Web-Services verändern die Weltwirtschaft

24.11.2003
Von Holger Silberberger
Auf Dauer beeinflussen Web-Services massiv die Kommunikationsstrukturen zwischen Unternehmen. Sie sind die treibenden Kräfte einer neuen weltweiten Arbeitsteilung.
Fotos: Argum
Fotos: Argum

Kein Thema vermag die IT-Branche zurzeit derart zu begeistern wie Web-Services. Völlig zu Recht, denn anders als Strohfeuer-Technologien der vergangenen Jahre hat das Modell der flexibel über alle System-, Firmen- und Standortgrenzen hinweg austausch- und kombinierbaren Softwarebausteine das Potenzial, der Weltwirtschaft ein völlig neues Gesicht zu verleihen. Nur das Verständnis für die strategischen Auswirkungen dieser Entwicklung ist in so mancher Vorstandsetage noch gefährlich schwach ausgeprägt. Dabei sollte schon heute gelten: Web-Services sind Chefsache.

Die Zurückhaltung IT-fremder Manager gegenüber Web-Services hat gute Gründe. Da ist natürlich die allgemeine Investitionsvorsicht angesichts einer schwächelnden Konjunktur. Mancherorts wirken Enttäuschungen über Softwareprojekte nach, die deutlich hinter den vollmundig geäußerten Erwartungen zurückgeblieben sind. Ein tiefes Misstrauen gegenüber allen weiteren Forderungen und Ideen aus den Reihen der IT-Organisation ist die Folge. Hinzu kommt, dass Web-Services bisher häufig für Anwendungen zum Einsatz kommen, bei denen sie ihre Vorzüge nicht ausspielen und traditionellen Softwarearchitekturen eher unterlegen sind.

Abschied von der technischen Diskussion

Wesentliche Ursache aber ist ein simples Kommunikationsdefizit: Wer die leidenschaftlich geführte Diskussion zum Thema verfolgt, erlebt eine Fachdebatte, deren Sinn und Zweck sich nur Experten erschließt. Fast immer geht es um Standards wie Soap und UDDI sowie deren Details, höchst selten um Nutzen und Anwendungspotenziale der Technologie, um ihre Implikationen für Geschäftsmodelle, Wirtschafts- und Kooperationsweisen. Dabei erschließt sich die wahre Faszination von Web-Services erst aus einer solchen Business-Perspektive.

Die technische Sicht auf Web-Services ist noch derart dominant, dass selbst ernsthaft interessierte Manager oft abgeschreckt werden und sich rasch wieder ihren vermeintlichen Kernaufgaben und -kompetenzen zuwenden. Wer als Berater in ein Unternehmen kommt, muss häufig erst einmal mit einem eklatanten Missverständnis aufräumen: Web-Services sind eben deutlich mehr als nur Produkte, die sich einkaufen und implementieren lassen, um dann auf eine möglichst umgehende Rentabilität zu hoffen. Vielmehr handelt es sich um ein völlig neues Modell, mit Applikationen - und solchermaßen mit elektronisch unterstützten Geschäftsprozessen - umzugehen. Web-Services sind Softwarekomponenten, die sich über Internet-Standards von anderen Softwarekomponenten nutzen und quasi wie in einem Baukastensystem flexibel kombinieren lassen. Anders gesagt: Betreibt ein Unternehmen eine Web-Service-fähige IT-Landschaft, kann es jeden anderen Betrieb mit den entsprechenden Zugriffsrechten ausstatten. Somit können selbst externe Firmen diese Bausteine verwenden - genau so, als würde es sich um vor Ort und innerhalb der eigenen Firewall installierte Programmroutinen handeln.