Wenn der Headhunter klingelt

12.06.2001
Von in Alexandra
Wie finde ich den richtigen Kandidaten? Diese Frage stellen sich nicht nur personalsuchende IT-Unternehmen, sondern auch Headhunter. Die bewährte Direktansprache am Arbeitsplatz ist mittlerweile rechtlich umstritten, die Suche in Online-Datenbanken nach passenden Lebensläufen für manche Personalberater keine Alternative.

"Glauben Sie wirklich, dass eine exzellente Führungskraft, die sich im Unternehmen wohl fühlt, ihren Lebenslauf in eine Datenbank ins Internet stellt?" Norbert Quinkert, Vorsitzender der Geschäftsführung der Motorola GmbH, schloss für seine Person diesen neuen Weg der Stellensuche aus und zweifelte auch daran, ob seine Kollegen sich mit einer solchen Methode anfreunden können.

Für Christoph Rummel war die Annahme, dass sich über das Internet keine Führungskräfte rekrutieren lassen, dagegen ein alter Hut. Der Managing Director der Personalberatung Baumgartner & Partner, die wie die Jobbörse Monster.de zu TMP gehört, hielt dagegen, dass sich bei Monster.de binnen 24 Stunden 15 Führungskräfte mit einem Jahreseinkommen von über 300000 Mark mit ihren Lebensläufen in die Bewerberdatenbank eingetragen hätten.

Auf dem dritten Deutschen Personalberatertag, den der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) in Königswinter veranstaltete, ging es auch um Chancen und Grenzen, die neue Technologien wie das Internet für die Personalsuche bringen. Aus den Diskussionen wurde deutlich, dass es sich einerseits zwar keine Personalberatung mehr erlauben kann, auf das Web zu verzichten. Andererseits gaben selbst Firmen, die sich wie die Fenner Interselect GmbH auf Online-Research spezialisiert haben, zu, dass der Weg zu vielen Wunschkandidaten bisher nicht nur über das Web, sondern oft auch noch traditionell über die persönliche Ansprache führt. "

Die Suche über Lebenslaufdatenbanken im Internet funktioniert bisher nur in gewissen Bereichen wie Informationstechnologie, Marketing, Vertrieb oder zum Teil auch im Verlagswesen. Im Finanzsektor führt die Online-Suche dagegen nicht zum Erfolg", berichtete Patrick Scheel, Geschäftsführer von Fenner Interselect. Darum greife man auch immer wieder zum Telefonhörer und setze auf Direct Search als zweiten Weg.

Ein Grund, warum man nicht auf die direkte Ansprache per Telefon verzichten könne, sei die schlechte Resonanz der Bewerber, die ihren Lebenslauf in eine Datenbank gestellt haben. Wenn ein Researcher pro Tag etwa 150 Kandidaten per Mail kontaktiert, bekommt er im Durchschnitt nicht mehr als von zehn Prozent eine Antwort, so die Erfahrungen Scheels: "Die Rücklaufquote ist so niedrig, weil die Kandidaten in dem Fall ja selbst aktiv werden müssen, indem sie die Mailbox öffnen und die Mail auch beantworten müssen." Darum verlassen sich die Researcher von Fenner Interselect nicht nur auf die Jobbörsen, sondern fahnden auch in Newsgroups, Diskussionsforen sowie auf privaten Homepages nach potenziellen Kandidaten.

Dass die Internet-Datenbanken mit Lebensläufen nicht nur eine Chance für Headhunter, sondern auch eine Gefahr bergen können, machte Stephan König deutlich. Der Vice President der Textron Fastening Systems Europe berichtete vom amerikanischen Mutterkonzern, der einen eigenen Researcher anstellte, der den ganzen Tag das Internet nach geeigneten Lebensläufen durchforstete: "Dadurch lassen sich Kosten sparen. Auch wir überlegen, ob wir einen solchen Researcher anstellen sollen."

Die Zunft der Personalberater steht solchen Entwicklungen aber eher gelassen gegenüber, zumal viele mittelständische Firmen, die keine eigene Personalabteilung haben, auf die Dienstleistung der Personalberater angewiesen seien, wenn sie Führungskräfte suchen. Auch das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart, wonach "jeder Abwerbeversuch am Arbeitsplatz unter Nutzung der betrieblichen Telefonanlage unzulässig" ist, scheint für nicht soviel Aufregung gesorgt zu haben, als nach den Presseberichten zu vermuten war.

"Den Sturm von Abmahnverfahren gegen Personalberater hat es nicht gegeben. Anfangs kamen einige kritische Rückfragen von Kandidaten und Auftraggebern, aber mittlerweile nicht mehr", sagte Wolfgang Lichius, Vorsitzender des BDU-Fachverbandes Personalberatung und Mitglied der Geschäftsleitung der Kienbaum Executive Consultants GmbH.

Der Münchner Rechtsanwalt Andreas Quiring schätzte die Zahl der Abmahnungen gegen Headhunter auf einige hundert, wobei die meisten Fälle in der IT-Branche zu verzeichnen waren: "Mir ist klar, dass die Branche weitermacht wie zuvor." Er warnte aber auch die Personalberater davor, allzu bereitwillig Unterlassungserklärungen zu unterschreiben: "Das Stuttgarter Urteil wird von Firmen oft zum Anlass genommen, die Personalberater abzumahnen und eine Unterlassungserklärung zu verlangen, die viel zu weit geht."

So forderten die Firmen oft einen generellen Verzicht auf Abwerbung, obwohl diese nicht verboten sei. Quiring wies zudem auf ein Urteil des Landesgerichts Mannheim hin, das einen kurzen telefonischen Abwerbeversuch am Arbeitsplatz erlaubte. Das Gericht begründete seine Entscheidung unter anderem damit, dass kein "verständiger Arbeitgeber" gelegentliche private Telefonate seiner Mitarbeiter beanstande, die zum Beispiel nur fünf Minuten dauern.

Zu dieser widersprüchlichen Rechtslage kommt laut Quiring, dass sich so manche Unternehmen selbst auf dünnem Eis bewegen, wenn sie auf Personalfang gingen. Die bei IT-Firmen durchaus gängige Praxis, Mitarbeitern Kopfprämien zu bezahlen, wenn sie neue Kollegen anwerben, sei auch nicht rechtens. "Jeder Mitarbeiter, der andere gegen eine Prämie anwirbt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Arbeitsvermittlung ist in Deutschland nur dann ohne Genehmigung erlaubt, wenn sie gelegentlich und unentgeltlich ausgeübt wird", erläutert der Rechtsanwalt.