Wem gehört das Wissen des Mitarbeiters?

26.07.2007
Von Jürgen Schneider
Rechtsstreitigkeiten können heftig werden, wenn Arbeitgeber und Mitarbeiter im Arbeitsvertrag nicht klären, wem das Know-how des Letzteren gehört und dieser zur direkten Konkurrenz wechselt.

Der alte Arbeitgeber kann einen Anspruch darauf haben, dass sein früherer Mitarbeiter solches Fachwissen bei einem Konkurrenten nicht einsetzt. Die Frage, welches Fachwissen der Arbeitnehmer bei seiner neuen Firma verwenden darf, richtet sich zunächst nach dem Arbeitsvertrag. In Arbeitsverträgen wer-den häufig Wettbewerbsverbote vereinbart, die auch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gelten. Ein Wettbewerbsverbot bedeutet, dass der Arbeitnehmer gar nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen für einen Konkurrenten des alten Arbeitgebers tätig werden darf.

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596140: Surfen am Arbeitsplatz;

584962: Diskriminierung am Arbeitsplatz;

592156: IT-Sicherheit im Arbeitsvertrag.

Wettbewerbsverbote sind gemäß Paragraf 74 des Handelsgesetzbuches nur verbindlich, wenn sich der alte Arbeitgeber verpflichtet, für die Dauer des Wettbewerbsverbotes eine so genannte Karenzentschädigung zu entrichten. Diese muss mindestens die Hälfte der Vergütung betragen, die der Arbeitnehmer zuletzt erhalten hat.

Zur Geheimhaltung verpflichtet

Unabhängig von einem Wettbewerbsverbot kann in dem Arbeitsvertrag auch eine Regelung enthalten sein, wonach ein Arbeitnehmer auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Geheimhaltung verpflichtet ist. Solche Regelungen sind grundsätzlich wirksam. Zur Vermeidung von Streitigkeiten sollte man genau definieren, welche Informationen weitergegeben werden dürfen und welche nicht. Darüber hinaus können sich Beschränkungen bei der Verwertung von Fachwissen auch aus dem Gesetz ergeben, insbesondere aus dem Arbeitnehmererfindungsgesetz, dem Urheberrechtsgesetz und dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, kurz UWG.

Das Arbeitnehmererfindungsgesetz betrifft technische Erfindungen. Wenn der Beschäftigte bei Erfindungen mitgewirkt hat, die der alte Arbeitgeber in Anspruch genommen und als Patent angemeldet hat, ist der Arbeitnehmer nicht berechtigt, dieses Wissen später zu benutzen.

Arbeitgeber besitzt Nutzungsrecht

Weitere Beschränkungen können sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben. Durch Paragraf zwei des Urheberrechtsgesetzes sind insbesondere folgende Werke geschützt: Schriftstücke, Reden, Computerprogramme, Fotos und alle Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und auch plastische Darstellungen.

Der Arbeitnehmer, der solche Werke erstellt, ist zwar im Rechtssinne der Urheber. Die Nutzungsrechte an diesen Arbeitsergebnissen stehen jedoch dem Arbeitgeber zu, wenn der Arbeitnehmer das Werk im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Pflichten erstellt hat. Wenn jemand als Programmierer eingestellt worden ist und im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Pflichten eine Software erstellt, so stehen die Rechte an ihr dem Arbeitgeber zu. Wenn dagegen ein Arbeitnehmer in seiner Freizeit am Wochenende ein Werk erstellt, so stehen die Rechte ihm selbst und nicht dem Arbeitgeber zu.

Noch schwieriger kann die Abgrenzung bei den so genannten Betriebsgeheimnissen sein. Wenn eine vertragliche Regelung fehlt, gilt hierfür das bereits erwähnte Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, das UWG. Aus Paragraf 17 UWG ergibt sich, dass ein Arbeitnehmer Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse seines früheren Arbeitgebers nicht verraten und deshalb auch nicht bei seinem neuen Arbeitgeber einsetzen darf. Auf der anderen Seite kann einem Arbeitnehmer nicht verwehrt werden, sein Wissen, das er aufgrund seiner Qualifikation und seiner Erfahrung erworben hat, in einer anderen Firma einzusetzen. Dies wäre ein Verstoß gegen Artikel zwölf des Grundgesetzes, der die Berufsfreiheit garantiert. Man muss hier im Einzelfall abwägen zwischen dem Interesse des früheren Arbeitgebers an der Geheimhaltung seines Know-hows und dem Interesse des Beschäftigten an seinem beruflichen Fortkommen.

(Fast) alles mitnehmen

Hierzu ist zunächst zu klären, was als Geschäftsgeheimnis oder Betriebsgeheimnis anzusehen ist. Geschäftsgeheimnisse eines Unternehmens sind insbesondere Informationen über Bilanzen, Mitarbeiter, die Organisation, Absatz- und Werbemethoden, Kunden- und Lieferantendaten, Preise, Kalkulations- sowie Angebotsunterlagen für eine Ausschreibung. Betriebsgeheimnisse sind alle technischen Daten eines Unternehmens wie Konstruktionszeichnungen, Herstellungsverfahren und Fertigungsmethoden, Analysen, Zusammensetzung oder Funktionsweise von Geräten.

Nach der Rechtsprechung gilt folgender Grundsatz: Ein Arbeitnehmer, der die Informationen redlich erlangt hat, darf alles, was er im Gedächtnis hat, auch bei anderen Firmen einsetzen. Nicht zulässig ist es dagegen, wenn der Arbeitnehmer Unterlagen heimlich mitnimmt wie Kopien oder Informationen, die auf einer CD-ROM gespeichert sind.

Wer gegen die vorstehend dargelegten Regeln verstößt, kann von seinem früheren Arbeitgeber auf Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung sämtlicher Kosten in Anspruch genommen werden. Zudem handelt es sich auch um Straftaten, die nach entsprechender Anzeige von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden. (hk)