Vieltelefonierer und Intensivnutzer

Was tun - wenn der Provider die Flatrate kündigt

16.04.2008
Wann ist man ein Vieltelefonierer, und was zeichnet Intensivnutzer aus? Kündigt der Provider den Flatrate-Vertrag, können betroffene Kunden entweder kämpfen oder wechseln.

Eine Flatrate verspricht dem Wortsinn nach eigentlich unbegrenztes Telefonieren oder Surfen. Doch auch Vieltelefonierer und Dauersurfer mit einem solchen Pauschaltarif müssen damit rechnen, dass ihr Anbieter wegen übermäßiger Nutzung den Vertrag kündigt. "Es gibt immer wieder Kündigungen von Flatrate-Verträgen wegen unüblicher Nutzung", beobachtet Thomas Hagen von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein in Kiel. Dabei stützen sich die Provider auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Wie genau die "unübliche", sprich übermäßige Nutzung aussieht, lasse sich dabei nicht sagen: "Das ist ein dehnbarer Begriff."

Zu den Anbietern, die ihre Pauschaltarife deckeln, gehört neben anderen zum Beispiel Arcor. Das Unternehmen mit Sitz in Frankfurt/Main schließt in seinen Geschäftsbedingungen laut Pressesprecher Michael Peter eine gewerbliche Nutzung bei bestimmten Tarifen aus. Diese gewerbliche Nutzung glaubt der Anbieter anhand des Anwendungsverhaltens seiner Kunden erkennen zu können. Wenn jemand zum Beispiel täglich 5.000 Faxe verschickt, habe das keinen privaten Charakter und sei nicht mit der Flatrate abgegolten, sagt Peter.

Arcor hat in jüngster Vergangenheit vor allem Kunden angeschrieben, die eine Flatrate-Option für Telefonate ins Ausland gebucht und davon nach Ansicht des Unternehmen zu intensiv Gebrauch gemacht haben. "Wir versuchen so, Missbrauch zu verhindern", sagt Peter. Kann der angeschriebene Kunde glaubhaft machen, dass er den Service ausschließlich privat nutzt, werde er nicht weiter behelligt. Ignoriert der Kunde das Anschreiben und ändert auch sein Verhalten nicht, kündigt Arcor ihm. "Die überwiegende Mehrheit unserer Kunden hat damit aber nichts zu tun", versichert der Pressesprecher.

Was genau für den Provider zu viel ist, verrät Arcor allerdings nicht. Der Rechtsanwalt Jürgen Weinknecht aus Itzehoe sieht das Vorgehen ohnehin skeptisch: "In den AGB auf der Website finde ich keine Einschränkungen hinsichtlich der gewerblichen Nutzung", sagt der Jurist. Laut Weinknecht wäre es unter anderem deshalb für das Unternehmen nicht besonders aussichtsreich, sich in einem Rechtsstreit auf die Vertragsbedingungen berufen zu wollen.

Das wird man bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf gerne hören. Die Organisation hat Klage gegen Arcor eingereicht: "Wir haben einige Beschwerden von Verbrauchern bekommen", sagt Theo Wolsing, Sprecher der Verbraucherzentrale. Bei den Betroffenen handele es sich um Kunden, die mehr als 50 Stunden im Monat telefoniert haben - privat und nicht geschäftlich. "Wenn man Familie im Ausland hat, geht das schnell." Die Beschwerden richteten sich dabei auch gegen Wettbewerber wie E-Plus, das Intensivnutzer der Handy-Daten-Flatrate vor die Tür gesetzt hat.

Jürgen Weinknecht rät Betroffenen, eine entsprechende Kündigung nicht einfach hinzunehmen: Sie sollten der Kündigung beziehungsweise der Kündigungsdrohung schriftlich widersprechen. "Weisen Sie darauf hin, dass eine geschäftliche Nutzung durch die AGB nicht ausgeschlossen wird", rät der Jurist.

Derweil hat auch der Mobilfunk- und DSL-Discounter Congstar einigen Flatrate-Kunden gekündigt. Über die Beweggründe wird in der Online-Welt reichlich spekuliert. Die Telekom-Tochter selbst macht zu den Gründen keine Angaben. Das sei auch nicht nötig, so Weinknecht, wenn es wie bei Congstar keine Mindestvertragslaufzeit gebe und fristgerecht gekündigt werde. Manche Verbraucherschützer vermuten jedoch auch hinter diesem Vorgehen eine Masche: Die Provider werben mit einer Flatrate, schmeißen dann aber zu teure Kunden raus.

Wer sich einen neuen Anbieter sucht, sollte laut Thomas Hagen von der Verbraucherzentrale in Kiel genau darauf achten, dass die Flatrate eine echte Pauschale ist. Probleme bei der Anbietersuche sollte es jedenfalls nicht geben: "Bisher ist uns nicht bekannt, dass gekündigte Vielnutzer woanders nicht mehr angenommen werden." (dpa/ajf)