Was erwarten Sie von künftiger Systemsoftware?

13.06.1975

Lange ist's her, daß Systemsoftware nur ein Anhängsel zur Hardware war. Die Anforderungen der Anwender sind in dem Maße gestiegen, wie Computer sich auch in anderen Organisationen als Informatik-Institutionen verbreiteten. Heute wird der Benutzer-Komfort immer mehr zum entscheidenden Kriterium beim System-Vergleich.

Zweifellos haben sich die Betriebssysteme und Utilities der Hersteller verbessert, aber auch weiterhin gibt es einen einträglichen Markt für Anbieter herstellerunabhängiger Systemsoftware, - ein Indiz dafür, daß noch vieles verbessert werden kann.

Was wird die Zukunft bringen? Geringeren Kernspeicherbedarf? Verbesserung des Multiprogrammings? Kürzere Generierungszeiten für das Betriebssystem? Schnellerer Ablauf der Utilities?

Prophet ist keiner, aber Anwender wissen, was sie sich wünschen.

Gerhard Karck, Verwaltungsdirektor der AOK Kiel und Vorsitzender des ADL-Verbandes Schleswig-Holstein

Als erstes ist zu fordern, daß ein neues Release voll ausgetestet ausgeliefert wird, damit der Kunde wirklich gleich damit arbeiten kann. Bisher sind die Anwender dabei, die Fehler aufzuspüren. Das führt dazu, daß die Systemprogrammierer sich zuflüstern, niemals ein Release einzusetzen dessen Nummer durch zwei teilbar ist.

Für die Zukunft muß man auch verlangen können, daß für Programmpakete eine Pflegegarantie besteht. Wenn ein Hersteller irgendein Programmpaket nicht mehr pflegen will, müßte er dies lange vorher ankündigen - auch wenn es sich um ein kostenloses Paket handelt.

Betriebssysteme müssen auch für kleine und mittelgroße Anlagen den Komfort größerer Systeme bieten. Als Beispiel sei genannt, daß die Dateiverwaltung des OS sich ohne unvertretbaren Aufwand auch auf das DOS übertragen lassen müßte.

Zu fordern ist ferner, daß die Bedienung der Systeme vereinfacht wird. Die Operatoren werden zum Beispiel bei Aufgaben im Multiprogramming und gleichzeitiger Datenfernverarbeitung überfordert, wenn keine Massenverarbeitung daneben abläuft, sondern kleinere Arbeiten mit entsprechend vielen Anforderungen über die Konsole.

Weiterhin wünscht man sich die Möglichkeit, Programme so schreiben zu können, daß man sie sowohl für Batch-Verarbeitung wie auch für Teleprocessing ohne Schwierigkeiten einsetzen kann. Im TCAM unter OS ist das möglich. Da auch die Anwender kleinerer Systeme heute Datenfernverarbeitung betreiben, sollte gerade ihnen, die keine großen Programmierstäbe haben, solche Möglichkeiten gegeben werden.

Optimale Systemverwaltungsprogramme sowohl hinsichtlich der Speicherbelegung als auch des zeitlichen Aufwandes gehören ebenfalls auf die Wunschliste, die sich noch leicht erweitern läßt.

Der ADL-Landesverband Schleswig-Holstein hat zusammen mit dem RKW einen "Erfahrungskreis Software" gebildet, der sich ebenfalls mit dieser Thematik befaßt. Wenn hier greifbare Ergebnisse vorliegen, werden wir diese gerne zur Verfügung stellen.

Siegfried Kichle, Gruppenleiter des "rational"-Rechenzentrums, München

Als freies Service-Rechenzentrum stellen sich für "rational" die Fragen zur Entwicklung der Systemsoftware in vorrangigem Maße. Seit zwei Jahren arbeitet "rational" in München mit einer Honeywell Bull-Anlage der Serie 6000. Das nach unserer Meinung derzeit optimale Betriebssystem GCOS, unter dem wir arbeiten, soll uns nicht daran hindern, Verbesserungen der Systemsoftware zu fordern, zumal wir unter dem Aspekt der Weiterentwicklung des "rational"-Verbund-Systems sowie der Sicherheit und Effektivität der Verarbeitung gegenüber unsere Kunden dazu verpflichtet sind.

Unter diesen Gesichtspunkten betrachten wir zwei Punkte als vorrangig:

1. Bessere Programmierunterstützung

Dazu gehören mehr Testhilfen, zum Beispiel symbolischer Dump, Verbesserung des Compilers in bezug auf Fehlermeldungen, die in Klartext ausgegeben werden sollen.

2. Programmentwicklung

Im einzelnen sind zu fordern: Programmiersprachen, die die strukturierte Programmierung unterstützen, automatisch logische Fehler melden, ferner leicht zu bedienende Generatoren, nicht zuletzt System-Software-Unterstützung dahingehend, daß Programme schneller geschrieben, getestet und dokumentiert werden können.

Die von uns geforderten Verbesserungen hängen ursprünglich mit dem stetig zu verbessernden Schutz der Daten vor unbefugtem Zugriff sowie Schutz der Daten vor Maschinen- und Bedienungsfehlern zusammen. Dies ist besonders für uns als Dienstleistungsunternehmen wichtig.

Lothar Koebnick, Leiter des Rechenzentrums der WMF, Geislingen

Wir fahren bei der WMF OS/VS 2 auf einer 370/158. Aus der Sicht des Rechenzentrums, also den direkten Anwendern der Systemsoftware, kristallisieren sich mittelfristig zwei Schwerpunkte heraus:

1. Generierung und Pflege der Systemsoftware

2. Verfügbarkeit von integrierten Plattensystemen zur Steuerung und Verwaltung eines EDV-Systems.

Wir haben in der Vergangenheit - der Not gehorchend, wie viele andere Anwender auch - eine schlagkräftige Systemgruppe aufgebaut, um den internen Rechenzentrumsproblemen Herr zu werden. Hier wäre es begrüßenswert, wenn der Hersteller das grundsätzliche Prinzip des maßgeschneiderten Betriebssystems neu überdenkt. Es wäre ohne große Schwierigkeiten möglich, durch stärkere Parameterisierung beim eigenen Systemstab (IBM) einen deutschen Maßanzug zu erzeugen. Es soll doch kein Traum bleiben, als Anwender ein ausgetestetes, praxiserprobtes Betriebssystem verfügbar zu haben, obwohl das eigentlich selbstverständlich sein sollte. Tausende von Systemprogrammierern in hunderten von Firmen bereinigen immer wieder die gleichen Fehler. Gesamtwirtschaftlich gesehen ist das auf die Dauer ein unhaltbarer Zustand. Stattdessen - und hier komme ich zum zweiten Schwerpunkt - würden diese gutbezahlten Spezialisten viel mehr Effizienz für die Anwendungsunterstützung erbringen können. Wir haben uns bemüht, die Nutzung der Spezialkenntnisse der Systemprogrammierer stark auf die Effizienz im Rechenzentrum zu richten, also auf weitgehende Automatisierung der RZ-Ablaufsteuerung. Unsere gesamte Datenträgerverwaltung und Dateisteuerung wird maschinell ohne zusätzliche Aktivitäten verwaltet.

Wir wären dem Hersteller dankbar für wirtschaftliche und praktikable Subsysteme zur Erledigung dieser EDV-Verwaltungs- und Steuerungsaufgaben im Hinblick auf eine bessere termintreue Planzeit. Der Schwerpunkt liegt hier auf praktikabel und wirtschaftlich. Alle übrigen Forderungen ordnen sich diesen zwei Punkten unter.

Peter Knobloch, Leiter der EDV-Abteilung der Firma Gummi Mayer KG, Landau

Was wir uns von unserem DOS/VS-Release 29 wünschen: Im Fehlerfalle größere Benutzerfreundlichkeit. Da die Mitarbeit des Kunden bei der zügigen Behebung von Fehlern unerläßliche Voraussetzung ist, muß mehr Transparenz beim Auftreten von Fehlern gefordert werden. Die Kommentierung und Beschreibung von Systemfehlermeldungen läßt sich noch stark verbessern. Die Prozedur der Behandlung von Fehlerkorrekturen läßt auf einen unübersichtlichen Programmaufbau (vor allem bei der Power-Integration) des DOS/VS schließen, was auch den IBM-Technikern die Fehlerbearbeitung erschwert. Das Release benötigt zu viel Hauptspeicher. Es ist zu groß. Es enthält zu viele nicht mehr benötigte Routinen. Wir wünschen uns weiter, daß der Systemoutput auch gespoolt ausgegeben werden kann, so daß damit die Konsole noch weiter entlastet werden kann und andererseits, daß die Systemnachrichten nach Partitions und/oder Sachgebieten sich den Erfordernissen entsprechend mit dem Schnelldrucker darstellen lassen.

Es gibt noch viel zu wünschen aber dies erscheint uns derzeit am wichtigsten.