Studie über die Servicewüste Online-Banking

Web-Auftritte von Versicherungen und Banken weisen große Schwächen auf

18.02.2000
MÜNCHEN (CW) - Eine von der Unternehmensberatung Mummert & Partner erarbeitete Studie kommt zu eindeutigen Ergebnissen: Banken und Versicherungen schöpfen die Möglichkeiten, die das Internet als Dienstleistungsplattform bietet, nicht annähernd aus. Neben dem Service fristen vor allem die Bereiche Sicherheit und Verbraucherschutz ein Mauerblümchendasein.

Der Wettbewerb um die Online-Hoheit über zehn Millionen Kunden ist entbrannt. Mit dem Medium Internet scheinen die Finanzdienstleister allerdings noch ihre Probleme zu haben. Laut einer Studie der Hamburger Unternehmensberater Mummert & Partner nutzen 90 Prozent der Geldinstitute bei ihren Web-Auftritten die Chancen, die sich durch die Technologie auftun, nicht. Grundlage der Analyse ist die Untersuchung der Websites der jeweils 50 größten Kreditinstitute und Versicherungen im deutschsprachigen Raum. Deren Angebot beschränkt sich zumeist auf die Abdeckung einfacher Kundenanforderungen wie die Abfrage von Kontoständen oder die Bearbeitung von Überweisungsaufträgen. Und selbst diese Basisdienste werden nur von zwei Drittel der untersuchten Banken angeboten. Noch dürftiger sieht es bei der Anforderung von Sorten und Devisen (34 Prozent), Schecks (30 Prozent) oder der Bestellung einer Scheckkarte (28 Prozent) aus. Dagegen trumpfen die Trendsetter der Branche, beispielsweise die Bank Austria oder Credit Suisse, bereits mit personalisierten Web-Seiten, virtuellen Zahlungsmitteln oder Informationsdiensten für Handy-Besitzer auf.

Auch im Wertpapiergeschäft nutzen die Kreditinstitute ihre Möglichkeiten nicht. Vergleichsweise gängig sind die Kursabfrage, allgemeine Wertpapierinformationen und die Depotübersicht. Das Kaufen von Wertpapieren funktioniert dagegen nur bei etwa der Hälfte der Geldinstitute. Rund ein Viertel der Kundschaft kommt in den Genuss von Watchlists, Realtime-Kursen und dem weltweiten Handel. Absolute Rarität sind bisher Informationsdienste via Handy (vier Prozent).

Auch den untersuchten Versicherungsgesellschaften stellen die Analysten ein schlechtes Zeugnis aus. Auf deren Seiten finden sich fast ausschließlich Produktbeschreibungen. Egal um welche Art von Versicherung es sich handelt, Tarifrechner und der Online-Vertragsabschluss sind je nach Sparte selten bis gar nicht möglich. Bei immerhin 60 Prozent der Versicherer lassen sich wenigstens Schadensmeldungen via Internet einreichen.

Als den größten Hemmschuh für die Internet-Geschäfte der Kreditinstitute und Versicherungen macht die Studie die Furcht vor Datenmissbrauch aus. Das Problem ist dabei weniger die verfügbare Technik als vielmehr das Unvermögen der Branche, sich auf Sicherheitsstandards zu einigen. Solange einzelne Geldunternnehmen ihr eigenes Süppchen kochen, muss es nicht weiter verwundern, dass trotz einer Selbstverpflichtung der Branche, bis 1995 den HBCI-Standard einzuführen, lediglich 20 Prozent der Banken und Sparkassen Online-Geschäfte über HBCI abwickeln (HBCI = Homebanking Computer Interface). Gleiches gilt für die eingesetzten Bezahlverfahren: Hier reicht die Bandbreite der Transaktionssicherung von Secure Electronic Transactions (SET) über Secure Sockets Layer (SSL) bis hin zu sogenannten Micropayment-Verfahren.

Besonders unangenehm aufgefallen ist den Beratern von Mummert & Partner der Umgang mit dem Verbraucherschutz. Dabei schneiden Direktbanken im Vergleich noch am besten ab. So weist nur rund ein Drittel der Kreditinstitute auf ihren Websites auf das Verbraucherkreditgesetz, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Datenschutzbestimmungen hin. Informationen über das Risiko beim Online-Wertpapierhandel oder Verweise auf das Wertpapierhandelsgesetz suchen Kunden meist vergeblich. Hinweise auf Bestimmungen, die den Widerruf abgeschlossener Geschäfte regeln, fallen bei allen Banken und Sparkassen unter den Tisch. Übermittlungen von persönlichen Daten außerhalb klassischer Banktransaktionen schützen nur 41 Prozent der Gesellschaften.

Trotz der vielen Mängel prognostiziert die Studie ein starkes Wachstum für den Internet-Banking-Bereich. Demnach werden im kommenden Jahr bereits 30 Prozent der Privatkundengeschäfte über das Web abgewickelt. Manche Kreditinstitute sehen daher wohl wenig Gründe, ihren Service zu verbessern. Schließlich scheinen immer mehr Kunden bereit zu sein, sowohl die Arbeit als auch die Verantwortung von Schalterangestellten zu übernehmen, ohne dafür Preisnachlässe bei Transaktionsgebühren oder Kontoführung zu erhalten.

Abb.: Nur wenig Kreditinstitute informieren Online-Kunden über deren Rechte. Quelle: Mummert und Partner