Kampf um Spitzenposition im Portalgeschäft

Web-Community Geocities geht für 4,7 Milliarden Dollar an Yahoo

05.02.1999
MÜNCHEN (CW) - Nun hat sich auch Yahoo vom Übernahmevirus im Portalgeschäft anstecken lassen. Für 4,7 Milliarden Dollar schluckt der Suchmaschinen-Betreiber die Web-Community Geocities.

Durch den Deal könnte Yahoo, gemessen an der Anzahl der Besucher, seine Spitzenposition zurückerlangen, die das Unternehmen zwischenzeitlich an AOL verloren hatte. Nach Angaben des Marktforschungsunternehmens Media Metrix besuchten im Dezember 1998 insgesamt 28 Millionen Surfer die Site Aol.com. 27 Millionen fanden sich bei Yahoo.com ein. Geocities.com rangierte mit 19 Millionen Visits auf Platz drei. Doch das simple Addieren der Hitraten verzerrt das Bild, denn viele Surfer besuchen mehrere Portale. Zudem sagen Besucherzahlen nichts über die Qualität des Publikums aus. So gelten die Mitglieder von Web-Communities nicht gerade als eifrige Online-Einkäufer.

Community-User sind kauffaul

Wie die "Financial Times" berichtete, bestellen nur etwa ein bis zwei Prozent der Community-User Waren über das Internet. Der Internet-Durchschnitt liegt dagegen bei vier bis fünf Prozent. Selbst Tom Evans, President und CEO von Geocities, gestand in der "Financial Times" ein, daß "die Kommerzialisierung von Communities vergleichsweise unterentwickelt ist". Andererseits halten die Anhänger solcher Web-Gemeinschaften ihrem Anbieter die Treue, verweilen lange auf den Seiten und kehren oft zurück. Dies mag einer der Gründe sein, warum Yahoo sich das Geschäft rund das Doppelte des Börsenwerts von Geocities kosten läßt. Die Marktkapitalisierung der Web-Community beläuft sich auf rund 2,3 Milliarden, der Kaufpreis auf 4,7 Milliarden Dollar. Die Summe will der Käufer durch einen Aktientausch begleichen.

Yahoo möchte nach Angaben seines Chief Operating Officer Jeff Mallett seine Erfahrung einbringen, um gemeinsam mit Geocities kleine Unternehmen als Web-Site- und Internet-Shop-Betreiber zu gewinnen. Die auf Web-Hosting spezialisierte Community bringt dafür gute Voraussetzungen mit. Rund 3,5 Millionen Anwender betreiben dort bereits eine kostenlose Homepage. Gegen Aufpreis können Surfer zudem einen Web-Shop oder ein virtuelles Büro einrichten. In erster Linie verdient der Anbieter an Werbeeinnahmen - bisher jedoch eher schlecht als recht. Wie viele Internet-Firmen schreibt auch dieses Unternehmen noch rote Zahlen. Das vierte Quartal des Geschäftsjahres 1998 schloß Geocities mit einem Verlust von 8,4 Millionen Dollar ab, womit sich der Fehlbetrag gegenüber dem dritten Kalendervierteljahr verdoppelt hat. Der Umsatz stieg gegenüber dem Quartal zuvor um 42 Prozent auf 7,5 Millionen Dollar. Der Jahresumsatz beläuft sich damit auf 18,4 Millionen Dollar.

Der Deal zwischen Yahoo und Geocities setzt die Reihe der milliardenschweren Übernahmen von Internet-Firmen fort, die mit dem Kauf vom Internet-Pionier Netscape durch den Online-Dienst AOL begann. Excite, wie Yahoo ein Web-Portal, wurde für 6,7 Milliarden Dollar vom amerikanischen Kabelnetzbetreiber At Home geschluckt. In den gleichen Zeitraum fiel der Start des vom Suchdienst Infoseek und dem Unterhaltungs- und Medienkonzern Disney gemeinsam betriebenen Portals Go. Anders als bei den vorhergehenden Transaktionen kommen mit Geocities und Yahoo zwei gleichgesinnte Firmen zusammen.