Web

IPTV: Kosten und Nutzen im Vergleich

Was Fernsehen über das Internet wirklich bringt

08.11.2007
Von Handelsblatt 
Seit geraumer Zeit geistern Begriffe wie "Triple Play" oder "IPTV" durch die Medienlandschaft. Scheinbar bieten sich ganz neue Unterhaltungsmöglichkeiten, wenn das Fernsehprogramm in Zukunft per Internet ins Haus kommt. Ob diese Annahme richtig ist, oder lediglich höhere Kosten bei einem vergleichbaren Programmangebot auf einen zukommen, erfahren Sie hier.

DÜSSELDORF. Die Zukunft des Fernsehens steht insgesamt ganz im Zeichen der Digitalisierung. Der größte, und in der Öffentlichkeit am meisten wahrgenommene Schritt in diese Richtung war bislang sicherlich die Abschaltung des analogen Antennenfernsehens im Großraum Berlin und die vollständige Umstellung auf das digitale terrestrische Fernsehen DVB-T. Doch auch die anderen klassischen Übertragungswege - also Kabel und Satellit - sind längst auf dem Weg, reine digitale Medien zu werden. Der Countdown für die vollständige Umstellung tickt bereits: Zwischen 2010 und 2012 soll die Fernsehlandschaft komplett digitalisiert sein.

Den zahlreichen Vorteilen wie etwa einer größeren Programmvielfalt, einer besseren Bildqualität und HDTV-Empfang steht nur ein einziger Nachteil entgegen: Für den Empfang muss ein spezielles Empfangsgerät, neudeutsch "Settop-Box" genannt, vorhanden sein. Das gilt auch für den TV-Empfang per Satellit, aber dort waren schon immer zusätzliche Gerätschaften in Form von Satelliten-Receiver und - Antenne erforderlich. Vor diesem Hintergrund ist es also nicht verwunderlich, dass ein dritter digitaler Übertragungsweg dazugekommen ist: Der heimische Internet-Anschluss.

Die Daten des Fernsehprogramms werden jedoch nicht über das öffentliche, für jeden erreichbare Internet, sondern über eine eigene und leistungsfähigere Infrastruktur übertragen. Beide Datenströme kommen lediglich an der gleichen Stelle im Haushalt an. Insofern unterscheidet sich IPTV von Web-TV, wie es zum Beispiel durch das Medien-Angebot auf den Seiten von ARD und ZDF bekannt ist. Auch für IPTV ist dementsprechend eine Settop-Box erforderlich, um die Programme am Fernseher darstellen zu können.

IPTV bietet auf den ersten Blick einige Vorteile: Man zahlt keine Kabelgebühren und ist unabhängig von der Genehmigung des Vermieters, eine Satellitenschüssel aufzuhängen. Theoretisch kann digitales Fernsehen überall dort empfangen werden, wo ein Internet-Anschluss zur Verfügung steht. Und die Kommunikation in beide Richtungen ermöglicht Dienste wie "Video on Demand", bei dem attraktive Video-Filme rund um die Uhr ohne festen Programmablauf angefordert werden können.

Auf den zweiten Blick sind die Vorteile gar nicht mehr so offensichtlich, denn natürlich lassen sich Anbieter wie T-Home oder Alice die Bereitstellung von IPTV mit (zum Teil saftigen) Gebühren bezahlen: So kostet ein Paket aus DSL-Anschluss, Telefontarif und Free-TV-Empfang bei T-Home mindestens 59,95 Euro/Monat ("Entertain Comfort"). Alice berechnet für die Free-TV-Option 9,90 Euro/Monat zusätzlich zu Buchung eines der zahlreichen Internet- und Telefonpakete (zum Beispiel 34,90 für einen Zugang mit 4 MBit/s, Internet- und Telefonflatrate). Darin sind die Miete für die Settop-Box und der Empfang von rund 70 bzw. 60 Free-TV-Kanälen enthalten. Wer "Premium"-TV-Sender wie Discovery- oder Sci-Fi-Channel (oder auch einen Erotik-Kanal) möchte, zahlt noch einmal für ein Zusatz-Paket drauf.

Voraussetzung ist generell, dass am Ort ein DSL-Anschluss mit mindestens 2 MBit/s Übertragungsrate verfügbar ist, was längst nicht überall gewährleistet ist. Alice kann hier im Vergleich zu T-Home durchaus als regionaler Anbieter gelten. Andere Gesellschaften wie etwa Arcor sind derzeit noch nicht mit einem IP-TV-Produkt am Markt vertreten. Wer HDTV empfangen will, muss (sofern verfügbar) sogar einen VDSL-Anschluss mit mindestens 25 MBit/s Übertragungsrate buchen, hier steigen die Kosten für das Basispaket bei T-Home auf rund 70 Euro an. Video-on-Demand kostet noch einmal extra, und zwar je nach Aktualität des Films zwischen knapp einem und rund vier Euro (T-Home) bzw. sechs Euro (Alice) je Abruf. Je nach Paket ist jedoch schon der Empfang von 10 Filmen im Monat bzw. von mehreren Live-Bundesligaspielen enthalten.

Fazit: IPTV ist derzeit im Vergleich mit anderen Übertragungsmedien also relativ teuer und bietet derzeit noch keine echten Vorteile, überlegene Bildqualität oder einzigartigen Inhalte. Die beworbenen Extra-Funktionen lassen sich ohne Mühe mit der entsprechenden Empfangshardware auch per Satellit oder Kabel realisieren. Video-on-Demand wird an anderer Stelle einfach durch den Abruf per SMS realisiert. Interessant ist die Buchung dann, wenn ansonsten kein digitales Fernsehen empfangen werden kann. Und zuletzt ist es vielleicht nicht unangenehm, alle Leistungen für Internet, Telefon und Fernsehen aus einer Hand, mit nur einem Ansprechpartner und nur einer Rechnung zu empfangen.