Web

Streit um Staatsvertrag

Was dürfen ARD und ZDF im Internet?

11.04.2008
Was dürfen ARD und ZDF im Internet? Über diese Frage tobt seit Wochen ein heftiger Streit zwischen den öffentlich-rechtlichen Sendern sowie Verlegern und Medienpolitikern. Hintergrund ist die geplante Beschränkung des Text-Angebots der gebührenfinanzierten Sender im Internet auf "sendungsbezogene" Beiträge.

ZDF-Intendant Markus Schächter wandte sich kürzlich gegen diese im Entwurf des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags vorgesehene Einschränkung und sah die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Gefahr. Die Zeitschriftenverleger nannten Schächters Ausführungen "unsachlich und irreführend" und meinten, der ZDF-Chef stelle "die wahren Verhältnisse auf den Kopf". Der Privatsenderverband VPRT warnte vor einer "gebührenfinanzierten Marktverdrängung" seiner Mitglieder und der FDP-Medienpolitiker Hans-Joachim Otto nannte die geplante "Klarstellung" im Staatsvertrag "eine europa- und wettbewerbsrechtliche Notwendigkeit".

Worum geht es? Die EU-Kommission hatte jahrelang die deutsche Rundfunkgebühr im Visier, in der sie eine unerlaubte Subventionierung der öffentlich-rechtlichen Sender sah. Erst im Frühjahr 2007 konnte die deutsche Seite ein wettbewerbsrechtliches Verfahren abwenden, indem sie sich verpflichtete, innerhalb von zwei Jahren den Auftrag für ARD und ZDF klar zu definieren und Nachteile für die private Konkurrenz zu verhindern. Dies setzen die Bundesländer derzeit mit dem neuen Staatsvertrag um, in dem auch die Online-Aktivitäten begrenzt werden.

Wogegen sich Schächter und andere Vertreter der öffentlich-rechtlichen Sender wenden, ist ein Satz im Vertragsentwurf, der ihnen "textbasierte Angebote" oder "Lesemedien" nur "sendungsbezogen" erlaubt. Ganz im Sinne der Zeitungs- und Zeitschriftenverleger heißt es erläuternd in Klammern: "Eine elektronische Presse findet nicht statt." Für den ARD-Vorsitzenden Fritz Raff, Intendant des Saarländischen Rundfunks, schickt der vorliegende Entwurf die Sender ins "medientechnische Mittelalter" zurück. Sein SWR-Kollege Peter Boudgoust sieht es ähnlich: "Wer uns ins Postkutschenzeitalter zurückschicken will, der soll das sagen."

Das sehen Verleger und Privatsender ganz anders. Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) weist auf einen anderen Passus im Vertragsentwurf hin, der den Online-Auftrag von ARD und ZDF sogar erweitere, indem er sendungsunabhängige Videos und Audiobeiträge erlaube. Der VDZ beruft sich auf ein Rechtsgutachten, nach dem die vorgesehene Beschränkung des Text-Angebots "nicht nur zulässig, sondern verfassungsrechtlich geboten" sei.

Doch die Online-Aktivitäten von ARD und ZDF sind nur ein kleiner Teil dessen, was im Staatsvertrag festgelegt wird. Da geht es auch um das Verfahren, mit dem geprüft wird, ob neue Programmangebote mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag vereinbar sind. Hier verlangt die EU-Kommission eine verstärkte Überwachung der Auflagen durch externe Kontrollorgane. Doch dieser Forderung sind die deutschen Medienpolitiker bislang nicht nachgekommen. Sie setzen stattdessen weiterhin auf die bisherigen internen Gremien der Sender wie Rundfunk-, Fernseh- und Verwaltungsräte, in denen etliche von ihnen selbst Sitz und Stimme haben.

Bevor sich die Ministerpräsidenten - voraussichtlich im Juni - mit dem Staatsvertrag beschäftigen, der im Frühjahr 2009 in Kraft treten soll, wird er noch in den Staatskanzleien abgestimmt. Auch beim Treffen der ARD-Intendanten in Bonn dürfte er in der kommenden Woche ein Thema sein. (dpa/tc)