IBM, Sun, Apple, Netscape und Oracle bestimmen Referenzkriterien

Was ein NC sein soll, steht schon fest

10.01.1997

Mit den Spezifikationen soll sichergestellt werden, daß die NC-Modelle verschiedener Anbieter grundsätzlich untereinander kompatibel sind. Sie sollen, so das Verständnis der fünf Unternehmen, NC-Hersteller allerdings nicht einengen. Wenn sie über die dem Referenzmodell zugrundeliegenden Bestimmungen hinaus zusätzliche Leistungsmerkmale in ihre Systeme einbauen wollen, um sich von Wettbewerbern zu unterscheiden, so steht ihnen dies frei.

Die gemeinsame Definitionsbasis des NC Reference Profile 1 deckt neben Hardwarefestlegungen, Internet-, E-Mail- und Boot-Protokollen, WWW-Standards sowie Multimedia-Datenformaten auch Sicherheits-Features ab.

Bei den Hardwarespezifikationen, die ein NC erfüllen muß, einigte sich das Quintett auf

-eine minimale Monitorauflösung von 640 x 480 Pixel (VGA-Norm),

-ein Eingabegerät wie eine Maus oder einen Trackball,

-eine Texteingabeoption sowie

-die Möglichkeit, Audiodaten abzuspielen.

Ein ständig verfügbarer lokaler Speicher - gemeint sind Disketten- oder Festplattenlaufwerke - wird explizit als nicht notwendig in den Richtlinien erwähnt.

Außerdem schreiben die NC-Richtlinien folgende Internet-Protokolle (IPs) als verbindlich vor:

-Transmission Control Protocol (TCP). Abgesicherte Verbindungen sollen, sofern überhaupt unterstützt, über Secure Sockets Layer (SSL) realisiert werden.

-Über das File Transfer Protocol (FTP) werden NCs Dateien austauschen.

-Telnet: Hierbei handelt es sich um ein standardisiertes Client-Server-Protokoll, das den zeichenorientierten Terminal-Emulationszugriff auf Hosts erlaubt.

-NFS: Das Network File System unterstützt ein verteiltes Dateisystem für NCs.

-UDP: Das User Datagram Protocol wird von NFS benutzt, um die applikationsspezifische sogenannte End-to-end-Kommunikation zu verwirklichen.

-SNMP: Mit dem Simple Network Management Protocol können NCs in eine netzbasierte Umgebung eingebunden werden.

-Als Untermenge der IPs haben die fünf Unternehmen sich zudem auf zwei Boot- und Konfigurations-Optionen festgelegt:

ÑDHCP: Um die Administration sowie die Installation zu vereinfachen, kann ein NC sich mittels des Dynamic Host Configuration Protocol über das Netz hochfahren, eine IP-Adresse zugeordnet bekommen und Konfigurations-Informationen über das Netz schicken.

-Mittels Bootp fährt ein NC über das Netz hoch.

NCs müssen darüber hinaus folgende WWW-Standards erfüllen:

-HTML: Die Hypertext Markup Language ist das Publishing-Format für WWW-Sites und beinhaltet CGI.

-HTTP: Das Hypertext Transfer Protocol ermöglicht die Kommunikation zwischen Browsern und Web-Servern sowie Servern und NCs.

-Sie müssen ferner konform sein zu Java-Applikations-Umgebungen. Hierzu gehören

Ñdie Java Virtual Machine sowie deren Runtime-Umgebung und die

-Java-Klassenbibliotheken.

An Mail-Protokollen bindend vorgeschrieben wurden in dem NC Reference Profile 1:

-SMTP, das Simple Mail Transfer Protocol.

-Imap 4, also das Internet Message Access Protocol in der Version 4.

-POP 3, das Post Office Protocol, Version 3.

Bei den Multimedia-Formaten einigte man sich auf die Normierungen

-JPEG, GIF, WAV und AU.

Sicherheits-Features richten sich an erst noch zu bestimmenden Applikations-Schnittstellen (APIs) aus. Optionale Sicherheitsstandards wurden hingegen schon benannt:

-ISO 7816 (Smartcards) sowie

-Europay (Master Card/VISA-Spezifikationen).

Nur Hersteller, deren NCs an den Richtlinien des NC Reference Profile 1 ausgerichtet sind, sollen das NC-Markenzeichen tragen dürfen.

Für sogenannte Content-Provider, also Web-Dienstleister mit einem Inhaltsangebot, wurde das "NC-Friendly"-Logo entwickelt. WWW-Sites dürfen es dann im Schilde führen, wenn ihre Inhalte von NCs empfangen beziehungsweise verarbeitet werden können.

Es fällt allerdings auf, daß praktisch alle klangvollen Namen von PC-Herstellern wie etwa Compaq, Dell, Gateway 2000, HP etc. auf der im Internet ausliegenden Liste der Unternehmen fehlen, die die NC-Referenz-Initiative unterstützen.

Neben Herstellern wie Acorn, Toshiba, Wyse, Tatung, der Siemens-Tochter Pyramid Technology, Samsung, NEC, Motorola u.a. und einigen der großen japanischen Mischkonzerne (Matsushita, Mitsubishi) sind es vor allem Telekom-Anbieter - British Telecom, Nippon Telegraph and Telephone Corp. (NTT) und France Télécom North America - sowie Finanzdienstleister (Mastercard International), die dem Quintett Apple, IBM, Sun, Oracle und Netscape folgen wollen.

Studie: Zukunft der NCs

Eine Studie von Zona Research, die während der Internetworld in New York vorgestellt wurde, kommt zu dem Ergebnis, daß Netzcomputer keine Gefahr für den PC-Markt darstellen werden. Dem Wirbel um die NCs zum Trotz sehen die Analysten diese Geräte vielmehr als direkte Konkurrenten der vorhandenen ASCII-, 327x-, 5250- und X-Window-System-Terminals. Weiter argumentierte Stephen Auditore, President von Zona, daß auch PCs im Grunde Netzcomputer seien. Die Untersuchung weist unter anderem darauf hin, daß gerade der vielzitierte Kostenfaktor keine große Rolle spielen werde - Microsofts Technologie "Zero Administration PC-Management" wird von Zona Research in dieser Hinsicht als klare Antwort auf den NC gesehen. Ferner gehen die Analysten davon aus, daß NCs nicht als Universalrechner zum Einsatz kommen, sondern jeweils spezielle Aufgaben erfüllen werden. Daher seien diese Geräte eher dazu geeignet, im klassischen Terminalmarkt Fuß zu fassen, wo Anwender keine Wahl haben, welche Anwendungen sie nutzen wollen. PC-Nutzer fühlen sich der Studie zufolge in einer dermaßen eingeschränkten Situation unwohl.