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Weltweiter Musikmarkt schrumpft weiter - Boom bei digitaler Musik

23.01.2006
Der weltweite Musikmarkt ist im vergangenen Jahr nochmals um rund zwei Prozent geschrumpft - dennoch schaut die Branche optimistisch in die Zukunft.

Der Boom bei digitaler Musik wird nach Einschätzung vieler Experten die seit Jahren dahinsiechende Plattenindustrie bald wieder wachsen lassen. "Das Wachstum der digitalen Musik wird schneller sein als die Verluste im CD-Geschäft. Der Markt insgesamt wird wieder größer", meinte etwa der Chef des britischen Musikkonzerns EMI, Eric Nicoli, am Samstag auf der Musik- Internet-Konferenz Midemnet im südfranzösischen Cannes.

Der Vorsitzende des Welt-Phonoverbandes IFPI, John Kennedy, pflichtete ihm am Sonntag bei: "Wenn sich der digitale Markt weltweit so weiter entwickelt, steigen mittelfristig die Umsätze insgesamt", sagte er zu Beginn der Musikmesse Midem (22.-26.1). Schon für das laufende Jahr prognostizierte er stabile Umsätze.

Beide Experten teilen die Prognose, dass bis zum Jahr 2010 der Umsatz mit Musik aus dem Internet oder für das Handy auf ein Viertel des Gesamtumsatzes der Plattenfirmen steigen könnte. "Anfang 2004 war ich mehr als skeptisch, da es praktisch keinen legalen Markt für digitale Musik gab", sagte Kennedy. Seitdem habe der Markt aber wirkliche Form angenommen.

Im vergangenen Jahr machten die Plattenfirmen mit digitaler Musik weltweit einen Umsatz von etwa 1,1 Milliarden Dollar (rund 0,90 Milliarden Euro); das entspricht einem Anteil von rund sechs Prozent an ihren Gesamteinnahmen - eine Verdreifachung zum Vorjahr. Zur digitalen Musik gehören dabei Songs, die auf den Computer oder ein Handy geladen werden ebenso wie Klingeltöne oder Musik-Aboservices, die gegen Gebühr das Musikhören erlauben.

Nach Kennedys Ansicht wird auch die CD in etlichen Märkten wieder Zuwachsraten verzeichnen. So sei der Umsatz mit CDs in den USA zuletzt um sieben Prozent gestiegen. Dave Goldberg, verantwortlich für den Musiksektor beim US-Internetdienst Yahoo!, hingegen sieht im digitalen Vertrieb von Musik die einzige Zukunft. "In zehn Jahren ist die CD tot", sagte er in einem dpa-Gespräch in Cannes. Die Plattenbranche rede mittlerweile auch offensiv darüber, wie die CD ersetzt werden könne. "Vor zwei bis drei Jahren haben die meisten noch versucht, die CD gegen digitale Musik zu verteidigen."

Der späte Einstieg in den digitalen Markt sowie das massenhafte Raubkopieren und illegale Tauschen von Musikdateien hat der Branche große Einbußen gebracht. Seit Ende der 90er Jahre verloren die Plattenfirmen weltweit mehr als 20 Prozent ihres Umsatzes, in Deutschland waren es sogar bis zu 50 Prozent. Mit Musikdownload-Shops wie iTunes von Apple oder auch Musik-Abonnementservices wie Napster habe die Branche erst in den vergangenen zwei Jahren angefangen, das illegale Geschäft in ein legales umzuwandeln, sagte Nicoli. "Wir stehen noch ganz am Anfang."

Nach IFPI-Angaben stieg die Zahl der legal herunter geladenen Songs im vergangenen Jahr weltweit von 156 auf 419 Millionen. Auch nutzten immer mehr Menschen Aboservices wie Napster, Rhapsody oder Yahoo! Music Unlimited, wo sie für eine monatliche Gebühr unbegrenzten Zugang zu einem riesigen Musikkatalog bekommen - solange das Abo läuft. Die Zahl der Abokunden nahm binnen Jahresfrist weltweit von 1,5 auf 2,8 Millionen zu. (dpa/tc)