Gegen hohe Fluktuation und Burnout

Was macht eigentlich ein Chief Happiness Officer?

06.07.2015
Von 
Christiane Pütter ist Journalistin aus München.

Nach verschiedenen Stationen bei Edeka, der Bio-Kette Basic und als selbstständiger Kioskbetreiber kam Deck schließlich zu Dohle, wo er ein Team von rund hundert Leuten managte. Und 60 bis 80 Stunden pro Woche arbeitete. Dort zählte nur die Marge. Was nicht so sehr an Dohle liegt, sondern vielmehr am Lebensmitteleinzelhandel allgemein. Dass es Deck gelungen war, ein homogenes Team zu schaffen, das ohne Top-Down-Strukturen funktionierte, wurde nicht gewürdigt. Dies und der ständige Arbeitsdruck zu Lasten des Privatlebens - sofern überhaupt noch vorhanden - brachten den jungen Manager in eine Depression.

Die hat Deck fachärztlich behandeln lassen und sich erst einmal eine Auszeit genommen. Über das private Umfeld bekam er Kontakt zu Cobe und übernahm die Leitung einiger Projekte. Bis van de Sand und die anderen Chefs ihm den jetzigen Job anboten. "Wir hatten uns gefragt: wie soll unsere Agentur aussehen?", erzählt van de Sand. Alle heutigen Cobe-Chefs hatten bei den Dickschiffen der Design- und Werbebranche gearbeitet und festgestellt: sie wollen es anders machen.

Geringe Fluktuation ist das Ziel

Anders heißt vor allem, die Mitarbeiter in den Fokus zu stellen. Dass es für Decks Job als Chief Happiness Officer kaum Metriken gibt, kann van de Sand akzeptieren. Ihm ist eine geringe Fluktuation wichtig. Erfolg ist, wenn seine Mitarbeiter Abwerbeversucher des Wettbewerbs zurückweisen.

Deck unterstützt das mit ganz handfesten Mitteln. Gerne treffen sich die Cobe-Kollegen am Wochenende zum Sport. Wer mag, kann morgens gemeinsam mit den anderen zwanzig Minuten lang meditieren. Das mindert Stress und fördert Teamgeist. Kandidaten für einen Job kommen abends vorbei, und dann wird erst einmal gemeinsam gekocht, um zu gucken, ob die Soft Skills zusammenpassen.

Stichwort neue Job-Kandidaten: Recruiting ist ein großer Teil von Decks Arbeit. Er wird neue Recruiting-Modelle entwickeln und baut Netzwerke in Berufsschulen und Universitäten auf. Dort Workshops zu halten und junge Leute zu treffen, versteht er als gelebtes Employer Branding. Social Media ist dabei ebenso so wichtig wie dezidierte Recruiting-Plattformen, etwa Careerdate.

Binnen fünf Jahren, sind van de Sand und Deck überzeugt, wird sich die Position eines Chief Happiness Officer in Deutschland weiter etabliert haben. In den USA ist der Titel schon heute nicht ungewöhnlich, und die Generation Y, zu der die beiden jungen Männer sich zählen, verlangt auch hierzulande ein Umdenken. Monetäre Anreize verlieren, die Frage nach dem Sinn der Tätigkeit gewinnt. Gerade bei den ganz jungen Cobe-Kollegen kann man das beobachten, so van de Sand. Dass Decks morgendliche 20-Minunten-Meditation auch von den Azubis so gut angenommen wird, hätte er nicht gedacht.

Doch letztlich sieht der Agenturchef die Dinge prosaisch: "Natürlich wird sich der Chief Happiness Officer durchsetzen", sagt er. "Die Kassen können die vielen Burnout-Erkrankungen in Deutschland nicht mehr bezahlen."