Windows Vista ist der "Tech Turkey 2007"

Webdienste und Gadgets stehlen dem PC die Schau

27.11.2007
Das Hightech-Jahr 2007 erlebte gleich im Januar einen spektakulären Auftakt: Fünf Jahre nach der Vorstellung von Windows XP präsentierten Bill Gates und Steve Ballmer in New York das überfällige neue Microsoft-Betriebssystem Windows Vista. Nach einer rauschenden Premierenfeier am Times Square klang allerdings der Rummel um Vista schnell wieder ab.

Stellvertretend für viele Kritiker kürten nun die beiden US-Starblogger Tom Merritt und Wolly Wood von "Cnet" die Microsoft-Software zum "Tech Turkey 2007", also zum Superflop des Jahres. "Klar gibt es Leute, die Vista einsetzen und sehr zufrieden damit sind. Aber es gibt so viele Probleme mit Gerätetreibern. Schwierigkeiten, einen Drucker zum Laufen zu bringen, Sicherheitslöcher. Das ist ein Wahnsinn", urteilte Merrit in seinem Podcast "Buzz Out Loud".

Viele Unternehmen lassen Umfragen zufolge Vista aus, verwenden weiter XP und warten auf "Windows 7".
Viele Unternehmen lassen Umfragen zufolge Vista aus, verwenden weiter XP und warten auf "Windows 7".
Foto: Microsoft

Anders noch als vor zwölf Jahren, als Microsoft den PC-Markt mit Windows 95 aufrüttelte, spielen PC-Betriebssysteme im Alltag der Computeranwender keine dominante Rolle mehr. Das hängt zum einen damit zusammen, dass Systeme wie Windows, Linux oder Mac OS X in ihrer Funktionalität sich immer ähnlicher werden. Es liegt aber auch daran, dass etliche Anwendungen vom PC ins Netz gewandert sind. Videos kommen über Webdienste wie YouTube oder Sevenload ins Haus. Geschäftliche Kontakte werden über Business-Plattformen wie Xing oder LinkedIn geknüpft, Studenten und Schüler "gruscheln" bei StudiVZ oder SchülerVZ. Und das funktioniert auf einem Vista-PC genau so gut wie auf einem Rechner mit Windows XP, Linux oder Mac OS X.

Das iPhone - revolutionär weniger durch seine Technik als seine Benutzerführung.
Das iPhone - revolutionär weniger durch seine Technik als seine Benutzerführung.
Foto: Apple

Aber nicht nur die "Web-2.0"-Anwendungen stehlen dem PC die Schau: Eine neue Generation von Kleinstcomputern wie das Nokia-Handy N95 oder das iPhone von Apple buhlt um die Aufmerksamkeit der User und übernimmt Aufgaben, die früher dem PC vorbehalten waren. Mit den neuen Super-Gadgets kann man nicht nur unterwegs telefonieren, Musik hören oder Videos anschauen, sondern auch E-Mails abrufen, im Web surfen oder digitale Landkarten darstellen.

Insbesondere das iPhone von Apple dominierte über viele Monate hinweg die Schlagzeilen - nicht nur bei den High-Tech-Magazinen und Weblogs. Der Marktstart des iPhone Ende Juni in den USA wurde von den PR-Profis von Apple landesweit als ein gigantisches Festival inszeniert, bei dem Tausende von Gadget-Liebhabern in den langen Schlangen von den Apple-Stores freiwillig die Rolle der Statisten annahmen. "Time Magazine" kürte schließlich das iPhone zur "Innovation des Jahres". Doch bei allem Erfolg erwies sich Apple-Chef Steve Jobs als nicht unfehlbar. Als er nur zwei Monate nach der iPhone-Premiere den Preis des "Wunder-Handys" drastisch von 599 Dollar auf 399 Dollar senkte, tobte die Menge der Erstkäufer und musste mit einem 100-Dollar-Geschenkgutschein besänftigt werden.

Den Eee PC von Asus gibt es mit Linux oder Windows.
Den Eee PC von Asus gibt es mit Linux oder Windows.
Foto:

Den Trend zu handlichen Kleinstcomputern greifen mittlerweile auch traditionelle PC- und Laptophersteller wie Sony und Samsung auf. Die ersten "Ultra Mobile PCs" waren zwar im Jahr 2007 nur mäßig erfolgreich. "Zu teuer, zu wenig Power", beklagten die ersten Anwender. Doch für 2008 wurden zahlreiche Neuauflagen der UMPCs angekündigt, die dann nicht mehr die Kinderkrankheiten der ersten Generation haben sollen. Und Asus sorgt mit seinem "Eee PC" für Schlagzeilen, der neben Windows auch mit Linux läuft.

Zu den Aufsteigern des Jahres gehört neben Apple auch der japanische Elektronikkonzern Nintendo, der vor einem Jahr seine Spielekonsole Wii auf den Markt brachte. Während die Platzhirsche der Branche - Sony mit der Playstation 3 (PS3) und Microsoft mit der Xbox 360 - auf immer leistungsfähigere Grafikchips setzen, überraschte Nintendo mit einem originellen Spielekonzept. Bei dem drahtlosen Controller der Wii messen eingebaute Sensoren die Bewegungen des Spielers und steuern damit die Spielfiguren auf dem Bildschirm. In Kombination mit innovativen Sportspielen überholte die Wii mit Leichtigkeit die technisch überlegene Konkurrenz von Sony und Microsoft. "Die Wii ist das ideale Spielgerät für die gewöhnlichen Anwender, die nicht über die Fertigkeiten, die Geduld oder das Interesse verfügen, um sich in einem komplexen Videospiel zurechtzufinden", schreibt Walt Mossberg, einflussreicher Kolumnist des "Wall Street Journal".

Nintendos Wii glänzt mit neuer Steuerung und cleveren Spieleideen.
Nintendos Wii glänzt mit neuer Steuerung und cleveren Spieleideen.
Foto: Nintendo

Die beiden großen Nintendo-Konkurrenten versuchen nun, mit Onlinediensten den Erfolg der Wii zu kontern. Microsoft hat hier bislang die Nase weit vorn. Jeder zweite Käufer einer Xbox 360 hat sich schon beim Onlinedienst Xbox Live angemeldet, um über das Netz gegen andere "Gamer" anzutreten. Sony hat für 2008 für die Playstation 3 eine Online-Plattform "Home" angekündigt, in der sich die Spieler - ähnlich wie in der virtuellen Onlinewelt "Second Life" - bewegen können. Und auch für Xbox Live und Sony Home benötigt man keinen eigenen PC mehr. (dpa/tc)