Flash als Festplattenersatz

Was Sie schon immer über Solid State Drives wissen wollten

24.06.2008
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Wie entwickelt sich die SSD-Technik weiter?

Die Chiphersteller arbeiten mit Hochdruck daran, die Flash-Technik weiter aufzubohren. Beispielsweise hat IM Flash, das Joint Venture von Intel und Micron, kürzlich einen 32 Gigabit-Chip gezeigt, der in 34-Nanometer-Technik gefertigt wurde. Wie bei der Prozessorherstellung geht es darum, die Strukturbreiten zwischen den einzelnen Leiterbahnen weiter zu verringern, um so die Transistoren dichter packen zu können. Für Prozessoren bedeutet das eine höhere Rechenleistung, für Flash-Chips eine größere Speicherkapazität. Aktuelle Fertigungsverfahren erlauben Strukturbreiten von 65 beziehungsweise 45 Nanometern (Nm). Der 34-Nm-Baustein werde das Speichervolumen von SSDs verdoppeln, verspricht Brian Shirley, Vice President von Micron. Der 32-Gb-Chip weise die derzeit höchste Speicherdichte auf. Auf einer Fläche von 172 Quadratmillimetern bietet der 32 Gigabit-Chip 4 GB Daten Platz. Mit den neuen Flash-Bausteinen könnten schon bald 1,8-Zoll-SSDs mit einem Speichervolumen jenseits der 256-GB-Grenze möglich sein, hieß es.

Klagen und Säbelrasseln

Der weltgrößte Festplattenhersteller Seagate Technology sieht durch SSD- und andere Flash-Produkte des Herstellers Stec Inc. vier eigene Patente verletzt und hat deshalb bei einem kalifornischen Bezirksgericht Klage eingereicht. Die angeblichen Rechte basieren aus Entwicklungen der 80er Jahre. Damals hatte Seagate gemeinsam mit Western Digital und SanDisk an Flashspeichern gearbeitet. Sollte Seagate in dem Streit die Oberhand behalten, könnte sich dies auf die gesamte Branche auswirken, mutmaßt Jim Handy, Analyst vom Marktforschungsunternehmen Objective Analysis. Lizenzgebühren, die auch andere SSD-Hersteller wie beispielsweise Intel oder Samsung zahlen müssten, könnten die Preise für die noch junge Technik in die Höhe treiben.

Zum Abstecken der Claims im zukünftigen Speichermarkt gehört offenbar auch, kräftig mit dem Säbel zu rasseln, meint Handy. In dem Verfahren gegen Stec gehe es für Seagate offenbar auch darum abzuklopfen, inwieweit die eigenen Patentrechte durchsetzbar sind. Dazu hat sich der Festplattenriese zunächst einen kleineren Anbieter ausgesucht. Einen Titanenkampf gegen Intel oder Samsung wollten die Seagate-Verantwortlichen erst einmal nicht anzetteln.

Handy rechnet allerdings nicht damit, dass die Klage wirklich vor den Gerichtsschranken endet. Der Analyst geht davon aus, dass sich die Streithähne außergerichtlich einigen werden. Angeblich finden bereits auch Gespräche mit anderen großen SSD-Herstellern statt. Allerdings wollten sich Intel und Samsung bislang nicht zu dem Verfahren äußern.

Auch von Seiten Seagates gibt es bislang keine unmittelbaren Äußerungen zur Klage. In einem offenen Brief rechtfertigte allerdings CEO Bill Watkins das Vorgehen des Festplattenherstellers. Seagate habe nicht die Absicht, eine neue Technik zu torpedieren und sehe sich auch nicht zu Verteidigungsmaßnahmen gegen die neue Technik gezwungen. Der Hersteller entwickle selbst neue Techniken rund um Flash-Speicher. Allerdings sei Seagate seinen Aktionären gegenüber verpflichtet, die Firmenwerte, die unter anderem auf den Patenten des Unternehmens beruhten, zu verteidigen.

Da die Entwicklung immer dünnerer Strukturbreiten aufgrund von Materialproblemen und Leckströmen allmählich an physikalische Grenzen stößt und zudem aufwändige Fertigungsverfahren erfordert, wird auch nach anderen Wegen gesucht, die Flash-Leistung zu verbessern. Die Entwickler von Nanotech arbeiten beispielsweise an nanomechnischen Datenträgern. Ein "Micro-electro mechanical system" (Mems) basiert auf tausenden winzigen Spitzen, die an Silizium-Federzangen sitzen und mit Hilfe von Hitze Vertiefungen in einen Polymerfilm einbringen. Durch die unterschiedlichen Zustände werden einzelne Bits codiert. Da der Vorgang reversibel ist, lassen sich die Informationen wieder löschen und überschreiben. Eine ähnliche Technik hatte in den vergangenen Jahren bereits IBM unter dem Codenamen "Millipede" entwickelt, aber bis dato nicht zum Abschluss gebracht.

Nanotech zufolge erlaubt die Technik eine drastische Steigerung der Speicherkapazität. Die Verantwortlichen sprechen bereits von Flashspeichern im Terabyte-Bereich. Neben den höheren Kapazitäten ermöglichen die Speicherchips durch die große Anzahl von Lese- und Schreibköpfen eine hohe Bandbreite beim Speichern beziehungsweise Auslesen der Daten. Für die neue Technik müssten Nanotech zufolge keine neuen Fertigungsanlagen gebaut werden. Die Nutzung bereits bestehender Produktionsstätten würde sich zudem positiv auf die Kosten auswirken und damit günstige Preise für die Chips erlauben.