Freelancer-Studie 2016

Was sich IT-Freiberufler von Vermittlern wünschen

04.01.2017
Von 
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
Technische Kompetenz und mehr Transparenz – das erwarten IT-Freiberufler von Vermittlern und Personaldienstleistern. Doch an einigen Stellen knirscht Sand im Getriebe, vor allem bei der Anbahnung. Mit den Projekten selbst sind Freelancer nämlich grundsätzlich zufrieden.

Die rund 100.000 IT-Freelancerbilden eine wichtige Säule der Branche - ohne freie Experten würden die meisten Unternehmen ihren IT-Betrieb und die Projekte kaum in Time und in Budget umsetzen können. Die Bedeutung zeigt sich auch an der Entwicklung des Honorars: Laut der aktuellen "IT-Freiberufler-Studie 2016" der Computerwoche stieg der Stundensatz der Freiberufler im Jahresvergleich von rund 80 auf knapp 83 Euro, ein Drittel der Freien stellt über 120.000 Euro pro Jahr in Rechnung. Und auch wenn in der Studie herauskam, dass dieArbeitsbedingen und Leistungen für Freiberufler grundsätzlich stimmen, gibt es wie immer Luft nach oben.

Reibungslose Abwicklung ist wichtig

In erster Linie betrifft dies die Personaldienstleister und Vermittler. So zeigt die Studie zwar, dass nach der zuverlässigen Zahlung vor allem die reibungslose Abwicklung vom Vertrag bis zur Abrechnung wichtig ist - hier können die meisten Agenturen punkten. Eher kritisch wird jedoch die inhaltliche Zusammenarbeit mit Vermittlern gesehen, von denen sich Freelancer grundsätzlich mehr Fachkompetenz erwarten: "Kein Streuobst, sondern Angebote, die zu den Skills passen", hieß es in einer freien Antwort der Umfrage. Das Ideal ist ein "maßgeschneidertes" Projektangebot von einem Personaler, "der sich Zeit für ein ausführliches Kennenlerngespräch nimmt und mehr kann, als nur die Volltextsuche zu bedienen".

Technische Kompetenz und mehr Transparenz – das erwarten IT-Freiberufler von Vermittlern und Personaldienstleistern.
Technische Kompetenz und mehr Transparenz – das erwarten IT-Freiberufler von Vermittlern und Personaldienstleistern.
Foto: LOFTFLOW - shutterstock.com

Neben "qualifizierten Ansprechpartnern" wünschen sich IT-Freiberufler, dass Vermittler "verstehen, wonach sie suchen", "ein IT-Grundverständnis" beziehungsweise eine "genaue Definition der Anforderungen und der zu nutzenden Tools". Dabei stehen die Dienstleister vor der Herausforderung, die Wünsche des Kunden und das Angebot der Experten möglichst ideal in Einklang zu bringen - kein leichter Job. Damit es Angebote gibt, "die auch zum Profil passen", schlagen Befragte einen "regelmäßigen Dialog" oder eine "aktive Partnervermittlung" vor. Ein Freelancer wünschte sich "Informationen, warum man nicht beim Kunden angeboten wurde und wie viele andere Mitbewerber es auf ein Projekt gibt" - also mehr Transparenz und Beteiligung am Prozess. Dies gilt auch für das Ende eines Projekts, wo viele Freiberufler ein fundiertes Feedback zur geleisteten Projektabwicklung sowie zum beendeten Projekt vermissen.

Externe Fachkräfte sind überwiegend zufrieden

Angesichts der Kritik muss jedoch darauf verwiesen werden, dass die meisten Projektangebote für IT-Freiberufler über Vermittlungsagenturen und Personaldienstleister reinkommen - noch vor Folgeaufträgen von bekannten Einsatzunternehmen. Zudem sind die externen Fachkräfte inhaltlich überwiegend zufrieden, wenn sie denn zu einem Kunden vermittelt wurden. Die Projekte und Einsatzunternehmen werden als interessant wahrgenommen, und die Qualität der Zusammenarbeit kommt insgesamt auf einen guten Durchschnittswert. Auch die zuverlässigen Zahlungen stimmen Freiberufler milde - in diesem Punkt gab es die besten Schulnoten für Personalvermittler in der Studie. Hinzu kommt die relativ reibungslose Abwicklung der Zusammenarbeit, was aber auch daran liegen kann, dass Freiberufler selbst nach Projektbeginn kaum Bedarf an Kommunikation mit dem Personaler haben.

Dabei zeigt sich, dass einige Freiberufler nichts dagegen hätten, sich enger an einen Personaldienstleister zu binden. Jedoch sei es hierfür wünschenswert, wenn Vermittler die Freiberufler selbst als Kunden betrachten: "Also passende Projekte für den Freelancer finden, nicht passende Freelancer zu Projektausschreibungen." Das Keyword in dem Bereich ist "Anschlussprojekte", wobei sich Freiberufler eine "kontinuierliche Vermittlung passender Aufträge", "regelmäßige, konkrete und proaktive Angebote" oder eine "projektspezifische, individuelle Begleitung" erwarten. Ebenfalls sei es wichtig, dass die Dienstleister "frühzeitig nach passenden Folgeaufträgen suchen und nicht erst kurz vor Projektablauf".

Beratungsbedarf auf Seiten der Freelancer

Dass es auch auf Seiten der Freelancer Beratungsbedarf gibt, zeigen andere Angaben in den Freifeldern. Hier wurden Wünsche geäußert nach einer "Beratung bezüglich der eigenen Positionierung" durch Dienstleister, nach einer "Interessenvertretung", nach "intelligenten, perspektivischen Konzepten" sowie nach Zertifizierung, Weiterbildung, Trainings, Coachings und Schulungen, um die "Employability sicherzustellen". Daneben erhoffen sich die Befragten "verbesserte Feedbacks" und Hilfestellung bei der Qualität des Lebenslaufs sowie: "Keine Dummy-Projekte ausschreiben und bereits vergebene Projekte löschen." Und natürlich sind Rabatte willkommen, etwa bei Hotels, Schulungsanbietern und Dienstleistungen.

Allerdings gibt es auch Stimmen, die von den Hard Facts auf eine andere Dimension der Zusammenarbeit abzielen, und die sie sich wünschen: "Mehr Beachtung der Persönlichkeit des Handwerkers und weniger der Tools, die er beherrscht." In diesen Zusammenhang passt auch die Erwartung an ein "menschliches Miteinander im Umgang" und daran, dass sich Dienstleister um den Freiberufler "kümmern". Ebenfalls erwähnt wurde der Wunsch nach "individueller Betreuung", "persönlichem Kontakt" sowie "Gespür für den Menschen und die Interessenlage". Willkommen in den Projekten sind "nette Kollegen".

Scheinselbständigkeit betrifft alle Beteiligten

Vom Thema "Scheinselbständigkeit" sind alle Seiten - Einsatzunternehmen, Personaldienstleister und Freiberufler - betroffen. Einige der Letzteren erwarten sich von Vermittlungsagenturen "eine aktive und wirksame Unterstützung zur Vermeidung von beziehungsweise zur Vorbeugung vor Scheinselbstständigkeit". Viele Freelancer haben jedoch eigene Maßnahmen ergriffen, um die Gefahr zu bannen. Hierzu zählen überwiegend mehrere Auftraggeber und Projekte, die Anstellung eigener, sozialversicherungspflichtiger Mitarbeiter sowie "unmissverständliche" Angebote und Verträge mit einer Abrechnung beispielsweise nach Meilensteinen statt nach geleisteten Stunden. Allerdings sind laut Studie rund 18 Prozent der Freiberufler länger als zwei Jahre auf einem Projekt.

Zudem haben einige Freelancer ihren Status durch die Deutsche Rentenversicherung feststellen lassen, während andere auf die "nachweisbare umfangreiche Akquisetätigkeit, selbstbezahlte Weiterbildung und rechtzeitige Beendigung langlaufender Projekte" verwiesen. Zu diesem Nachweis unternehmerischen Handelns zählt auch noch ein Web-Auftritt, Büroräume, die eigene Fortbildung und Besuche von Konferenzen.

Freiberufler, die selbst keine Maßnahmen gegen Scheinselbstständigkeit ergriffen haben, führen verschiedene Gründe für das Zögern an: "Ich habe schon lange kein Projekt mehr ohne Personaldienstleister gesehen und erwarte, dass dieser sich kümmert", lautete eine Antwort. Ein anderer wiederum hat die Erfahrung gemacht, dass "sowohl Agentur als auch Endkunde peinlich genau selbst darauf achten". Einige verweisen darauf, dass sie ihrer Meinung nach genügend unterschiedliche Auftraggeber haben oder dass die Kriterien schlicht nicht planbar, erfüllbar und verbindlich sind.

Wenig Interesse an Festanstellung

Dies Reibungsverluste an der Schnittstelle von Anforderung und Leistung sind nicht nur auf die Vermittlung von Freelancern beschränkt. Personaldienstleister, die eine stabile Brücke zu beiden Ufern schlagen können, punkten auf allen Seiten: Schließlich legen Einsatzunternehmen und Freiberufler Wert darauf, verstanden zu werden. Angesichts der Komplexität und Bewegung in der IT ist es für Personaler jedoch schwierig, technische Kompetenzen aufzubauen und gleichzeitig agil sowie effizient zu sein - hier stehen sie letztlich vor der gleichen Herausforderung wie ihre primären Kunden, die Einsatzunternehmen. Und immerhin: Wenn Freelancer heute noch mal vor der Wahl stünden, würden sich gerade einmal 15 Prozent eher für die Festanstellung entscheiden.

"IT-Freiberufler-Studie 2016"

Die Studie der Computerwoche basiert auf einer Online-Befragung im Zeitraum vom 15. Dezember 2015 bis 1. Februar 2016 mit insgesamt 858 qualifizierten Interviews. Grundgesamtheit sind zum einen die IT-Freiberufler selbst, zum anderen IT-Projektverantwortliche und IT/TK-Entscheider aus Einsatzunternehmen der DACH-Region, beispielsweise CIOs und IT-Vorstände, IT-Leiter, IT-Projektleiter, Fachbereichsleiter, Einkäufer sowie vergleichbare Funktionen.

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