Cloud-Verzahnung

Was taugt Windows 8 als Tor zur Cloud?

27.03.2013
Von Thomas  Männing und Patric  Fischer
Über das Kacheldesign und die Touch-Features von Windows 8 wurde bereits viel geschrieben. Doch die Verantwortlichen in den Unternehmen interessieren auch andere Aspekte - beispielsweise wie sich Microsofts Betriebssystem in der mobilen Arbeitswelt als Device-übergreifende Zugangsplattform zur Cloud macht.

Die Arbeitsgewohnheiten in Unternehmen verändern sich grundlegend. Mitarbeiter werden mobiler und wollen mit eigenen Endgeräten wie Tablets und Smartphones von überall Zugriff auf ihre Daten haben. Dazu kommt eine immer weiter voran schreitende Vermischung von privater und beruflicher PC-Nutzung. In dieser Situation schickt Microsoft sein neues Desktop-Betriebssystem ins Rennen.

Unabhängig davon, ob IT-Entscheider diese Entwicklungen gut heißen, sollten sie die Implikationen berücksichtigen - zumal diese direkt mit der Zufriedenheit und Produktivität der eigenen Mitarbeiter zusammenhängen. Hier stellt sich die Frage, inwieweit Windows 8 gerade die Verbindung mit Cloud-Diensten unterstützt und solche Szenarien fördert?

Support für das Social Enterprise

Windows 8 bietet weitreichende Möglichkeiten zur Steuerung verschiedener Cloud-Aktivitäten.
Windows 8 bietet weitreichende Möglichkeiten zur Steuerung verschiedener Cloud-Aktivitäten.
Foto: Logica

Ein Beispiel für die Verzahnung von Cloud-Services und Kachel-Anwendungen ist in Windows 8 die People App. Sie vereint Kontakte aus unterschiedlichen Quellen in einer zentralen Anwendung, die zudem direkte Schnittstellen zu anderen Apps liefert. Dabei werden verschiedene Account-Informationen zu derselben Person automatisch zu einem Eintrag zusammengefasst. Eine manuelle Anpassung dieser Verknüpfungen ist zurzeit nicht möglich, soll aber zukünftig ebenfalls zur Verfügung stehen. Neben der Konsolidierung verschiedener Kontaktinformationen werden die Informationen Cloud-gestützt gespeichert und stehen so jederzeit auf allen Geräten zur Verfügung, wenn sich der Benutzer mit seinem Account anmeldet. Außerdem kann ein User von Windows 8 private und geschäftliche Kontakte teilweise miteinander verbinden.

Das Konsumieren und Versorgen der relevanten Social-Communication-Kanäle ist so zentral und einheitlich organisiert und unterstützt Unternehmen, sich in Richtung Social Enterprise entwickeln. Je nachdem, um was es geht, kann die Kontaktaufnahme zu der gewählten Person zum Beispiel über Facebook, LinkedIn oder per E-Mail erreicht werden. Andere Apps haben dabei direkten Zugriff auf alle Kontaktinformationen zu einer Person und können die passende auswählen. Außerdem verwaltet Windows 8 einen großen Teil der virtuellen Identität eines Benutzers sicher und Cloud-gestützt. So können Anwendungen wie der Internet Explorer oder Kommunikations-Apps diese Informationen direkt verwenden und dem Benutzer komfortable Single-sign-on-Funktionen offerieren. Sie erstrecken sich nicht nur über das Internet, sondern auch über alle lokalen Apps, die per Schnittstelle direkten Zugang zu den Informationen der People App haben. Dies gilt natürlich auch für selbstgeschriebene Business Apps. Auf diese Weise kommt es für den Anwender zu keinem harten Bruch, wenn er zwischen privaten und geschäftlichen Aufgaben wechselt.

Cloud-Verzahnung per Tablet

Es gibt wohl kein anderes Feature von Windows 8, das die Cloud-Verzahnung und die sich daraus ermöglichenden Potenziale so deutlich zeigt wie SkyDrive. Mit dem Online-Speicher lassen sich Daten Cloud-gestützt ablegen. Diese Daten kann der User von verschiedenen Geräten abrufen. Benutzer von Windows 8 erhalten über ihren Windows Live Account einen sieben Gigabyte großen Speicher und können über verschiedene Wege auf SkyDrive zugreifen. Diese Wege sind es auch, die die Lösung von denen anderer Anbieter, die zum Beispiel mehr Speicher bieten, unterscheiden. Unter Windows 8 steht eine App zur Verfügung, die dem Benutzer direkten Zugriff auf seine SkyDrive-Inhalte offeriert. Die Oberfläche ist sehr stark Tablet-optimiert und erlaubt dort ein schnelles und flüssiges Arbeiten.

Umständlich auf dem Desktop

Auf einem normalen Desktop ist die Bedienung allerdings nur als ausreichend zu bewerten. Sie wirkt teilweise etwas umständlicher als eine direkte Explorer-Darstellung. Genau an dieser Stelle setzt jedoch die Desktop-Anwendung zu SkyDrive an. Sie ermöglicht dem User eine direkte Integration in den Windows Explorer. Dazu wird ein SkyDrive-Ordner an einer vom Benutzer wählbaren Stelle angelegt. Alle Inhalte, die der Anwender in diesen Ordner kopiert, werden automatisch hochgeladen und mit SkyDrive synchronisiert. Dabei setzt Microsoft einen intelligenten und ressourcenschonenden Algorithmus ein, der die Übertragungen so verwaltet, dass der Benutzer keine Beeinträchtigung merkt - selbst wenn mehrere Gigabyte an Daten zur Synchronisation anstehen.

Nahtlose Datenintegration

Die eigentliche Stärke von Windows 8 liegt in der umfassenden und nahtlosen Integration. Der Nutzer hat je nach Gerät und Situation immer einen aktuellen und sicheren Zugriff auf seine Daten in der Cloud: vom Hochladen eines Whitepapers vom Firmencomputer per Drag and Drop im Explorer, über das Lesen dieses Dokumentes in der Bahn auf seinem Windows 8 Phone, bis hin zum gemütlichen Fertiglesen auf der Couch mit dem privaten Windows-8-Tablet. Er muss sich keine Gedanken über Kompatibilitäten, Zugriffsmöglichkeiten, verschiedene Installationen oder ähnliches machen. Er arbeitet mit seinen Dateien wann, wo und wie er es möchte.

Risiken und Chancen

Auch wenn die beschriebenen Beispiele gut aufzeigen, welche Möglichkeiten sich für Unternehmen durch Windows 8 und die Cloud-Verzahnung bieten, bietet die Technik noch weiteres Potenzial. Im Moment gibt es neben den Microsoft-Anwendungen kaum optimierte Apps für die Cloud-Verzahnung. Microsoft zeigt durch seine Anwendungen aber, was möglich ist. Gleichzeitig adressiert der Konzern so den Geschäftsnutzen. In diesem Zusammenhang offeriert Microsoft schon seit einiger Zeit das Windows-Azure-Toolkit für Windows 8. Auch die Windows Azure Mobile Services gehen in diese Richtung und sollen die Cloud-Einbindung deutlich vereinfachen. Mit diesen Werkzeugen können Anwenderunternehmen umfangreiche Cloud-Backends schaffen.

Kommunikation im Ruhezustand

Diese Kombination ermöglicht es beispielsweise, dass ein vollständig Cloud-gestützter Service, der auf Windows Azure läuft, direkt mit den neuen Funktionen von Windows 8 kommuniziert. Dies geschieht etwa durch eine Push-Nachricht und eine damit korrespondierende Anzeige im Live-Tile einer Windows-8-App - dank der neuen Stromsparfunktionen des Betriebssystems auch noch während sich das System im Halbschlaf befindet. Auf diese Weise ist es möglich, Line-of-Business-Anwendungen direkt und überall mit allen Windows-8-Endgeräten der Benutzer kommunizieren zu lassen - mittels eines Webservice oder einer vollständigen Server-Komponente, die durch Azure in der Cloud betrieben werden kann.

Ein Unternehmen könnte so eine Art Live-Dashboard aus Live Tiles auf dem Bildschirm des Benutzers aufbauen. Dieser erfährt automatisch von Alarmen, Benachrichtigungen, Workflows, neuen Mails und allen für ihn relevanten Informationen. Dabei muss er nicht extra durch die Anwendungen wechseln, sondern Windows 8 ist selbst die Basis seiner Informationen und es kostet ihn nur einen Blick auf seine Oberfläche. Auch Authentifizierungsthemen für Benutzer können durch die Cloud-Unterstützung effektiv umgesetzt werden. Dabei kann die Entwicklung und Wartung im Allgemeinen durch den Einsatz von Techniken wie HTML5 oder PHP einheitlich gestaltet werden und muss nicht für verschiedene Anwendungen komplett neu konzipiert werden.

Fazit

Bis obige Szenarien im Arbeitsalltag Realität sind, wird es sicherlich noch etwas dauern. Die Entscheidung Microsofts, Windows 8 an die aktuellen Rahmen- und Lebensbedingungen rund um mobile Nutzungsszenarien anzupassen, war grundsätzlich richtig. In diesem Kontext sollte das Betriebssystem auch gesehen und bewertet werden: Es erlaubt endlich eine integrierte und in sich schlüssige Nutzung von Cloud-Diensten. Gleichzeitig ist ein einheitliches und effektives Arbeiten über Endgeräte-Grenzen hinweg möglich. Und es realisiert die Verbindung von Privat- und Berufsleben. (hi)