Web

Web-Stress

Wenn Online-Shopping nervt

22.04.2010
Von Dr. Jörg Hattwig

Neuro-Marketing analysiert Hirnwellen

Zur Überprüfung der These setzte Foviance auf Techniken des Neuro-Marketings, die beispielsweise auch bei der vergangenen amerikanischen Präsidentschaftswahl genutzt wurden. Campbell: "Welche Obama-Wahlplakate gedruckt werden sollten, wurde nicht mehr nur mit einer klassischen Meinungsumfrage bei Testpersonen entschieden, sondern auch durch eine Analyse ihrer Hirnströme, die beim Betrachten verschiedener Wahlplakat-Varianten entstanden."

Billie, die zu Demonstrationszwecken ein Hotel buchen wollte, ist nur eine von 13 Testpersonen, deren neurologische und physiologische Reaktionen als Online Shopper festgehalten und analysiert wurden. Im Foviance-Labor werteten Experten aus den erhobenen EEG-Daten vor allem die Alpha-Wellen aus: Hohe Alpha-Wellen stehen dabei für Entspannung, niedrige Alpha-Wellen für Stress. Die im Millisekunden-Takt gewonnenen Werte wurden anschließend mit Hilfe einer Fourier-Transformation grafisch aufbereitet und zusammen mit den EOG-Daten sowie den Bildern einer externen Web-Kamera im PC gespeichert und von einem Verhaltenspsychologen analysiert. Nach dem Test füllten die Kandidaten zusätzlich einen Fragebogen aus, welche Teilaufgaben sie als schwierig wahrnahmen oder ihnen Stress bereiteten.

In den Labortests, die im Januar und Februar durchgeführt wurden, hatten die acht weiblichen und fünf männlichen Testteilnehmer im Alter zwischen 20 und 45 Jahren aus Großbritannien, Italien, Spanien, Frankreich und Deutschland die Aufgabe, in jeweils 20 Minuten ein Notebook zu kaufen und eine Reiseversicherung abzuschließen. Alle Kandidaten erhielten Kreditkarten, mit denen sie die Produkte für das Experiment tatsächlich "bis zum bitteren Ende" erworben haben - in der Realität hätten drei von vier Kandidaten den Kaufvorgang abgebrochen.

Lesen Sie auch die Beiträge:

Während des Experiments wurde eine schlechte Performance der Websites simuliert, indem die Bandbreite der Internet-Verbindung per Software gedrosselt wurde. Prompt zeigten die Testpersonen deutliche Zeichen von Missmut - vor allem dann, wenn die Suche nach einem Produkt gestartet wurde und es ans Bezahlen und die Eingabe persönlicher Daten ging. "Konsumenten haben hohe Erwartungen an die Verfügbarkeit und Geschwindigkeit von Web-Anwendungen und Websites. Wenn sie nicht erfüllt werden, regen sie sich schnell auf, sind irritiert und müssen sich deutlich mehr konzentrieren. Kunden unter Web-Stress brauchen zirka eine Minute, bis sie wieder relaxt sind", resümiert Campbell. Als wesentliche Schwachstellen des Online-Shoppings erwiesen sich letztendlich zwei Punkte: die Produktsuche und der Bezahlprozess.