Co-Innovation

Web 2.0 macht den Kunden zum Scout und Entwickler

26.04.2011
Von 
Bernd Seidel ist freier Journalist und Coach in München.

Audi schreibt Wettbewerb aus

Alexander Körner, Lemon5 - Fresh Consulting: "Zuhören können ist wichtig."
Alexander Körner, Lemon5 - Fresh Consulting: "Zuhören können ist wichtig."
Foto: Lemon5 - Fresh Consulting

Auf der Suche nach den idealen Autoformen für morgen veranstaltete die Audi AG im vorletzten Jahr einen Designwettbewerb für Jedermann. Es galt, einen Audi für das Jahr 2025 zu entwerfen. In bester Web-2.0-Manier spannten die Ingolstädter ihre Klientel, gewissermaßen die User, für dieses Projekt ein. Zudem kooperierten sie mit dem Computerspielhersteller Electronic Arts (EA).Er hatte eine Software entwickelt, mit der auch Laien ansprechende Autokarossen basteln sollen. Das Tool entstammt dem EA-Spiel "Score", in dem es Monster zu entwerfen gilt.

"Wer sich ins Web 2.0 vorwagt und die Crowd-Power für neue Ideen anzapfen möchte, sollte vor allem eines beherrschen: zuhören", bringt Alexander Körner, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Lemon5 - Fresh Consulting GmbH, das Problem auf den Punkt. Am Anfang jeder Aktivität - ob für Marketing-Zwecke oder die Produktentwicklung- stehe die Analyse.

Social Media Analytics verschaffe ein klares Bild darüber, was über ein Unternehmen im Web gesprochen werde - wo, wann und vor allem wie. Entscheidend seien Tonalität (Sentiment) und generelles Gesprächsaufkommen (Buzz). Was meint ein User wirklich, wenn er "like" oder "dislike" anklickt? Spiegelt die gepostete Information die tatsächliche Gemütslage des Users wider?

"Sarkastische Äußerungen, Ironie und Zynismus von echten Aussagen zu unterscheiden ist eine der Schwierigkeiten", weiß auch Yasan Budak, Prokurist und Mitgründer von Vico Research. Hier schlägt die Stunde der Computerlinguisten, die ähnlich wie in Business-Intelligence-(BI)-Projekten Eingangsdaten filtern und bereinigen. Auf Basis der Analyse lässt sich zunächst entscheiden, ob die Informationen aus dem Web 2.0 eine tragfähige und valide Basis sind, um sie für Entwicklungs- und Marketing-Prozesse zu verwenden. Netter Nebeneffekt: Bei Entwicklungsprozessen, die eine Vielzahl von Interessenten einbinden, läuft die Marketing-Maschine vom Anfang an mit.

Eine Million Swarowski-Fans

"Auftritte auf Social-Media-Plattformen geben Unternehmen ein Gesicht, schaffen Kundenbindung und stärken die Marke", weiß Gerda Pracher, Lead Manager International Corporate PR Corporate Branding & Communications bei Swarowski. Um Kundenwünsche und Anregungen ernst zu nehmen, ist der Kristallveredler seit Sommer 2009 im Web 2.0 aktiv. Der Erfolg gibt der Initiative recht: Inzwischen zählt die Fangemeinschaft über eine Million Mitglieder.

Momentan überwachen die Glasspezialisten den "User Generated Content" weltweit in Foren, Blogs, Sozialen Netzwerken. "Wir merken eine Verbesserung der Tonalität in den Gesprächen rund um Swarovski seit wir aktiv teilnehmen", so Pracher. Durch quartalsweise Vergleiche lässt sich einer negativen Tonalität gegensteuern: "Wird beispielsweise über einen Bereich wie Gewährleistung vermehrt schlecht gesprochen, so geben wir die Informationen intern weiter und können die Prozesse in dem Bereich zeitnah optimieren."