Kolumne

"Was hat Sun von Java"

03.04.1998

Der Streit um Java als Alternative zur Windows-Welt wird von Sun gern zum Kampf zwischen Gut und Böse stilisiert.Diese Schwarzweiß-Malerei benutzt Sun-Chef Scott McNealy zwar gern, um vor einer johlenden Fan-Gemeinde Microsoft eins auszuwischen, aber zu mehr taugt sie nicht.

Genauso wie Microsoft Windows, versucht Sun, Java als dominierende Plattform vom dünnsten Client bis zum Großrechner durchzusetzen.Der allerdings gravierende Unterschied liegt in der Wahl der Mittel und in den Konsequenzen für die Entwickler- und Anwendergemeinde.Während Microsoft das Betriebssystem und damit die zugrundeliegende Infrastruktur nutzt, um den Applikationsmarkt im Griff zu behalten, folgt Sun der Strategie "Teile und herrsche".Indem sich der Anbieter (noch) auf die Bereitstellung der Java-Infrastruktur konzentriert, ermöglicht er im Prinzip einer ganzen Schar unabhängiger Entwickler - zur Sun-Konferenz Java One kamen in der letzten Woche 14000 Besucher - Applikationen sowie Elemente zur Infrastruktur zu liefern und so mit einem größeren Anteil eigener Wertschöpfung am Markt teilzunehmen. Microsoft läßt dagegen unabhängigen Softwarehäusern immer nur Nischen offen, die für das Unternehmen selbst nicht lohnend erscheinen.

Suns Strategie fußt dabei nicht auf Menschenfreundlichkeit.Sie stellt die einzige Chance dar, große Software-Anbieter wie IBM, Oracle und andere für sich zu gewinnen, um so die Microsoft-Dominanz zu bekämpfen.

Aber was hat Sun davon?Welches Geschäftsziel verfolgt McNealy?Was tut er, wenn Java alle Hürden wie die mangelnde Plattformkonsistenz und Performance-Schwächen nimmt und sich als echte Alternative zur Windows-Welt etablieren kann?Das Lizenzgeschäft dürfte den betriebenen Aufwand wohl kaum rechtfertigen.Das Unternehmen wird deshalb versuchen, neben Einkünften aus Royalties mit Entwicklungswerkzeugen, Applikationen beziehungsweise Applikations-Frameworks ("Java Server Engine") Kasse zu machen.

Dann erst stellt sich die Frage nach der Plattformunabhängigkeit und Offenheit wirklich.Dann muß der Workstation-Hersteller beweisen, daß er die Kontrolle über die Weiterentwicklung der Plattform und den Markennamen Java nicht so mißbraucht, wie Microsoft das mit Windows macht.