Welches ERP-System soll ans Ruder?

02.08.2006
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Um ihrer Klientel diesen Ärger zu ersparen, setzen die SAP-Verantwortlichen auf ihre Service-Roadmap, die den Anwender auf seinem Globalisierungsweg stützen soll. Im Mittelpunkt stehen dabei die Prozesse, erläutert Stefan Gruler, COO Field Services bei SAP. Prozesse optimieren, umsetzen und betreiben - für diese Phasen biete SAP verschiedene Dienstleistungen an, von einer kompletten Projektbegleitung bis hin zur Bereitstellung einzelner Expertenteams.

Erster Schritt: Referenzsystem

Die Globalisierung eines Kunden beginnt für SAP mit dem Bau eines Referenzsystems. Dabei müsse geklärt werden, wie weit sich die Geschäftsabläufe in den verschiedenen Ländern harmonisieren und die finanzrechtlichen Regularien sowie Geschäftsgepflogenheiten im System abdecken lassen, erläutert Gruler. Auch die Art der Firmensteuerung müsse zu Beginn des Projekts im Referenzsystem festgelegt werden - abhängig von den jeweiligen Branchen. Beispielsweise werde die ölverarbeitende Industrie von Haus aus zentraler gesteuert, während Firmen, die mit ihren Produkten näher am Endkunden sind, mehr Flexibilität für Anpassungen in den Ländern benötigten.

Multisite- oder Mehr-Mandanten-Lösung?

Auch die Architektur eines ERP-Systems muss zur jeweiligen Globalisierungsstrategie des Unternehmens passen. Grundsätzlich unterscheidet man Multisite- und Mehr-Mandanten-Systeme, erläutert Werner Schmid von GPS. Die klassischen Produkte etwa von SAP, Oracle und Baan arbeiten mit einer Datenbank, in der sich zwar verschiedene Außenstellen abbilden lassen, aber mit zentral gesteuerten Prozessen. Bestimmte Abläufe müssen in allen Lokationen beziehungsweise Buchungskreisen gleich funktionieren. Regeln geben vor, wie beispielsweise mit Stammdaten zu Kunden, Artikeln und Lieferanten umzugehen ist. Diese Architektur verlangt eine zentrale und vor allem stringente Planung und Steuerung.

Mehr-Mandanten-Systeme sind voneinander entkoppelt und lassen den Anwendern wesentlich mehr Freiheiten. Mittels Replikation können Informationen zwischen den Datenbanken der verschiedenen Niederlassungen hin- und hergeschoben werden. Prozesse und Parameter lassen sich eigenständiger und flexibler einstellen und steuern. Ob dieses Modell einen Mittelständler, der kaum Ressourcen für eine zentrale Steuerung besitzt, per se in seinen Globalisierungsbemühungen unterstützt, bezweifelt Schmid. Wenn zuletzt jede Zweigstelle nach ihren eigenen Regeln lebt, wird es schwierig, den Überblick zu behalten. Daher verlangt auch diese Architektur von den Anwendern, schon im Vorfeld Strukturen und Regeln für den künftigen IT-Betrieb über die Landesgrenzen hinweg zu entwickeln

Im Zuge dieser Prozessharmonisierung lasse sich die IT-Infrastruktur effizienter einrichten, so dass am Ende für den Kunden eine kostengünstigere Lösung herausspringe, stellt Gruler in Aussicht. Auch das Bestreben, die Total Cost of Ownership (TCO) zu senken, spiele für die Kunden nach wie vor eine wichtige Rolle. Firmen steckten oft in dem Dilemma, auf der einen Seite Innovationen für weiteres Wachstum anstoßen zu müssen, auf der anderen Seite aber wegen des Wildwuchses in der eigenen IT viel Geld für den Betrieb der Systeme zu brauchen.