Weg mit der defensiven Sparlogik!

05.01.2006
Von Prof. Peter Bienert

Eine Schlüsselrolle in der Planungsphase spielt die enge Koordination mit der IT-Architektur. Anforderungen dürfen nicht linear auf die Liste der geplanten Vorhaben übertragen werden. Vielmehr ist eine bereichsübergreifende Bündelung aller Anforderungen nach funktionalen Leistungsgruppen wie dem Domänenmodell einer Service-orientierten Architektur nötig, um Prioritäten aus der Gesamtsicht des Unternehmens zu gewinnen.

"Hat sich die Einführung eines neuen CRM tatsächlich gelohnt?" - "Wie haben sich unsere Wartungskosten gemessen an der Funktionsmenge entwickelt?" - "Rechnet sich Outsourcing im Vergleich zu unserer eigenen Effizienz?". Die Antworten auf diese Fragen schaffen Transparenz. Doch die hat ihren Preis: Portfolio-Management heißt Systematik, Priorisierung und durchgängige Kontrolle. Damit ist es der natürliche Feind von persönlichen Vorlieben, Abteilungsdenken und rein technischen Motiven. Es kratzt an etablierten organisatorischen Strukturen. Deshalb wird es nur in enger Verbindung zu einer strategisch verstandenen IT-Governance wirksam, die weit über eine Kontrollstruktur zur Erfüllung regulatorischer Vorgaben hinausgeht.

In den meisten Unternehmensbereichen ist die Verfolgung komplexer KPIs wie Umschlagshäufigkeit, Kapitalbindung und Lohnstückkosten gang und gäbe. Die IT hingegen muss an dieser Stelle Neuland betreten. Es lohnt sich: Leistungsnachweise sind eine felsenfeste Argumentationsbasis für Projekte, deren Mehrwert bisher nur schwer zu begründen war.

Schwer fällt jedoch die Suche nach passenden Kriterien für Leistung und Mehrwert. Die korrekte Ermittlung aller Eingangswerte ist ein Killerkriterium. Zu suchen ist ein Kompromiss zwischen soliden Aussagen mit ausreichendem Detailgrad und einem an der betrieblichen Realität orientierten Ermittlungsaufwand. Um den betrieblichen Ablauf nicht unnötig zu belasten, sollte die automatisierte Datenerhebung bevorzugt werden, beispielsweise durch Integration mit einer Helpdesk-Anwendung oder Auswertung von Zugriffs- und Nutzungsprofilen.

Schätzverfahren öffnen einen neuen Blick auf die IT

IT lässt sich schlecht in Zeit, Gewicht, Stückzahl oder Volumen messen. Kostenschätzungsverfahren wie die Function-Point-Methode bilden hier eine solide Basis, fristen aber immer noch ein Schattendasein. Dabei öffnen sie bei konsequenter Anwendung einen neuen Blick auf die IT: Was von einem Offshore-Angebot zu halten ist, das 200 Dollar pro Function-Point bei einer Fehlerbeseitigungsrate von 92 Prozent vor Erstauslieferung kostet, erschließt sich erst im Zusammenhang mit Vergleichsgrößen aus dem eigenen Haus.