Was Pearl unterscheidet

08.05.1981

Pearl (Process and Experiment Automation Language) wurde speziell als Werkzeug für den Anwendungsingenieur in der Prozeßautomation entwickelt. Es unterscheidet sich damit wesentlich von allen anderen Lösungen in diesem Bereich.

Herkömmlicherweise werden immer noch viele industrielle Prozeßsteuerungen in Maschinensprache programmiert. Dies ist jedoch nur durch ausgesprochene DV-Fachleute, die die spezifischen Besonderheiten der installierten Rechenanlage kennen, möglich. Der Anwender hat im allgemeinen keine Chance, in die so entstandenen Programme "umzusteigen und Veränderungen vorzunehmen. Aufgrund der Programmausrichtung auf eine spezielle Maschinenkonfiguration sind Anwendungslösungen dieser Art nicht auf andere Systeme übertragbar. Unter dieser mangelnden Portabilität leidet vor allem die Wirtschaftlichkeit erheblich. Außerdem haben Praxistests ergeben, daß Pearl im Vergleich zu Assembler mindestens 50 Prozent Zeit- und Kostenersparnis bringt, und zwar nicht nur bei der Programmentwicklung, sondern vor allem auch bei der späteren Pflege und Wartung der Systeme.

Für die DV-Hersteller ist die Assembler-Lösung ein interessantes Argument, um ihre Kunden a la longue "bei der Stange" zu halten, denn eine komplette Programmumstellung übersteigt zumeist die Möglichkeiten des DV-Budgets. In der Prozeßrechnertechnik rechnet man heute bereits mit Kosten pro Programmbefehl von 60 bis 100 Mark. Immer mehr Anwender wehren sich jedoch gegen die (unfreiwillige) Bindung an einen bestimmten DV-Hersteller; sie fordern die Verfügbarkeit allgemein gültiger, problemorientierten höherer Programmiersprachen.

Eine dieser höheren Sprachen, die im technisch-wissenschaftlichen Bereich weltweit am weitesten verbreitet ist, ist Fortran. Fortran gilt jedoch bei vielen "Insidern" inzwischen als veraltet und vor allem unsicher, denn eine Anzahl von Programmfehlern wird nur sehr schwer oder überhaupt nicht erkannt. Allerdings wäre es ein hypothetisches Unterfangen, Fortran gänzlich ablösen zu wollen, denn unzählige Programme sind in Fortran geschrieben und können aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht einfach "verschrottet" werden. Für alle neu zu automatisierenden Aufgaben jedoch sollte Fortran keinesfalls das Mittel der Wahl sein.

Auch die Fortran-Version für den Prozeßrechnerbereich- Prozeß-Fortran - weist eine Reihe von Mängeln auf. Das gilt zum Beispiel für die Calls, die lediglich lange Listen als Verbindung zu den Problemparametern aufweisen. Dadurch ist die Programmierung bestimmter Realzeitprobleme in Prozeß-Fortran nicht wesentlich einfacher als in Assembler. Vorallem die Dokumentation und Analysierbarkeit der Programme leidet sehr, was wiederum äußerst negative Auswirkungen auf ihre Wartbarkeit hat.

Die bekannten Schwächen der "veralteten" Sprachen soll eine aufwendige Neuentwicklung in den USA beheben, für die, obwohl in der Praxis noch nicht existent, sehr viel "Publicity" gemacht wird: Ada. Ada wird zur Zeit breiten Anwenderkreisen als die Programmiersprache der Zukunft angepriesen. Das muß in dieser Pauschalisierung erheblich kritisiert werden. Ada wird im Auftrag des Pentagon entwickelt mit dem Ziel, eine einheitliche Realzeit-Programmiersprache für Rechner in Waffensystemen zu schaffen und damit vor allem auch die Erstellung von Betriebssystemen, Compilern und anderen Unterstützungsprogrammen sinnvoll und zukunftsorientiert zu vereinheitlichen. Ada ist deshalb als Systemimplementierungssprache zu bezeichnen. Sie ist sehr komplex, und kann deshalb vom Prozeßingenieur nicht unbedingt problemlos eingesetzt werden. Ada enthält außerdem nur eine sehr globale Zeitsteuerung, kein E/A-Modell und ist viel zu stark modularisiert, um dem Prozeßingenieur den Überblick über das Gesamtprojekt von zu ermöglichen.

Es ist also nicht unbedingt sinnvoll, Pearl und Ada vergleichen zu wollen, denn beide haben eine verschiedene Zielsetzung.

Andere Entwicklungen sind entweder zu theoretisch und haben bisher nur wenig Eingang in die Prozeßrechentechnik gefunden (zum Beispiel API) oder enthalten keine oder nur rudimentäre Zeit- und Tasksteuerung (2;m Beispiel Coral 66 und PL/0. Auch Pascal - eine sicher leicht zu lernende und einfach einzusetzende Programmiersprache für traditionelle Anwendungen trägt nicht den spezifischen Besonderheiten des Prozeßrechnerbereichs, Rechnung.

Anwender aus diesem Bereich sollten also sehr kritisch prüfen ob die von den DV-Herstellern propagierten Lösungen auch wirklich den Ansprüchen genügen und sich gegebenenfalls in der Praxis bereits existente Installationen ihres Problemkreises genau ansehen, bevor sie sich mit einer Programmiersprache für viele Jahre festlegen.

Pressemitteilung der Pearl Association (Verein e. V.), Graf-Recke-Straße 84, 4000 Düsseldorf, Telefon 02 11/ 62 14 547.

_AU:Dr. Peter Elzer Dornier System GmbH, Friedrichshafen