Weiterbildung: Auch über 40 geht noch was

06.06.2007
Von 
Michael Schweizer ist freier Autor in München.

Blick auf die Qualität der Weiterbildung

Danilo Kurpiela, Cert-IT: "Ein Bildungsträger muss wissen, was auf dem Arbeitsmarkt passiert."
Danilo Kurpiela, Cert-IT: "Ein Bildungsträger muss wissen, was auf dem Arbeitsmarkt passiert."

Bildungsträger, die die Teilnahme an ihren Kursen von den Agenturen für Arbeit gefördert haben möchten, müssen ihr Angebot zertifizieren lassen. Eine "fachkundige Stelle" muss ihnen die Qualität entsprechend der Anerkennungs- und Zulassungsverordnung Weiterbildung (AZWV) des Bundeswirtschaftsministeriums bescheinigen. Eine dieser Stellen ist die Cert-IT in Berlin. Der stellvertretender Leiter Danilo Kurpiela schildert das Prozedere: Wer zertifiziert werden will, muss zunächst einmal schriftlich darlegen, wie er die Kriterien aus der AZWV erfüllt – "wie funktioniert die Leistungserbringung, wie ist die technische und räumliche Ausstattung, wer sind die Trainer. Es wird auch darauf geachtet, dass der Träger den Arbeitsmarkt im Blick hat." Ist die schriftliche Bewerbung akzeptiert, überprüft Cert-IT die Maßnahme vor Ort. Das Zertifikat gilt drei Jahre, Cert-IT kontrolliert das Angebot aber jährlich bei einem weiteren Besuch. Das Risiko, dass Cert-IT von einem Bewerberunternehmen getäuscht wird, hält Kurpiela für "gleich null".

Wolfgang von Berg, Synergie: "Wenn wir eine Informationsveranstaltung für 25 Leute organisieren, haben nur sechs oder sieben Interesse."
Wolfgang von Berg, Synergie: "Wenn wir eine Informationsveranstaltung für 25 Leute organisieren, haben nur sechs oder sieben Interesse."

Cert-IT bietet Einzelnen auch 29 berufsbegleitende Zertifizierungen zum "IT-Spezialisten" an. Laut Kurpiela sind "30 Prozent der Teilnehmer über 40, das ist in der IT viel". 50 Prozent der Betriebe in Deutschland beschäftigen niemanden, der älter ist als 50 Jahre. 55 Prozent der 55-Jährigen und Älteren sind nicht mehr berufstätig. 2005 waren 1,2 Millionen Menschen ab 50, davon 580.000 ab 55, arbeitslos gemeldet. Die Weiterbildung Arbeitsloser wird staatlich gefördert, wenn sie der Wiedereingliederung dient.

Der Berater Wolfgang von Berg organisiert zusammen mit der Synergie Vertriebsdienstleistung aus Bonn die geförderte Qualifizierung "Fit for Business pro 50" für Arbeitslose, die mindestens 50 Jahre alt sind. Die sechs Module können auch einzeln belegt werden. Sie reichen vom Umgang mit Microsoft Office bis zum Projekt-Management und erstrecken sich insgesamt über ein halbes Jahr. Pro Woche gibt es zwei Präsenztage, an denen auch Coaching angeboten wird. Drei Tage lernen die Teilnehmer von zu Hause via Bildschirm im virtuellen Klassenzimmer ("Live Online"). Als entscheidendes Merkmal nennt von Berg das Niveau: "Wir haben das Übungsunternehmen EIGRENYS gegründet, bei dem sich die Teilnehmer zum Beispiel auch simuliert bewerben können. Die Gespräche finden dann nicht im Klassenzimmer statt, wo die anderen Teilnehmer kichern, sondern in Ruhe und ganz ernsthaft."

Detlev Friedrich: "Web-basierende Applikationen und der Gedankenaustausch mit anderen bewogen mich, noch einen Kurs zu besuchen."
Detlev Friedrich: "Web-basierende Applikationen und der Gedankenaustausch mit anderen bewogen mich, noch einen Kurs zu besuchen."

Aufgrund früherer Erfahrungen rechnet von Berg mit einer Vermittlungsquote von mindestens 50 Prozent. Angesichts dessen fragt er sich, warum es manchmal nicht einfach ist, die nötigen 20 Teilnehmer zusammenzubringen: "Wenn wir eine Informationsveranstaltung für 25 Leute machen, haben nachher nur sechs oder sieben Interesse. Das wundert uns dann schon."

Detlev Friedrich lockten Kursthemen wie Web-basierende Applikationen und der "Gedankenaustausch" mit anderen, die arbeitslos gemeldet sind. Sein Hauptgrund, bei Fit for Business pro 50 einzusteigen, waren aber die in Aussicht gestellten guten Vermittlungschancen. Der 54-jährige studierte Betriebswirt (Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik), der lange als IT-Projekt-Manager geabeitet hat, sucht wie die meisten anderen Teilnehmer eine Festanstellung. Falls es damit nicht klappen sollte, denkt er aber auch an Selbständigkeit.

Live Online gefällt ihm. Die Teilnehmer bekommen Headset und Mikrofon und können sich von ihren häuslichen Bildschirmen aus unterhalten wie in einem normalen Klassenzimmer – oder doch anders: "Der Dialog ist besser als in den Präsenzveranstaltungen. Jeder kommt zu Wort, alle lassen sich ausreden." (ka)