Mit EAM Komplexität beherrschen

Was EAM in der Praxis bringt

31.10.2012
Von Kornelius Fuhrer

IT-Architekturcockpit

Kernbestandteil der Enterprise-Architektur ist die Bebauung der Informations- und Anwendungsarchitektur und deren Wechselbeziehungen zu den anderen Architekturdimensionen sowie zu den Programmen und Projekten. Kennzahlen verfeinern dabei die Beziehung zu den Zielen von Business- und IT-Strategien.

Cocpit für das Anwendungs-Management. Bitte nebenstehende Beschreibung lesen!
Cocpit für das Anwendungs-Management. Bitte nebenstehende Beschreibung lesen!

Die Abbildung zeigt ein Cockpit für das Anwendungsmanagement. Dort sehen Anwendungsverantwortliche eine Zusammenstellung der Architektursichten, die für sie relevant sind:

Links oben im Bild findet der Betrachter die Dokumentation der wichtigsten Attribute. Rechts oben zeigt das Cockpit die Informationsflusskarte als Kontextsicht. Diese veranschaulicht die Wechselbeziehungen der fokussierten Anwendungen mit ihrer unmittelbaren Peripherie. Alle Abhängigkeiten, Schnittstellen und Austauschobjekte werden dort sofort transparent.

Das mittlere Fenster zeigt mehrere Übersichten: links das Lebenszyklus-Diagramm für alle benutzten Bausteine, rechts der technische Bebauungsplan als Plattformarchitektur. Diese, auch Baustein-Sicht geanannt, dokumentiert die technische Struktur der Anwendung und ist eine Variante des technischen Bebauungsplans. Technische Abhängigkeiten, Maßnahmen und Verbesserungspotenziale lassen sich mit dieser Sicht identifizieren.

Das Fenster unten im Cockpit zeigt die Architektursicht. Sie strukturiert das Architekturelement in logische vertikale Schnitte (engl. Tiers) und horizontale technische Schichten (engl. Layers). Entsprechende Klassen von Bausteinen stellen den Fülltyp dar. Kennzahlen werden im Baustein dargestellt und spiegeln mit einer farblichen Semantik den Standardisierungsgrad wieder. Die Zuordnung von exponierten IT-Funktionen der Anwendung (Fülltyp) zu fachlichen Funktionen der Business-Prozesse zeigt die IT-Unterstützung der Anwendung im Rahmen eines typischen Bebauungsplans. In Kombination mit Organisationseinheiten sind die Verantwortlichkeiten konsistent zugewiesen.

Neben der flexiblen, zielgruppenspezifischen Zusammenstellung unterschiedlicher Sichten in einem Cockpit dient auch das Verwenden von Kennzahlen der Steuerung. Der Anwender kann mit ihrer Hilfe komplexe Zusammenhänge einfach erkennen, Trends ableiten und am Ende strategische und operative Entscheidungen sicherer treffen.

Übergang zum nächsten Evolutionsschritt

Der Übergang von der Business- zur zielorientierten Gestaltung der Enterprise-Architektur stellt einen nächsten Evolutionsschritt dar. Dank der zielorientierten Gestaltung lassen sich Business- und IT-Ziele heute über operationalisierte Projekte durchgängig vertikalisieren, mit den betroffenen Architekturelementen durch sämtliche Architekturdimensionen verknüpfen und nachvollziehen. Strategische Sichten wie der diskutierte strategische Bebauungs- oder Masterplan sind richtungsweisend für diesen Trend. Mit der durchgängigen Nachverfolgung von Zielen wird die effektive und zielorientierte Steuerung von Transformationsprojekten im Gesamtkontext der strategisch gesteuerten Evolution der Architektur gewährleistet.

Mit diesen praxiserprobten Architektursichten können die Business-Einheiten planen und darstellen, welche IT-Unterstützung besteht, wie diese bewertet und welche benötigt wird, wie viel die einzelnen Business-Bereiche für IT heute oder künftig ausgeben sollten und ob unzureichend ausgerichtete IT-Architekturen oder suboptimale Business-Modelle existieren. Auf der Seite der IT-Programmplanung können die Auswirkungen auf die Architektur großflächig analysiert, quantifiziert, simuliert und alle resultierenden Transformationsprojekte über IT-Masterpläne choreographiert und kontrolliert werden.

Domänenorientierte Business Capability Maps schaffen die Grundlage für die Bewertung des Business-Modells und der Plausibilität der Business-Strategie. Business Capabilities sind dabei den jeweiligen strategischen Zielen zugeordnet und unterstützen so den fortlaufenden, strategischen Ausrichtungsprozess. Dieser Prozess stellt sicher, dass die Stärken einer Business Capability für die Operationalisierung der Business-Strategie ausreichen. Business Capabilities, die einen reduzierten strategischen Mehrwert generieren, werden in Zukunft immer mehr an Relevanz verlieren, aber weiterhin hohe Betriebskosten erzeugen. Sie eigenen sich also hervorragend für die nächste Auslagerungswelle.

Ineffizienzen und architektonische Risiken durch unerwünschte Abhängigkeiten sowie der allgemeine Zustand der Anwendungsarchitektur müssen kontinuierlich analysiert werden, um gewährleisten zu können, dass die IT-Unterstützung für fachliche Initiativen bereitgestellt und verbessert wird. Die Analyse der Architekturelemente, die bestimmte Business-Prozesse unterstützen, ist besonders für die Gesamtrisiko-Bewertung von großer Bedeutung. Durch eine gezielte Analyse über benutzerdefinierte Cockpit-Sichten erhalten Projekt- und Anwendungsmanager einen schnellen Überblick über die Risiken, denen die Architekturelemente ausgesetzt sind, so dass entsprechende risikominimierende Maßnahmen ergriffen werden können.

Im fortlaufenden Veränderungsprozess und der damit einhergehenden Evolution der Architektur eines Unternehmens sind ständig wichtige Entscheidungen zu treffen, die häufig umfassende Auswirkungen auf die zukünftigen Fähigkeiten des Unternehmens haben, seine Geschäfte umzusetzen. Entscheidungen müssen auf detaillierten kennzahlengestützten Analysen fußen, die sämtliche Aspekte des betreffenden Themas vollständig und konsistent umfassen. Für eine zielorientierte Steuerung sind nicht nur einmalige, sondern fortlaufende Bewertungen essenziell. Schließlich sollen die hier diskutierten Methoden wiederholbare und nachvollziehbare Ergebnisse unterstützen, damit aus vergangenen Entscheidungen und Erfahrungen gelernt werden kann. Manager haben dadurch die Möglichkeit, ihre Entscheidungen schneller, konsistenter und nachhaltiger zu treffen.

Fazit

In Zeiten, in denen globale Ereignisse wie unübersichtliche Märkte, Finanzkrisen oder sogar Naturkatastrophen erhebliche Auswirkungen auf die Marktakteure haben und damit die klassische strategische Langzeitplanung hinfällig machen, wird die flexible Ausrichtung wichtiger. Unternehmen sehen sich mit einer zunehmenden Dynamik und Unsicherheit des Geschäfts sowie der weiter wachsenden Komplexität konfrontiert. Multiple Zielarchitekturen für veränderliche Geschäftsausprägungen müssen simuliert, evaluiert und abrufbar gemacht werden.

Ist die IT-Architektur agil und adaptiv, kann mit hohem Tempo vom einen in das andere konsistente Soll-Szenario gewechselt werden. Diese Anpassungsfähigkeit wird zum wettbewerbsentscheidenden, wenn nicht gar überlebensnotwendigen Faktor. Für jede Architektursicht wird das Einbeziehen von Planungs- und Simulationsfähigkeiten zur Entscheidungsunterstützung überaus wichtig. Analysten können mithilfe dieser Funktionen die Auswirkungen unvorhergesehener Einflüsse auf die Architektur ganzheitlich prognostizieren.

Das Visualisieren von Verhaltensaspekten durch die Simulation der Unternehmensdynamik ist schon heute unverkennbar und ein wichtige Errungenschaft des Enterprise Architecture Managements. Auch Methoden wie die zielorientierte Gestaltung oder die kennzahlengestützte, quantitative Analyse werden zukünftig in den Unternehmen eine zentrale Rolle spielen.

Teaserbild: Fotolia/Vege