Erfolgsfaktor Familie

Was Unternehmen für Eltern tun

24.05.2007
Von Anja Dilk und Heike Littger

Väter haben es schwerer als Mütter

Zumal es Väter in der Regel sowieso schwerer haben als Mütter. Hans-Georg Nelles, neben seiner Beratertätigkeit auch Gründer der Website vaeter-und-karriere.de, spricht da gerne von "Produktenttäuschung". Während bei weiblichen Angestellten ein familienbedingter Ausfall schon bei der Einstellung "eingepreist sei", rechnet bei Männern kaum ein Arbeitgeber damit. Kein Wunder, dass Männer die familienpolitischen Maßnahmen selten annehmen. Teilzeit beispielsweise nehmen gerade mal 1,5 Prozent der Väter in Anspruch.

Marcus Schmitz, Berater:Familienfreundlichkeit ist keine Frage von Frauenförderung, sondern betriebswirtschaftlich notwendig."
Marcus Schmitz, Berater:Familienfreundlichkeit ist keine Frage von Frauenförderung, sondern betriebswirtschaftlich notwendig."

Seit zehn Jahren zieht Nelles durch die Unternehmen, um Arbeitgeber für die Bedürfnisse von Vätern zu sensibilisieren. Und um herauszufinden, was Väter genau wollen. Nelles: "Wenn Papas in Teilzeit gehen, wollen sie keine Vollzeit light. Wenn sie für einen Kindergeburtstag früher gehen möchten, wollen sie nicht darum bitten müssen." Doch in vielen Unternehmen gibt es weder passende Angebote, noch Ansprechpartner oder Netzwerke für Männer mit Interesse an Familienzeit. Und welcher Mann wendet sich schon freiwillig an die Frauenbeauftragte?

Hier liegt für Berater Schmitz auch der Knackpunkt: Familienfreundlichkeit als Frauenthema, als Zuckerstückchen in wirtschaftlich guten Zeiten - damit verrennen sich die Unternehmen: "Die Debatte wurde jahrelang falsch geführt. Familienfreundlichkeit ist keine Frage von Image oder Frauenförderung, sondern betriebswirtschaftlich notwendig: Nur familienfreundliche Unternehmen haben künftig im Wettbewerb eine gute Chance, dauerhaft motivierte Mitarbeiter an sich zu binden. Das haben viele Unternehmen immer noch nicht verstanden." Es sei überfällig, dass sich Manager ein paar Fragen stellen: Was kostet die Neubesetzung einer Ingenieurstelle? Wie teuer kommt der Ausfall eines gestressten Mitarbeiters? Wie viele gute Mitarbeiter entgehen mir, weil ich als Arbeitgeber nicht attraktiv bin? Schmitz: "Die Firmen wissen meist nicht, wie sie solche Zahlen erheben sollen. Sie müssen ihr Personal-Controlling ändern. Mit harten Zahlen können sie firmenintern für familienfreundliche Maßnahmen trommeln und langfristige Strategien für ihre Personalplanung entwickeln."

Mitarbeiter sind ein Ertragsfaktor

Die Betonung liegt auf langfristig. Wenn Schmitz Personaler heute fragt: "Wie viele Mitarbeiter nehmen eure schönen Angebote denn wahr?", dann heißt es oft: "Ist doch egal, wir brauchen die Instrumente nur zur Personalbeschaffung." Schmitz: "Das ist tödlich. Denn dann verlieren sie die guten Mitarbeiter früher oder später doch. Und sind wieder in der Kostenfalle." Das führt oft in die Sackgasse. Das 2005 an der Universität Münster gegründete "Forschungszentrum familienbewusste Personalpolitik" (FFP) will daher untersuchen: Wie wirksam sind die Maßnahmen? Wie lässt sich das in Heller und Pfennig ausdrücken? Berater Schmitz warnt freilich vor übertriebenen Erwartungen: "In jedem Unternehmen sind die Bedingungen anders. Deshalb muss jedes Unternehmen selbst kalkulieren. Dabei muss klar sein, dass Mitarbeiter eine Ertragsgröße sind, kein Kostenfaktor." Auch Netviewer gehört zu den Top-Job-Unternehmen 2007. Und vielleicht überzeugen die Karlsruher im kommenden Jahr die Juroren mit ihrem Engagement in Sachen Familie.