz Schmidt, Triumph-Adler Vertriebs-GmbH, Nürnberg

Auf der einen Seite bestätigt das Erscheinen dieses Kleincomputersystems die in unserem Hause seit Jahren verfolgte Politik, Computerleistung für Direktverarbeitung am Arbeitsplatz anzubieten, unabhängig davon, ob es sich um Off- oder Online-Systeme handelt. Auf der anderen Seite greift IBM damit in einen Markt ein, der gerade in den letzten Jahren einem starken Wettbewerbsdruck ausgesetzt war und ist. Grundsätzlich belebt das Hinzutreten eines neuen Computersystems den Wettbewerb, der jedoch durch dieses neue Modell von IBM langfristig beeinträchtigt werden könnte.

Auch durch das Vermieten von Software in dieser Preisklasse ist ein neues Faktum geschaffen, was für die Zukunft berücksichtigt werden muß.

Allerdings kann man eigentlich nicht von einer echten Vermietung der Anwendungssoftware sprechen, da es sich im Grunde um einen Verkauf in 12 Raten handelt.

Die Triumph-Adler-Vertriebsorganisation ist ungeachtet des zu erwartenden zunehmenden Konkurrenzdrucks überzeugt, mit Hilfe ihres Kleincomputer-Programms auch in Zukunft ihre Marktposition halten und in einigen Bereichen noch ausbauen zu können.