Social Software

Web 2.0 funktioniert nur in einer intakten Unternehmenskultur

25.11.2008
Von Jochen Guenther
Nur wer eine Kultur des Vertrauens und des offenen Meinungsaustausches pflegt, wird im Web 2.0 erfolgreich sein, meint das Fraunhofer-Institut aufgrund von Untersuchungen.

Begriffe wie "Social Software" und "Web 2.0" sind längst nicht mehr nur in Fachzeitschriften und wissenschaftlichen Publikationen präsent, sondern halten via Wiki, Blog und Communities Einzug in den Arbeitsalltag von Unternehmen. "Social Software" ist geprägt von einer verstärkten Nutzerbeteiligung und hoher Interaktivität. Technologisch-organisatorisch schlägt sich der Begriff Web 2.0 vor allem in so genannten Weblogs (kurz: Blogs), Wikis oder Social Networks, also virtuellen Gemeinschaften nieder. Weblogs und Wikis bieten ein einfaches Management von digitalen Inhalten in chronologischer Online-Tagebuchform. Durch Ihren simplen und intuitiven Aufbau unterstützen sie Mitarbeiter bei der Veröffentlichung von eigenen Inhalten. Social Networks beziehungsweise Communities können dazu beitragen, im Unternehmen existierende Kompetenzen transparent werden zu lassen sowie Beziehungen zwischen Mitarbeitern zu etablieren.

Warum Web-2.0-Projekte scheitern

Aber die neuen Technologien bringen nicht nur Erleichterung und Effektivität in die Unternehmen. Aufbau und gelungener Betrieb von Social Software ist in hohem Maße von der Mitwirkung und Beteiligung der Mitarbeiter abhängig. Die Erfahrung zeigt, dass nicht wenige Projekte genau an diesem Punkt scheitern. Durch Maßnahmen des aktiven Technologie-Managements muss eine hohe Beteiligung der Mitarbeiter erreicht werden. Aber welche Einflussfaktoren wirken in einem solch sich wechselseitig bedingendem System aus Technik und Organisation? Und worauf muss geachtet werden, damit Web 2.0-basierende Anwendungen tatsächlich den internen Wissensfluss eines Unternehmens verbessern können? Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) widmet sich in einer Untersuchung dieser Thematik.

Zunächst einmal müssen für die Gestaltung eines erfolgreichen Wissens-Managements mit Social Software verschiedene Ebenen betrachtet werden. Zum einen die Ebene der "Organisation" als formaler Rahmen eines Unternehmens für gruppenspezifische und individuelle Verhaltensweisen. Zum anderen die Ebene der unmittelbaren sozialen Umgebung des Individuums durch Team- oder Abteilungsbeziehungen in Form von "Gruppen" und zum dritten die konkrete Person ("Individuum") in seinen Arbeitsabläufen.

Gefährliche interne Konkurrenz

Die Erfolgsmessung von Web 2.0-Anwendungen - bezogen auf den Einfluss auf die drei zuvor erwähnten Dimensionen "Organisation", "Gruppe" und "Individuum" - hat gezeigt, dass auf Ebene der Organisation eine offene Unternehmenskultur maßgeblich für den Erfolg eines Web-basierenden Wissens-Managements verantwortlich ist. Die Einführung von Social Software in Organisationen, das Prinzip "jeder kann Inhalte einstellen ohne zentralisierten Redaktionsprozess", erfordert Mut und Offenheit. Eine grundlegende Voraussetzung, dass eine solche Plattform angenommen wird, ist, dass im Unternehmen insgesamt eine Kultur des Vertrauens und des offenen Meinungsaustausch gepflegt wird. Darüber hinaus kann eine ausgeprägte interne Konkurrenzsituation auf Unternehmensebene den Wissensaustausch zwischen verschiedenen Unternehmenseinheiten behindern, so dass Aspekte der Organisationsgestaltung berücksichtigt werden müssen.

Arbeiten an einer offenen Teamkultur

Auf Ebene der Gruppe beziehungsweise des Teams, in das der einzelne Mitarbeiter eingebunden ist, sind eine offene Teamkultur, gemeinsame Ziele, im Team erfolgreich zusammen erledigte Aufgaben und dabei erzielte Erfolge im Arbeitsalltag für den Wissensaustausch von Bedeutung. Der Glaube an die Leistungs- und Durchsetzungsfähigkeit der eigenen Gruppe sowie das erfolgreiche Zusammenwirken bezüglich gemeinsamer Ziele wird vom einzelnen Mitarbeiter als Vorteil betrachtet.

Auf individueller Ebene kommt unter anderem dem Faktor Identifikation für den Wissensaustausch mit Social Software eine wichtige Bedeutung zu. Er beschreibt das Ausmaß der individuellen Bindung an eine Organisation und beruht auf wahrgenommener Ähnlichkeit und geteilten Überzeugungen. Daneben steht für den Mitarbeiter als persönlichen Anreiz die Anerkennung, die er sich durch hohes und fachlich überzeugendes Engagement erarbeiten kann, als Motivator im Vordergrund. Über den Status eines Teilnehmers in einer Community kann ein genaues Abbild seiner Reputation erfolgen.

Die aufgeführten Faktoren machen deutlich, dass Web 2.0 nicht allein aus technologischer Sicht betrachtet werden darf. Für die Umsetzung ist die Berücksichtigung organisatorischer Handlungsfelder wesentlich. Es entstehen neue Anforderungen an Arbeits- und Führungskräfte, Organisations- und Kommunikationsstrukturen müssen angepasst werden. Basis für die Einführung von Social Software sollte zunächst eine sorgfältige Analyse der Voraussetzungen im Unternehmen sein. Daraus lassen sich unterstützende Einführungsmaßnahmen bezüglich der dargestellten Faktoren ableiten. Neben Anpassungen der Umweltbindungen auf der Ebene Organisation, Gruppe und Individuum sind für die Einführung selbst einige Randbedingungen von Bedeutung wie die Einbindung der Anwendungen in den Arbeitsalltag der Beschäftigten. Weiterhin kommen internen Multiplikatoren und Ansprechpartnern im näheren Umfeld der Mitarbeiter, die mit dem Thema Social Software vertraut sind (Peer Support), bei der Einführung von Social Software in Unternehmen eine wichtige Rolle zu.

Veranstaltungshinweis

Am 3. Februar 2009 veranstaltet das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) in Stuttgart eine Konferenz zum Thema "Wissensmanagement im Enterprise 2.0 - Erfolgsfaktoren für Social Software". Informationen sind erhältlich unter

http://www.iao.fraunhofer.de/lang-de/veranstaltungen.html?task=view_detail&agid=42.