Disaster Recovery im Data Center

Wenn im RZ die Lichter ausgehen

23.11.2012
Von 
Alexander Dreyßig betreut als Senior Portal Manager die Online-Angebote von Computerwoche, CSO und TecChannel. 
Naturkatastrophen, schlechtes Wetter und Hardwareausfälle können schnell ein ganzes Rechenzentrum lahmlegen. Mit der richtigen Disaster-Recovery-Strategie können Unternehmen das Schlimmste verhindern.
Naturkatastrophen und Unwetter können schnell zu teuren Hardwareausfällen führen. Mit der richtigen DR-Strategie kann das Schlimmste verhindert werden.
Naturkatastrophen und Unwetter können schnell zu teuren Hardwareausfällen führen. Mit der richtigen DR-Strategie kann das Schlimmste verhindert werden.
Foto: maldesowhat, Fotolia.de

Disaster-Recovery (DR) ist streng genommen eine Unterkategorie von Business Continuity (BC) und umfasst alle Maßnahmen zur Wiederherstellung von Daten und IT-Systemen nach einem Katastrophenfall. Ähnlich wie Business Continuity wird auch Disaster Recovery von den aktuellen Trends in der IT beeinflusst. Dazu gehören Cloud Services, Server- und Desktop-Virtualisierung, die Integration mobiler Clients und die wachsende Beliebtheit von Social Networking. IT-Verantwortliche müssen diese Trends im Auge behalten, wenn sie eine Disaster-Recovery-Strategie entwickeln.

Cloud Services

Interne und externe Cloud Services erfreuen sich in der IT zunehmender Beliebtheit. Auch im Bereich Disaster Recovery können sie helfen, kurzfristig ausgefallene Ressourcen schnell zu ersetzen. So sieht beispielsweise Rachel Dines, Senior Analyst, Infrastructure & Operations bei Forrester Research, ein enormes Potential im Bereich Cloud-basierter Disaster Recovery Services. Leider werde von diesen jedoch noch zu wenig Gebrauch gemacht, obwohl in den Unternehmen schon großes Interesse bestehe und entsprechende Pläne in Vorbereitung seien. „Cloud-basiertes Disaster Recovery bietet Firmen die Möglichkeit, sich bei geringeren Kosten schneller zu erholen, und das bei leichteren Test-Möglichkeiten und flexiblen Verträgen“, so Dines.

Ähnlich äußert sich Forrester in einer aktuellen Studie. So böten sich Cloud-basierte Lösungen insbesondere für Firmen an, die bisher Schwierigkeiten mit klassischen DR-Ansätzen hatten oder denen Disaster Recovery schlicht zu kompliziert war.

Diesen Vorteilen stehen klassische Einwände von Cloud-Kritikern gegenüber. So bleiben auch im Bereich Cloud-basiertes DR Bedenken bezüglich des Datenschutzes. Zudem garantiert auch eine Cloud-Lösung nicht zwangsläufig hundertprozentige Verfügbarkeit. Eine Alternative könnten hier Private-Cloud-Lösungen bieten, die von immer mehr Unternehmen in ihre DR-Strategie integriert werden.

Virtualisierung

Für viele Unternehmen stellt Server-Virtualisierung eine Schlüsselkomponente in ihrer Disaster-Recovery-Strategie dar. Kein Wunder, ermöglicht Virtualisierung doch einen flexiblen Einsatz bestehender Ressourcen.

Virtualisierung hat das Potential, die Implementierung einer Disaster-Recovery-Strategie und die Erholung nach einer Katastrophe zu beschleunigen“, erläutert Ariel Silverstone, unabhängige Security-Beraterin und früher Chief Information Security Officer (CISO) bei Expedia. „Virtualisierung birgt die Fähigkeit, Disaster Recovery mehr zu einer IT- als einer Corporate Audit-Funktion zu machen. Hat man die richtigen Policies und Prozesse zur Hand, kann Disaster Recovery zu einer automatischen Funktion bei der Bereitstellung eines Servers werden.“ Virtualisierung ermögliche es Unternehmen, ein komplettes Image eines Data Centers zu erstellen und dieses als Ganzes oder in Teilen bei Bedarf schnell zu aktivieren, so Silverstone.
Ähnlich positiv äußert sich Chuck Ciali, CIO von Teradyne. Aus seiner Sicht hat Virtualisierung DR sehr vereinfacht. Dank einer Virtualisierungslösung von VMware könnten im Falle eines Hardwaredefekts redundante Blade Server nahtlos die Funktionen der ausgefallen Komponenten übernehmen. „Dies hat unsere Recovery-Zeit von Tagen bis Wochen mit der alten Tape-Lösung auf wenige Stunden verkürzt“, so Ciali.

Im Bereich Disaster Recovery ist es jedoch eine Überlegung wert, nicht bei der Server-Virtualisierung halt zu machen. Auch Netzwerk- und Storage-Virtualisierung bieten sich hier an.

Wo Licht ist, ist auch Schatten. So bietet Virtualisierung zwar gewaltiges Potential im Bereich Disaster Recovery. Doch gibt es auch hier Fallstricke. So könne die Popularität von Virtualisierung schnell zu einem Wildwuchs virtueller Maschinen führen, so Silverstone, was Disaster Recovery tendenziell wieder erschweren würde. Auch könne der Glaube daran, dass Virtualisierung alle potentiellen Probleme abdecken würde schnell dazu verleiten, auf durchdachte Pläne für Disaster Recovery zu verzichten.

Das Potential mobiler Clients

Auch die zunehmende Beliebtheit mobiler Clients wie Tablets und Smartphones kann Disaster-Recovery-Konzepte erleichtern. Selbst nach dem Ausfall klassischer Arbeitsplatz-Rechner kann so ein gewisser Grad an Kontinuität gewährleistet werden, da zumindest ein teilweiser Zugriff auf Unternehmens-Ressourcen über mobile Geräte möglich ist.

Dank mobiler Clients sind Arbeitnehmer nicht mehr an ihren Arbeitsplatz gefesselt und können von überall aus arbeiten. Gleiches gilt für die zunehmende Verlagerung von Arbeitskraft ins Home Office.

„Eine der positiven Folgen der Verbreitung mobiler Devices besteht darin, dass Menschen immer mehr unterwegs arbeiten und im Notfall von dort aus auch kommunizieren können“, sagt Malcom Harkins, Vizepräsident der IT Group und CISO beim Prozessorenhersteller Intel.

Die Verbreitung mobiler Clients bietet jedoch nicht nur Vorteile. Forrester-Expertin Dines etwa gibt zu bedenken, dass diese auch zu einer zunehmenden Komplexität führen könne, die wiederum Disaster-Recovery-Vorhaben erschwere. Mobile Devices benötigen nach ihrer Einschätzung eine zusätzliche Data-Center-Infrastruktur, die dediziert geplant und geschützt werden müsse. Silverstone wendet zudem ein, dass längst nicht alle wichtigen Unternehmensanwendungen auch über mobile Clients verfügbar sind.

Social Networking

Im Falle ein Katastrophe und eines eventuellen RZ-Ausfalls bieten neben mobilen Clients auch soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter für Beschäftigte die Möglichkeit, in Kontakt zu bleiben. Social Networks können so zumindest teilweise die Funktion der Unternehmens-E-Mail ersetzen und die Kommunikation aufrechterhalten.

Hierbei gilt es allerdings zu differenzieren. Gerade klassische, auf der unternehmenseigenen Infrastruktur aufsetzende E-Mail-Lösungen wie Exchange oder Notes sind in der Regel von IT-Ausfällen betroffen. Anders sieht es auch hier bei Cloud-basierten Modellen wie Google Mail oder Office 365 aus. Diese gewährleisten auch bei einem Totalausfall der Firmen-Hardware noch die Kommunikation. Vor allem in der kritischen Phase direkt nach einem Ausfall können die Verantwortlichen so oft deutlich schneller erreicht und Notfallmaßnahmen angestoßen werden.

Dieser Artikel basiert auf dem Beitrag "4 tech trends in IT disaster recovery" der CW-Schwesterpublikation Info World.