Linux-Distribution im Test

Was openSUSE 12.2 leistet

20.12.2012
Von 
Michael Kofler (http://kofler.info/) ist freiberuflicher Computerbuch-Autor und IT-Trainer. Er hat zuletzt ein Java-eBook veröffentlicht.

Neuer Release-Zyklus für openSUSE?

Die vergangenen Versionen von openSUSE sind in einem achtmonatigen Zyklus zumeist pünktlich erschienen. Bei der Arbeit an openSUSE 12.2 sind allerdings eine Menge projektinterner Probleme aufgetreten, die schließlich die Verschiebung des Release-Zeitpunkts um zwei Monate erforderlich machten. (Ursprünglich war die Fertigstellung von openSUSE 12.2 bereits für Mitte Juli angekündigt worden.)

Im Zuge der Verzögerungen entstand eine längere Diskussion darüber, ob der im Vergleich zu anderen Distributionen ungewöhnliche Release-Zyklus von 8 Monaten verändert werden soll. Eine Entscheidung zu dieser Frage ist noch nicht gefallen, aber vieles spricht dafür, dass es in Zukunft nur noch einmal jährlich eine neue openSUSE-Version geben wird. Unklar ist, ob es dann auch ein neues Schema für die Versionsnummern und einen längeren Update-Zeitraum geben wird. Dieser beträgt momentan 18 Monate, was vor allem für den Server-Einsatz zu wenig ist.

openSUSE versus Ubuntu

openSUSE ist zwar nicht so populär wie Ubuntu, zählt aber – vor allem im deutschen Sprachraum –, zu den beliebtesten Linux-Distributionen. Was spricht also für openSUSE, was für Ubuntu?

Zu den größten Vorzügen von openSUSE zählt der Umstand, dass sowohl Gnome als auch KDE nahezu unverändert weitergereicht werden. Während sich Ubuntu mit jeder Version weiter von etablierten Linux-Standards entfernt, sieht Gnome bzw. KDE unter openSUSE weitgehend so aus, wie die Entwickler der beiden Desktopsysteme dies vorgesehen haben. Einen besonders guten Ruf genießt openSUSE bei KDE-Anwendern: Viele KDE-Entwickler arbeiten am openSUSE-Projekt mit oder sind von SUSE angestellt. Nicht umsonst schlägt openSUSE KDE bei der Installation als Default-Desktop vor.

Naturgemäß bietet openSUSE eine gute Möglichkeit für Administratoren, SUSE-spezifische Konfigurations- und Administrationswerkzeuge kennenzulernen. Die kommerziellen SUSE-Distributionen basieren auf älteren openSUSE-Versionen und weisen deswegen sehr viele Ähnlichkeiten auf. (openSUSE spielt für SUSE Linux Enterprise eine ähnliche Rolle wie Fedora für Red Hat Enterprise Linux.)

Ubuntu bietet im Vergleich zu openSUSE einen seit Jahren etablierten halbjährlichen Release-Zyklus sowie für LTS-Versionen einen fünfjährigen Wartungszeitraum. Gerade für den geschäftlichen Einsatz, wo niemand Freude an ständig neuen Versionen hat, ist das ein gewichtiges Argument. Außerdem brilliert Ubuntu durch seine außergewöhnlich gute Hardware-Unterstützung (Grafikkarten, WLAN-Adapter, EFI-Rechner etc.). Gerade auf ganz neuen Rechnern fällt die Installation und Hardware-Optimierung mit Ubuntu oft leichter als mit openSUSE. Dafür müssen sich Ubuntu-Anwender mit den vielen Eigenheiten des Unity-Desktops abfinden.

Fazit

Die openSUSE-Entwickler haben mit Version 12.2 eine solide Distribution fertiggestellt, die im Test erfreulich wenig Mängel zeigte. Die zweimonatige Verspätung lässt sich da leicht verschmerzen.

openSUSE ist nicht so experimentell wie Fedora und verzichtet im Gegensatz zu Ubuntu auf allzu viele Eigenentwicklungen und Sonderwege. Das kommt der Stabilität zugute; gleichzeitig fehlen aber „Killer-Features“ oder andere Besonderheiten, um sich von der Masse der Linux-Distributionen abzuheben.

openSUSE 12.2 eignet sich gut für Desktop-Anwender, die eine aktuelle, einfach zu nutzende Distribution suchen. Für den Server-Einsatz ist openSUSE wegen des kurzen Update-Zeitraums leider ungeeignet. (wh)