Mehr Software fürs Büro wäre wünschenswert

Weidmüller setzt Apple-Rechner in allen Unternehmensbereichen ein

12.06.1992

Bob Mcintosh ist Berater Informatik-Service, Hans-Dieter Peemöller ist Geschäftsbereichsleiter Informatik und Logistik bei der Weidmüller Interface GmbH & Co. in Detmold.

Weidmüller Interface setzt Arbeitsplatz-Rechner (APR) unterschiedlicher technischer Architektur, mit unterschiedlichen Anwendungsschwerpunkten und im Netz mit verschiedenen Host-Rechnern beziehungsweise Workstations ein. Entsprechend der technischen Architektur sprechen wir vereinfacht von "Host-Welt", "WS-Welt", "Mac-Welt" oder "DOS-Welt".

Geht es um "mehr Produktivität im Büro", so hat sich Weidmüller Interface in Detmold in den letzten sechs Jahren auf die "Mac-Welt" konzentriert. Vor sechs Jahren begann mit einzelnen Geräten der Einsatz von Apple-Macintosh-Rechnern bei Weidmüller Interface. Bis dahin waren in erster Linie Host-Systeme und vereinzelt DOS-PCs installiert. Insbesondere die aufwendige Bedienung des Betriebssystems DOS und die schwerfällige Handhabung der Anwendungssoftware führten zum Test der Macintosh-Rechner. Die Begeisterung der Mitarbeiter für diesen Rechnertyp war so groß, daß viele DOS-Rechner schrittweise abgelöst wurden.

Betriebssystem von 1984 bis 1991 unverändert

Zur Zeit arbeiten über 230 Mac-Computer miteinander. Sie sind Teil des Token-Ring-Netzes und dadurch verbunden mit dem Zentralrechner IBM-ES/9000 (LAN), mit einer IBM-AS/400 und dem Netzwerk der IBM-RS/6000-Workstations, von denen unter anderem CAD-Zeichnungen auf Macs übertragen werden. DOS-Rechner werden überwiegend stand-alone im Bereich der Prozeß-DV (Labors und Fertigung) eingesetzt. Nur noch wenige DOS- beziehungsweise OS/2-Rechner kommen für Schreibtisch-Arbeiten zum Einsatz.

Die Apple-Rechner sind in allen Unternehmens- und Geschäftsbereichen der Firma und damit in verschiedenen Werken in Detmold, Rödermark sowie Gaggenau in unterschiedlicher Anzahl beziehungsweise Nutzungsbreite installiert. Sie kommunizieren über hauseigene und Postnetze. Die Dokumenten- und Nachrichtenübertragung (Electronic Mail) erfolgt mit Hilfe der Software "Quickmail".

Zum Einsatz kommen je nach Anwendungszweck Mac-Rechner aller Klassen: Macintosh SE 30 beziehungsweise Classic II, Mac LC, Mac II ci, Mac II fx, Quadra 900, PowerBook 170 und mehrere Laserdrucker.

Die Verbindung zum Token Ring erfolgt hauptsächlich über Gateways von der Firma Avatar, aber auch vereinzelt als Einzelplatz-Anschluß direkt an eine IBM-Steuereinheit.

Das Mac-Netz wurde schrittweise seit 1986 mit der jeweils neuesten Gerätetechnologie aufgebaut. So arbeitet der erste bei Weidmüller Interface eingesetzte Mac (Mac-Plus) noch heute im Netz. Eine Netzwerkänderung, ein Hardware-Austausch oder eine Konfigurationsänderung aufgrund von Änderungen der Hard- und Softwaretechnologie waren bisher nicht erforderlich.

Die Installation hat sich damit als sehr investitionssicher erwiesen. Hauptgrund für diesen Investitionsschutz ist das Apple-Betriebssystem, daß 1984 bis 1991 trotz neuer SW-Entwicklungen nicht geändert werden mußte.

Selbst die Umstellung auf das neue Betriebssystem 7.0 kann schrittweise im Netz erfolgen. Das heißt, im Netz laufen für eine gewisse Zeit zwei Betriebssysteme (6.x und 7.x). Alle bei uns eingesetzten Anwendungsprogramme tolerieren dies. Für den Bereich Informatik bedeutet die "Mac-Welt" eine Vereinfachung ihrer Informations-Management-Aufgaben, die sich natürlich auch im Budget auswirkt.

Andere Architekturkonzeptionen haben sowohl bei Arbeitsplatz-Rechnern, als auch bei Workstations und Host-Rechnern in der letzten Zeit eine wesentlich kürzere technologische Lebensdauer gezeigt. Die Vielzahl von Updates und Inkompatibilitäten, insbesondere in der "DOS-Welt" erfordert einen wesentlich höheren Betreuungsaufwand. Auch die Reklamationsrate bezüglich der gelieferten Hardware ist in der "Mac-Welt" geringer als in der "DOS-Welt".

Hinsichtlich der Sicherheit des Macintosh-Netzes gelten streng einzuhaltende Richtlinien, die den unbefugten Zugriff, das Einschleusen von Viren und den allgemeinen Datenverlust verhindern sollen. Die Einhaltung dieser Richtlinien wird in jährlich zweimal stattfindenden Datenschutz-Kontrollen überprüft.

Weidmüller setzt für gleiche Ausgaben auf den Macs stets dieselbe Software ein: für Text-, Tabellen-, Grafik- und Bilddokumenten "Ragtime", für Projekt-, Urlaubs- und andere Pläne "Termgraph" oder "Keyplan", für die elektronische Post "Quickmail", für die Erstellung eigener Anwendungsprogramme "Hypercard", für Bilder und Skizzen "Canvas".

Die Konzentration auf wenige, einfach zu handhabende Programme hat sich bewährt. Schulungen für die Mac-Bedienung und die allgemeine Anwendungssoftware waren bisher nicht erforderlich. Gelernt wird durch Ausprobieren, durch Erfahrungsaustausch und durch Dokumentenbearbeitung in Gruppen. Außerdem gelten die Prinzipien "Hilfe zur Selbsthilfe" und "Jeder hilft jedem".

Einige Mac-Arbeitsplätze haben spezielle Anwendungssoftware, zum Beispiel "Maccontrol" für ein Executive Information System für den Bereich Marketing und Verkauf und für Controlling-Aufgaben (mehrdimensionale, grafikorientierte Datenbank). BOSS-Office sorgt für die gesamte Auftrags- und Versandabwicklung, Materialwirtschaft und Produktionssteuerung, "Camp l" für CAD und technische Dokumentation. Quarkxpress organisiert die Grob-Layout-Gestaltung und den elektronischen Datenaustausch mit Druckereien.

Hier sind Schulungen erforderlich. Der Schlungsaufwand ist jedoch gering, da die Software bereits bekannte, Mac-übliche Bedienungselemente verwendet.

Um das Mac-Netz vor Viren zu schützen, darf nur lizenzierte und vom Bereich Informatik freigegebene Software installiert werden. Spiele gehören nicht auf den Arbeitsplatz-Rechner.

Wie schon erwähnt, kommen die Mac-Rechner bei Weidmüller Interface für alles, was sich sinnvoll, das heißt schneller, qualitativ besser und kostengünstiger, mit dem Macintosh verrichten läßt, zum Einsatz.

Zusammengefaßt einige Anwendungsbeispiele:

- normale Arbeitsplatz-Organisation jeglicher Art (Korrespondenz, Analysen, Planungen, Terminpläne, Dokumentationen etc.),

- Ersatz der Host-Terminals (mit File-Transfer) für Host-Anwendungen wie PPS, Personalabrechnung, Buchhaltung, Kostenrechnung,

- Qualitätssicherungs-Handbuch, Werksrichtlinien,

- Vorbereitung Technischer Datenblätter (mit Übernahme von Catia-Zeichnungen),

- Werksbücherei,

- betriebliches Vorschlagswesen,

- Controlling (mit Host-FileTransfer),

- Marketing-Berichtswesen und Verkaufsanalysen (mit Host-Filetransfer),

- Marktforschung (Anschluß an externe Datenbank),

- Auftrags-, Lager- und Einkaufsabwicklung in einem Unternehmensbereich,

- Personalstatistik (mit Host-Filetransfer),

- Bewerber-Informationssystem,

- betriebliche Unfallberichte,

- Produktinformationssystem,

- Inhouse-Telefonverzeichnis,

- Präsentationen,

- Katalog-Vorbereitungen etc.

Die Mac-Rechner haben sich bei Weidmüller Interface bewährt und sind deshalb zur Basis für die Büroautomatisierung geworden.

Viele von der DOS- in die Mac-Welt umgestiegen

Die Mitarbeiter nutzen diese Geräte für ihre persönliche Produktivitätssteigerung. Sehr viele Mitarbeiter sind von der "DOS-" in die "Mac-Welt" umgestiegen. Einige haben sich auch privat einen Mac-Computer angeschafft.

Die erfolgreiche Einführung und nachweisbar produktive Nutzung dieser Technologie wurde unter anderem ermöglicht beziehungsweise begünstigt und gefördert durch die Unternehmenskultur, in der die Themen Selbstorganisation, Teamarbeit, Komplettbearbeitung, Qualitätszirkel, Organisationsentwicklung, flexible Arbeitszeit etc. keine Schlagworte sind. In dieser Kultur nutzen auch Chefs ihre Macs intensiv und erfolgreich, auch für die innerbetriebliche Kommunikation.

Für die stärkere Mac-Nutzung und die Erweiterung des Mac-Netzes sind folgende Aktivitäten geplant:

- elektronischer Dokumentenaustausch mit Druckereien (für Produktinformationen, Kataloge, Preislisten etc.).

- die technischen Voraussetzungen sind seit einiger Zeit vorhanden, auch unsere Werbeagentur arbeitet bereits mit Macs;

- elektronische Nachrichten zwischen den Weidmüller-Gruppenunternehmen weltweit - in diesem Zusammenhang ist eine Verbindung der "Mac-Welt" mit der "DOS-Welt" geplant;

- im Rahmen der Dezentralisierung der Unternehmensstruktur werden immer mehr Analyse- und Berichtsarbeiten dezentralisiert - hierfür kommen immer häufiger die Mac-Rechner zum Einsatz, die Host-Nutzung geht in gleichem Maße zurück;

- schrittweiser Wegfall beziehungsweise Verlagerung von Tätigkeiten aus den Sekretariaten;

- Reduktion der papiermäßigen Erstellung und Verteilung von Kurzzeit-Informationen durch Einsatz des elektronischen Briefkastens (für Mitteilungen, die nicht aufbewahrt werden müssen);

- Fortführung der schrittweisen Umstellung von Apple Betriebssystem 6.x auf 7.x.

- Durchführung von Multimedia-Pilotprojekten, um die neu entstehenden Werkzeuge für den betrieblichen Einsatz zu analysieren - anfangs wird Multimedia beim Aufbau eines Produktinformation-Systems getestet, die Projektarbeit erfolgt in Zusammenarbeit mit externen Multimedia-Fachleuten.

Keine negativen Erfahrungen

Über negative Erfahrungen mit der "Mac-Welt" kann nichts berichtet werden.

Dies kommt sicher daher, daß wir unsere Mac-Erfahrungen mit unseren Erfahrungen aus anderen Rechnerwelten vergleichen. In diesem Vergleich, den wir hier nur für das Thema "Mehr Produktivität im Büro" anführen, schneidet die "Mac-Welt" mit Abstand am besten ab.

Dennoch können wir an dieser Stelle über Erfahrungen berichten, die im Rahmen des Informations-Management, nämlich beim Einsatz moderner IuK-Technologien zur Produktivitätssteigerung im Büro, gemacht wurden.

Noch zuwenig Software für den Bürobereich

Aus unserer Sicht unternimmt Hersteller Apple zuwenig (zumindest in Deutschland), um den Einsatz der Macs im Büro als Produktivitätswerkzeug zu fördern. Dadurch entsteht zu langsam neue Software für den Anwendungsbereich Büro.

Gemeint ist auch der Einsatz des Mac-Powerbook im Außendienst. Apple hat die idealen Voraussetzungen für "Audius" (Außendienst-Unterstützungssystem, und nutzt die Stärken der Hard- und Betriebssoftware zur Zeit nicht.

Die Händlerorganisation ist nicht in der Lage, teilweise vielleicht auch nicht bereit, Full-Service und Beratung für den effizienten Einsatz der Rechner im Sinne einer Produktivitätssteigerung im Büro zu erbringen. Wir haben dies mit vielen Händlern und Systemhäusern besprochen. Gemeint ist hier nicht nur der rein technische Service der Reparatur von Geräten, sondern Thema sind Dienstleistungen, die von der Installationsberatung über die betriebsorganisatorische Beratung bis hin zur kompletten Netzwerkverwaltung inklusive Ferndiagnose und Fernhilfe gehen. Wir kennen Fälle, in denen weder der Workstation-Hersteller noch der Händler, oder der Softwarelieferant in der Lage waren, Workstations mit Macs im Netz zu verbinden. Dabei ist das eine sehr einfache Angelegenheit.

Beratung und Full-Service für das Thema "Mehr Produktivität im Büro" wünschen nach unserer Kenntnis sehr viele Firmen. Denn sie wollen aus den Hard- und Software-Investitionen eine nachweisbare Produktivitätssteigerung beziehungsweise Kostensenkung im Büro ableiten. Dies ist nach unserer Erfahrung und unseren Beobachtungen in den USA durchaus möglich.

Unternehmensprofil

Weidmüller - dieser Name steht für eine internationale Unternehmensgruppe, die weltweit mit über 5000 Mitarbeitern mehr als 750 Millionen Mark Umsatz erzielt.

Weidmüller entwickelt und fertigt Produkte für die elektrische und elektronische Verbindungstechnik. Weidmüller-Produkte verbinden, messen und steuern elektrische Energie - vor allem jedoch in der Investitionsgüter-Industrie, im Maschinen- und Anlagebau.

Das Produktspektrum von Weidmüller reicht von Verbindern über elektronische Schnittstellen-Bausteine bis zur Sensorik, es ist Basis für komplette Systemlösungen.