Wer Edifact kann, ist für XML gerüstet

09.01.2003
Von Ulrich Hildebrand

Edifact hilft hier ganz entscheidend, da sich unzählige Arbeitskreise im internationalen Rahmen seit rund 20 Jahren genau mit diesen Fragen beschäftigen. Das Resultat ist eine sehr große Anzahl von Nachrichten, die aus der Wiederverwendung genormter Elemente und Segmente mit Wertelisten zusammengesetzt werden und in unterschiedlichen Industrien zur Anwendung kommen. Dies hat auch die XML-Gemeinde erkannt, und sie versucht etwa in der Zusammenarbeit von UN/Cefact und Oasis, die EDI-Standards oder die in ihnen enthaltene Semantik nach XML zu überführen. Edifact-Nachrichten sind aber nicht nur Meldungen.

Worauf es ankommt: Die eigentliche Herausforderung beim Thema B-to-B und EAI liegt nicht in einer Auswahl des allerneuesten syntaktischen XML-Modells, sondern in der Flexibilität und Erweiterbarkeit von Applikationen und deren Interfaces. Das vom angelsächsischen Raum geprägte Stimmungsbild, Edifact sei teuer, komplizierter und deshalb schlechter als XML, führt zu einer oberflächlichen Technologiediskussion und hat keine Allgemeingültigkeit. Es lenkt vom eigentlichen Thema ab. Die wichtigen Schritte auf dem Weg zum Erfolg bestehen in der Einigung auf ein internes Nachrichtenmodell, der Verwendung bestehender semantischer Modelle sowie dem Einsatz von Message Brokern.

Sie bilden einen Zyklus von aufeinander abgestimmten Nachrichten, die einzeln betrachtet nur einen Baustein eines Geschäftsprozesses darstellen, im Zusammenspiel jedoch einen kompletten, wohldefinierten unternehmensübergreifenden Geschäftsprozess ausmachen. Die so verbundenen Partner wissen damit sehr genau, wie eine aktuelle Nachricht zu einer anderen, gegebenenfalls von ihnen selbst zuvor versendeten oder empfangenen Nachricht gehört.

Prozessmodell kontra Publishing

Genau hier liegt die eigentliche Schwäche von XML. Betrachtet man die Dimensionen Syntax und Semantik, so fällt auf: Edifact wurde primär entwickelt, um ein semantisches Prozess-Modell bereitzustellen. XML dagegen bewegt sich hauptsächlich in der syntaktischen Dimension und spielt wegen der Nähe zu HTML im Web-Publishing eine große Rolle.

Edifact-Nachrichten sind aufgrund des Anspruchs auf hohe Wiederverwendbarkeit inzwischen sehr abstrakt geworden. Im eigentlichen Sinn sind sie die Metamodelle für einzelne Nachrichten, die in unterschiedlichen Geschäftsprozessen eingesetzt werden können. Zum Beispiel finden „Quote“-Nachrichten Anwendung im Bestellwesen des Procurements, bei Börsen und im Devisenhandel. Einzelne Industrien wie etwa die Automobilbranche oder der Handel sind dazu übergegangen, eigene Sub-Sets auf Basis von Edifact zu entwickeln. Vergleichbares lässt sich auch im Umfeld von XML bei Banken (FIXML und FpML im Börsen- und Devisenhandel) sowie bei Versicherungen (Acord) feststellen.