Von 10 GBit/s- bis 100 GBit/s-Ethernet

Welches Gigabit-Ethernet passt?

22.07.2012
Von 
Bernd Reder ist freier Journalist und Autor mit den Schwerpunkten Technologien, Netzwerke und IT in München.

Der nächste Evolutionsschritt: 40- und 100-Gigabit-Ethernet

Mit 40-Gigabit-Ethernet respektive IEEE 802.3ba steht seit 2010 der Nachfolger von 10 GbE bereit. Das IEEE ist bei 40 GbE davon abgekommen, Ethernet in Zehnerschritten weiterzuentwickeln, also von 1-Gbit/s über 10-Gbit/s zu 100-Gbit/s. Dies resultiert daraus, dass zunächst keine passenden Steckverbindungen für Datenraten von 100-Gbit/s zur Verfügung standen. Erste Switches für 40 GbE stehen seit der zweiten Jahreshälfte 2010 zur Verfügung.

Vorausschauend: Der Bedarf an 40 GbE und 100 GbE wird laut Cisco unter anderem durch den starken Anstieg der I/O-Datenraten im Access-Layer wachsen. Allerdings sind derzeit nur wenige Switches im Einsatz, die 40 GbE unterstützen.
Vorausschauend: Der Bedarf an 40 GbE und 100 GbE wird laut Cisco unter anderem durch den starken Anstieg der I/O-Datenraten im Access-Layer wachsen. Allerdings sind derzeit nur wenige Switches im Einsatz, die 40 GbE unterstützen.
Foto: Cisco

Nach Marktdaten von Cisco Systems sind derzeit noch relativ wenige 40 GbE-Switches im Einsatz. Ab 2017 werden dann solche Systeme 10-Gigabit-Switches übertrumpfen, und im Jahr 2018 sind 40-Gbit/s-Systeme Stand der Technik, während 10 GbE-Switches weitgehend von der Bildfläche verschwunden sein werden.

Grund für diese langsame Einführung der 40-GbE-Technologie dürfte primär der Preis sein. So ist es heute in der Regel günstiger mehrere parallele 10-GbE-Strecken aufzubauen als auf eine 40-GbE-Verbindung zu setzen. Das gleiche gilt auch für Unternehmen die sich überlegen von 40 auf 100 GbE zu migrieren.

Keine Änderungen am Netzwerkdesign

Die gute Nachricht ist, dass Ethernet mit 40-Gbit/s keine Änderungen an den höheren Ebenen des Netzwerks erfordert, also an den Netzwerkprotokollen und Anwendungen. Das bedeutet beispielsweise, dass das Rapid Spanning Tree Protocol (RSTP) zur Kopplung von Switches und Routern oder das Open-Shortest-Path-First-Protokoll (OSPF) zwischen Routern auch im Zusammenspiel mit 40- oder 100-Gigabit-Ethernet-Interfaces eingesetzt werden kann. Anwendungen, Server und Storage-Systeme profitieren vielmehr von den im Vergleich zu GbE- oder 10 GbE niedrigeren Latenzzeiten.

Technische Details: die Spezifikationen und maximalen Distanzen für 40 GbE und 100 GbE
Technische Details: die Spezifikationen und maximalen Distanzen für 40 GbE und 100 GbE
Foto: R&M

Anders sieht es jedoch auf der physikalischen Ebene aus. Sowohl 40 GbE als auch die Ethernet-Variante mit 100 Gbit/s erfordern nicht nur neue Switches und Router, sondern auch eine neue Verkabelung und die entsprechenden Schnittstellen (Steckverbindungen). Für den Anwender bedeutet dies, dass er spätestens mit Einführung von 40 GbE und später 100 GbE die Netzwerkinfrastruktur erneuern muss, dass in der Anfangsphase noch mit horrenden Kosten verbunden ist.

Mehr Lanes verwendet

Ein Grund dafür ist, dass bei 40/100 GbE mehr optische Übertragungskanäle (Lanes) verwendet werden als bei 10 GbE. Bei der 40-Gigabit-Version sind es vier Kanäle mit jeweils 10 Gbit/s, bei 100 GbE analog dazu zehn Kanäle. Dagegen verwendet 10-Gigabit-Ethernet zwei Kanäle - einen für das Senden und einen für das Empfangen von Daten. Allerdings ist nicht ganz ausgeschlossen, dass auch für 40- und 100-Gigabit-Ethernet künftig Single-Lane-Technologien entwickelt werden. Stand heute sind jedoch entsprechende Komponenten nicht verfügbar, und damit muss der Anwender eine neue Kupfer- oder Glasfaserverkabelung installieren.

Verkabelung für 10-Gigabit-Ethernet sowie 40- und 100 GbE: In Rechenzentren, in denen 40 GbE oder später 100 GbE eingesetzt werden soll, sind Multimode-Lichtwellenleiter der Kategorien OM3 und OM4 erste Wahl.
Verkabelung für 10-Gigabit-Ethernet sowie 40- und 100 GbE: In Rechenzentren, in denen 40 GbE oder später 100 GbE eingesetzt werden soll, sind Multimode-Lichtwellenleiter der Kategorien OM3 und OM4 erste Wahl.
Foto: Cisco

Im Gegensatz zu 10 GbE mit seinen zwei Glasfasern verwendet 40 GbE zwölf "Fibres": jeweils vier für das Senden und das Empfangen von Daten; vier weitere Lanes beziehungsweise Fasern zwischen beiden Gruppen bleiben ungenutzt. Bei 100 GbE müssen die Lichtwellenleitern 14 Glasfasern bereitstellen: zehn für jede Übertragungsrichtung, während zwei weitere Paare ungenutzt bleiben.

Sowohl 40 GbE als auch 100 GbE erfordern Lichtwellenleiter der Kategorien OM3 (100 Meter Reichweite) oder OM4 (125 Meter). Beide Typen sind laseroptimierte Kabeltypen, die bereits für 10-Gigabit-Ethernet empfohlen wurden und in solchen Netzen eingesetzt werden. Bei der Planung der Verkabelungsinfrastruktur muss sich der Netzplaner heute entscheiden, ob er OM3- oder OM4-LWL einsetzt, die entweder "nur" für 40-Gbit/s oder auch für 100-GBit/s ausgelegt sind. Denn wie erwähnt, weisen die entsprechenden LWL-Versionen unterschiedliche Zahlen von Lanes auf. Im Zweifelsfall werden die Kosten der entscheidende Faktor sein. Wer größeren Wert auf langfristige Zukunftssicherheit legt, wird jedoch eine Verkabelung bevorzugen, die bereits für 100 GbE ausgelegt ist.

QSFP+-Transceiver für 40 GbE

Als Transceiver kommt bei 40-Gigabit-Ethernet in der Regel ein QSFP+-Modell zum Zuge (Quad Small Form Factor Pluggable Plus). Es unterstützt sowohl Kupfer- als auch Glasfaserkabel. Die aktuellen Modelle sind derzeit allerdings nur für 40 GbE ausgelegt. Es sind jedoch Versionen in Vorbereitung, die auch eine 100-GbE-Verkabelung unterstützen.

Wer bereits jetzt auf 100-Gigabit-Ethernet setzen möchte, ist auf CFP-Transceiver (C Form Factor Pluggable) angewiesen. Sie lassen sich in Verbindung mit einer Single-Mode-Verkabelung mit 24 Fasern einsetzen, sind aber auch für Multimode-Glasfaser- und -Kupferkabel erhältlich. Als Alternative forcieren etliche Hersteller CXP-Transceiver. Sie benötigen 3 bis 5 Watt Strom, etwa ein Drittel so viel wie CFP-Modelle. Zudem sind CXP-Steckverbindungen nach Herstellerangaben bis um den Faktor 17 kostengünstiger, wenn die Montagearbeiten vor Ort beim Anwender mit einberechnet werden.

Kupfer für kurze Distanzen

Bei 40 GbE über Kupferkabel sind derzeit QSFP+-Steckverbinder die erste Wahl. Typische Top-of-Rack-Switches sind häufig mit 48 SFP+-Anschlüssen für 10-Gigabit-Ethernet-Verbindungen zu Servern ausgestattet. Hinzu kommen vier QSFP+-Ports für 40-Gbit/s für die Switch-zu-Switch-Verbindungen. Die Möglichkeit, zwischen 10- und 40-Gbit/s umzuschalten, und zwar zwischen Kupfer- und LWL-Kabeln, kann durchaus sinnvoll sein. Dies erleichtert die Migration von 10 GbE zu 40 GbE.

Aus diesem Grund sind etliche Top-of-Rack-Switches mit QSFP+-Ports ausgerüstet, die sich zusätzlich auch als vier 10-Gigabit/s-Interfaces konfigurieren lassen. Das setzt allerdings voraus, dass ein spezielles Glasfaserkabel verwendet wird, das an der einen Seite mit einem QSFP+-Steckverbinder ausgestattet ist und auf der anderen mit vier SFP+-Schnittstellen. Der Anwender hat dann die Option, auf 40 GbE umzustellen, wenn er dies für richtig hält. Bei den DAC-Kabeln zur Verbindung von Servern und Switches über kurze Entfernungen unterstützen die QSFP+-Versionen normalerweise Distanzen von maximal drei Metern. Das ist relativ wenig und dürfte in vielen Fällen nicht ausreichen. Dann bleibt nur der Griff zu Glasfaserkabeln.

Multi-Fibre Push-on als Alternative zu QSFP+

Als Alternative zu QSFP+ bietet sich die "Multi-Fibre-Push-on"-Technik (MPO) mit Mehrfaser-Steckverbindungen an. Nach Angaben des Verkabelungsspezialisten R&M gewinnt MPO in Rechenzentren an Boden - auch deshalb, weil die Kabel vorkonfektioniert angeliefert werden und daher schnell zu montieren sind. Schon mit wenigen Basiskomponenten wie vorkonfektionierten Kassetten, Racks und Trunk-Kabeln lässt sich nach Angaben des Herstellers eine Infrastruktur für 40- oder 100-Gigabit-Ethernet aufbauen.

Weitere Optionen: Einige Hersteller forcieren die Einführung Multi-Fibre-Push-on-Steckverbindungen (MPO) mit parallelen optischen Verbindungen als Alternative zu QSFP+.
Weitere Optionen: Einige Hersteller forcieren die Einführung Multi-Fibre-Push-on-Steckverbindungen (MPO) mit parallelen optischen Verbindungen als Alternative zu QSFP+.
Foto: R&M

MPO-Steckverbinder haben den Vorteil, dass sich auf kleinem Raum 12 oder 24 LWL-Fasern kontaktieren können. Allerdings stellen die parallelen optischen Verbindungen erhöhte Anforderungen an die Planung, Administration und Produktevaluation. So müssen für jeden Link beziehungsweise Channel die Signalrichtung respektive Polaritäten und die Zuordnung der einzelnen Fasern exakt definiert werden. Eine Verbesserung in diesem Punkt bringt die Mechanical-Transfer-Push-On-Technik (MPT) der amerikanischen Firma US Conec. Sie hat eine spezielle Verbindungstechnik entwickelt, die eine einfachere und robustere Positionierung der Fasern an der Steckverbindung erlaubt.