Web

Online-Kollaboration

Web 2.0 ohne große Bodenhaftung

23.05.2008
Von Hadi Stil

Vernetzung von Personen und Funktionen über Web-Kommunikation

Christian Schumer, Bereichsleiter bei Materna und dort zuständig für das Thema SOA (Service-orientierte Architekturen), qualifiziert außerdem die Vernetzung von Personen und Funktionen über sämtliche Kommunikationsformen als hohe unternehmerische Herausforderung. "Sie kommt einer Geschäftsprozessoptimierung gleich, nur auf weit höherem und komplexerem Niveau als die, die derzeit in vielen Unternehmen anläuft." Die Verknüpfung von Online- mit bestehenden Offline-Anwendungen sei ein wesentlicher Teil dieser großen Herausforderung. Damit meint er weniger die technische Integration. "Beide Softwareparadigmen, das alte und das neue, unter einen Hut zu bringen ist vor allem eine organisatorische und prozessorale Herausforderung."

Jürgen Pilz, Presales Manager Software bei Hewlett-Packard in Deutschland, kann dies nur unterstreichen. "Kollaborative Dienste und Angebote bedingen nicht nur eine veränderte Nutzung des Internet. Auch die organisatorische und technische Ausgestaltung des Geschäftsmodells müssen berücksichtigt werden." Wer via Web schneller mehr verkaufen wolle, indem die Kunden die Web-Angebote mitgestalten, müsse auch dafür sorgen, dass Online-Interaktion in der entsprechenden Qualität verfügbar ist. Pilz verweist auf stark schwankende Verkehrsaufkommen einschließlich flusskritischer Ströme wie Sprache und Videosequenzen und auf die Zunahme interaktiver Möglichkeiten. "Dies setzt bei der Projektierung ausgiebige Funktions- und Lasttests voraus." Darin müssten nahezu alle kollaborativen Szenarien inklusive der Client-Seite einbezogen werden. Dies umfasst Mitarbeiter, Kunde sowie Geschäftspartner. "Weil sich dynamische Web-Seiten dauernd ändern, sollten auch die daraus resultierenden Inhalte und Ströme für den Ladeprozess genau nachvollzogen und quantifiziert werden", rät Pilz. Besonderen Wert sollten Firmen ferner auf die Sicherheit der Web-Anwendungen legen. "Schon in der Entwicklungs- und Testphase muss die Grundlage für Web-Applikationssicherheit gelegt werden." Das werde heute selten berücksichtigt.

Inhalte statt Datenmüll

Frederique Segond, Area Manager Parsing & Semantics im Xerox Research Center Europe
Frederique Segond, Area Manager Parsing & Semantics im Xerox Research Center Europe
Foto: Frederique Segond

Die Freizügigkeit des Internets - digital zu arbeiten, Daten von überall abzurufen, nahezu beliebige Botschaften zu kreieren und auszutauschen sowie mehr oder weniger willkürlich kollaborative Prozesse aufzusetzen - hat nicht nur Vorteile. "Wenn theoretisch jeder mit jedem kann, könnte das zu einem weiteren Niveau- und Inhaltsverlust führen", warnt Frederique Segond, Area Manager Parsing & Semantics im Xerox Research Center Europe. Sie nennt als Beispiel die aktuelle Generation der Suchmaschinen als Kernkomponente eines Portalauftritts. "Solange diese Maschinen zeichenfolgenorientiert arbeiten, werden sie mehr Datenmüll als werthaltige Informationen auswerfen." Diese Problematik werde durch Verweise auf Nebenergebnisse noch verschärft. Segond hat klare Vorstellungen davon, wie Suchmaschinen stattdessen funktionieren sollten. "Sie müssen in der Lage sein, die Bedeutung von Wörtern und Sätzen im Gesamtkontext zu erkennen." Genau an dieser semantischen Erkennung wird seit rund zwei Jahren im Xerox Research Center Europe gearbeitet. Digitale Dictionairies für Englisch, Deutsch, Französisch und Spanisch - eine Mischung aus Lexikon und Semantik-Wörterbuch - tun dafür im Hintergrund Dienst. Segond spricht von einer "bedeutungsvollen" Trefferquote von deutlich über 90 Prozent, die man bereits erreicht habe.