Weder AMD noch SGS Thomson verletzen die Rechte des Chipgiganten Zwei US-Richter entscheiden im Patentstreit gegen Intel

20.01.1995

MUENCHEN (CW) - Intel musste vor Gericht die zweite Niederlage innerhalb von zwei Wochen hinnehmen: Weder AMD noch SGS Thomson verstossen gegen die Patentrechte des groessten Prozessorherstellers, urteilten der oberste Gerichtshof in Kalifornien beziehungsweise ein Bezirksrichter in Sherman im US-Bundesstaat Texas. Gegen beide Urteile kann Intel noch Berufung einlegen.

Am Freitag, den 30. Dezember 1994 entschied der Supreme Court of California, dass AMD das Recht habe, 386-Prozessoren von Intel nachzubauen. Der entsprechende Vertrag von 1982 sei gueltig.

1982 hatten Intel und AMD vereinbart, in Zukunft bestimmte Bauteile eines Mikroprozessors gemeinsam herzustellen und die dafuer noetigen Plaene auszutauschen. Selbst einzelne Produktionsschritte wollte man abstimmen.

Fuenf Jahre spaeter aber zerstritten sich die beiden Firmen, weil Intel AMD vorwarf, nur Nutzniesser des Vertrages gewesen zu sein, ohne eine Gegenleistung zu erbringen. Intel kuendigte das Abkommen und ging vor Gericht, um AMD die fortgesetzte Nutzung der Produktionstechniken zu untersagen.

Der Prozess zog sich fuenf Jahre hin, bis 1992 der Schlichter John Phelps entschied, dass AMD tatsaechlich den Vertrag verletzt habe. Gleichzeitig stellte er jedoch klar, dass auch Intel unredlich gehandelt hatte, als die Firma das Abkommen kuendigte. Deshalb duerfe AMD weiterhin Prozessoren mit Intel-Technik nachbauen.

Diese Erlaubnis hatte in der Berufung keinen Bestand. Erst eine weitere Runde vor Gericht brachte die jetzige Entscheidung: Beide Firmen haetten gegen den Vertrag verstossen, so dass AMD die Kenntnisse auch in Zukunft nutzen koenne, die das Unternehmen bis zur Kuendigung erhalten habe.

Diese Entscheidung betraf allerdings nur den direkten Nachbau der 386-Prozessoren von Intel, die heute kaum noch zum Umsatz der beiden Kontrahenten beitragen. Fuer Intel wesentlich schmerzlicher, weil teurer, war ein Richterspruch aus dem Maerz 1994, nach dem AMD auch Teile des Mikrocodes der x86-Prozessorbaureihe benutzen darf. Diese Entscheidung wurde zwar in der Zwischenzeit auch wieder teilweise revidiert, doch gingen Intel nach eigenen Angaben dadurch rund eine Milliarde Dollar an Lizenzgebuehren verloren, schreibt das "Wall Street Journal".

Mit beiden Urteilen koennte sich AMD ueber die Zeit retten, bis der neue Prozessor "K5" fertiggestellt ist. Wenn er ab 1996 Profit bringt, sind alle Streitigkeiten der Vergangenheit hinfaellig: Nach eigenen Angaben verwendet AMD im K5 keine Teile von Intels x86- CPUs.

Auch SGS Thomson NV ist vorerst aus dem Schneider: Intel hatte das Unternehmen verklagt, weil der Konkurrent besondere Vorteile erlange, wenn er einerseits ein Cross-Licence-Abkommen mit Intel unterhalte und andererseits gleichzeitig Intel-Prozessoren nachbaue. Das Know-how fuer die Chipfertigung und Chipkonstruktion, das SGS Thomson infolge des Abkommens erlange, duerfe die Firma nicht nutzen, um selbst in direkte Konkurrenz zu Intel zu treten. Doch genau das hatte der franzoesische Chiphersteller im Sinn, schreibt der Brancheninformationsdienst "Computergram", als er im vergangenen Jahr die amerikanische Firma Mostek uebernahm, die das Recht hat, Intels 486-Prozessoren nachzubauen. Der Federal District Court in Sherman entschied jetzt, dass SGS Thomson die Rechte von Mostek nutzen koenne, auch wenn das Intel schade.