Wenn Projekte in Schieflage geraten

16.01.2008

Die Verträge sind sofort anzupassen

Wenn ein Maßnahmenplan erst einmal von beiden Seiten akzeptiert wird, empfiehlt es sich, die bestehenden Verträge umgehend an die getroffenen Veränderungen anzupassen. So schwindet die Gefahr, dass eine der Parteien von den Verhandlungsergebnissen später wieder abrückt oder die Erfolgsfaktoren für das Gelingen des Projekts in der Erinnerung anders interpretiert, als sie vereinbart wurden. (Zum Thema IT-Verträge siehe auch: "Warum IT-Verträge scheitern" und "Wie man Fußangeln vermeidet").

Aber auch wenn das Verhandlungsergebnis vertraglich fixiert ist, haben die Anwälte oft noch genug zu tun. Es hat sich bewährt, dass sie den Projektfortschritt überwachen und gegebenenfalls eingreifen, damit die vereinbarten Meilensteine in die Tat umgesetzt werden und nicht wieder neue Konflikte entstehe. Rechtsanwälte, die mit der Projektsanierung beauftragt werden, sollten also ? neben juristischem Fachwissen und Branchenkenntnissen ? auch über Coaching-Kompetenz verfügen.

Das als Beispiel dienende Ausbildungsinstitut konnte auf diesem Weg seinen Web-Relaunch doch noch erfolgreich abschließen. Sechs Monate, nachdem es einen konsequenten Sanierungskurs eingeschlagen hatte, waren sämtliche Funktionen vereinbarungsgemäß installiert und abgenommen. Und das bei Projektbeginn vereinbarte Budget wurde nur um zehn Prozent überschritten, obwohl es sich mit Ausnahme weniger Arbeitspakete um ein "Aufwandsprojekt" handelte. Einige zusätzliche Funktionen hat der Dienstleister als Kompensation für die geltend gemachten Verzögerungsschäden über den ursprünglichen Projektumfang hinaus kostenlos realisiert.

In fünf Schritten zur Projektsanierung

  1. Bestandsaufnahme: Identifikation der Ursachen für die Schieflage sowie der rechtlichen Position anhand der maßgeblichen Verträge, der Projektpläne, des gesamten Schriftverkehrs und der Protokolle; danach Ermittlung der nicht schriftlich dokumentierten Projektfakten (wie persönliche Einschätzungen des Projektverlaufs) durch Interviews mit den eigenen Mitarbeitern.

  2. Wahl einer dem juristischen Risiko der Gegenseite entsprechenden Form der Eskalation, um die andere Partei zu einer zielführenden Reaktion zu bewegen (beispielsweise Brief an die Geschäftsleitung des Dienstleisters, durch den Anwalt verfasst); der Gegenseite klarmachen, dass Vergleichsgespräche das geringere Übel sind, eine klare Win-Win-Situation aufzeigen.

  3. Gemeinsame Ausarbeitung eines Maßnahmenplans mit Milestones und Erfolgskriterien; alle Maßnahmen und Ergebnisse festhalten, die notwendig sind, damit das Projekt erfolgreich beendet werden kann.

  4. Aktualisierung des Projektplans und Anpassung der Verträge an die gemeinsam beschlossenen Änderungen; schriftliche Dokumentation von Vereinbartem hilft dem Erinnerungsvermögen auf die Sprünge und vermeidet künftige Konflikte.

  5. Überwachung des Projektfortschritts und der getroffenen Vereinbarungen sowie rechtzeitige Eskalation von Planabweichungen und neuen Konflikten; das ist ein wesentlicher Punkt innerhalb des gesamten Sanierungsverlaufes, nur wenn neue Probleme schnell erkannt und umgehend konstruktiv gelöst werden, ist der Projekterfolg gesichert.

Zudem haben die Parteien das gegenseitige Vertrauen wiedergefunden. Derselbe Dienstleister wurde sogar mit Folgeprojekten beauftragt.

Fazit

Projektschieflagen müssen nicht vor Gericht enden. Durch gezielte rechtliche Risikoanalyse, zielführende Eskalation und konsequentes Legal Management während der Umsetzung lassen sich Projekte wieder flottmachen und erfolgreich beenden. (qua)