Weniger Service-Deals im vierten Quartal

15.01.2007
Dank Mega-Deals wie "Herkules" ist der Gesamtvertragswert aber gestiegen.

Die Zahl der IT-Serviceverträge ist im vierten Quartal 2006 zurückgegangen. Die Analysten des Brancheninformationsdiensts "Computerwire" zählten insgesamt 375 Outsourcing-, Beratungs- und Systemintegrations-Deals mit einem Wert von mindestens einer Million Dollar. Das sind zwölf Prozent weniger als im Schlussquartal des Vorjahres.

Der Gesamtvertragswert stieg allerdings von 31,6 Milliarden auf 34,8 Milliarden Dollar. Damit nahm der durchschnittliche Umfang der Deals von 74,5 Millionen auf 92,8 Millionen Dollar zu.

Das lag vor allem an dem 9,4 Milliarden Dollar schweren "Herkules"-Projekt, das sie Bundeswehr Ende des Jahres an IBM Global Services und Siemens vergeben hat. Ohne diesen IT-Infrastruktur-Deal wäre der Gesamtvertragswert im vierten Quartal rund 20 Prozent geringer ausgefallen. Auch Vodafone und die BT Group konnten Großaufträge unterzeichnen. Insgesamt gab es jedoch nicht so viele Mega-Deals wie im Vorjahreszeitraum.

Die Outsourcing-Beratungsfirma TPI bezeichnete das vierte Quartal 2006 sogar als "schlechtestes Quartal der letzen fünf Jahre". Laut ihren Berechnungen, in die nur Auslagerungsdeals mit der Privatwirtschaft und mit einem Vertragsvolumen von mindestens 25 Millionen einfließen, ist der Gesamtvertragswert der neuen Deals um acht Prozent zurückgegangen.

Die Experten sind sich einig darin, dass diese Entwicklung auf den anhaltenden Trend zum Multi-Sourcing zurückzuführen ist. So wurde im vergangenen Jahr etwa ein Viertel der Deals gestückelt und an mehrere Provider vergeben – etwa von General Motors, ING und der US-Armee. Ein Jahr zuvor lag dieser Anteil noch bei 20 Prozent und 2004 bei elf Prozent.

Der Multisourcing-Trend hat den großen IT-Dienstleistern jedoch bis dato nicht geschadet – im Gegenteil: Auf IBM entfiel rund ein Viertel aller im vierten Quartal unterzeichneten Verträge. Der Anteil am Herkules-Projekt – etwa 40 Prozent – wird dem IT-Serviceriesen rund 3,8 Milliarden Dollar einbringen. Auch EDS hat wieder kräftig aufgeholt. Der IT-Dienstleister landete im vierten Quartal mit sieben Prozent Anteil an neu gewonnen Deals auf Platz zwei. Und für HP Services waren die letzten drei Monate 2006 in dieser Hinsicht ebenfalls das beste Quartal seit langer Zeit.

Die größten Gewinner waren aber die großen indischen IT-Dienstleister. Nachdem das Thema Offshoring immer mehr Akzeptanz findet und sein Stigma als Jobkiller weitgehend verloren hat, trauen sich Anbieter wie TCS oder oder HCL zunehmend, ihre neu gewonnen Verträge auch öffentlich zu machen. Und solche Outsourcing-Abkommen werden immer häufiger und umfangreicher. Laut Computerwire beinhaltet etwa ein Fünftel der im vierten Quartral 50 größten angekündigten Deals eine Offshore- oder Nearshore-Komponente. So kündigte BT im Dezember einen Vertrag über eine Milliarde Dollar und fünf Jahre mit der ehemaligen indischen Tochterfirma Tech Mahindra an. HCL Technologies, der fünftgrößte Anbieter des Subkontinents, gewann einen 200-Millionen-Euro-Deal mit der britischen Tochter des schwedischen Versicherungskonzerns Skandia (siehe auch "Britscher Versicherer lagert die SOA aus").

Die großen Outsourcing-Anbieter haben viel dafür getan, damit die Auftraggeber ihre Ende der 90er Jahre und Anfang 2000 vergebenen Deals verlängern oder erneuern. Angesichts des sich hohen Wettbewerbsdrucks, der sich durch den Offshore-Trend zunehmend verschärft, ist das keine leichte Aufgabe. Aber immerhin handelte es sich bei den 100 größten im vierten Quartal unterzeichneten Verträgen um Erweiterungen bestehender Abkommen. Vier Prozent waren entweder Vertragserneuerungen oder –zusätze.

Nichtsdestotrotz sind die neuen Verträge entscheidend für das IT-Servicegeschäft: Neue Abschlüsse machten im vierten Quartal 85 Prozent der hundert größten Deals aus. Immer häufiger werden die Anbieter bei der Suche nach neuen Kunden außerhalb der USA fündig. Von den 20 größten Deals des Quartals wurden nur sechs in den USA unterzeichnet. Die übrigen Großaufträge konnten Schwergewichte wie IBM, EDS oder HP vor allem in Deutschland, Frankreich und Südostasien gewinnen. Auch der öffentliche Dienst ist für die IT-Servicebranche ein lukrativer Markt. Laut Compurerwire entfielen im vierten Quartal auf diesen Bereich 35 Prozent der Vertragsabschlüsse. Und im laufenden Jahr sind hier die umfangreichsten Deals zu erwarten. (sp)