Software im Wandel

Was die Software der Zukunft ausmacht

23.02.2015
Von 
Frank Mang schreibt über seine Erfahrungen bei Softwareeinführungen und -integration. Er ist Geschäftsführer von Accenture Technologie im deutschsprachigen Raum. Er arbeitet seit 1990 für das Unternehmen.
Schnell, einfach, modular und vernetzt. So ist Software gemacht, die Managern Entscheidungen abnimmt, das Produkt hinter dem Service verschwinden lässt und die Fachbereiche glücklich macht.
Das Potenzial intelligenter Anwendungen liegt unter anderem darin, Routineaufgaben zu automatisieren.
Das Potenzial intelligenter Anwendungen liegt unter anderem darin, Routineaufgaben zu automatisieren.
Foto: James Thew - Fotolia.com

Was noch vor wenigen Jahren in der IT üblich war, wird zunehmend undenkbar: Ein bis anderthalb Jahre tüftelten Entwickler an einem Template, ehe es dann über Jahre in den weltweiten Niederlassungen des Konzerns nach und nach eingeführt wurde. Heute fordert allein schon die Fachabteilung von der IT, ihre Ideen schnell und unkompliziert umzusetzen. Ansonsten macht sich die Abteilung selbst schlau und findet eine Cloud-Anwendung. Diese ist dann vielleicht nicht unbedingt bis in die Spitze ausgefeilt und passt nicht zur restlichen IT-Landschaft, aber sie genügt Ansprüchen und funktioniert noch dazu auf mobilen Endgeräten.

Wie also kommen Unternehmen dahin, eine Software bereitzustellen, die durch ihre Flexibilität und Wendigkeit die Ansprüche des Geschäfts "versteht" und dessen Tempo mitgehen kann?

Klar ist: Vernetzung, Intelligenz und Agilität werden gefragt sein. Diese drei Bereiche werden die Strategie der Unternehmen für die Anwendungen der Zukunft bestimmen:

1. Vernetzung

In einer immer vernetzteren Welt werden auch in immer stärkerem Maße Daten ausgetauscht, unter Geschäftspartnern, mit Kunden - und nicht zuletzt mit Maschinen über das Internet der Dinge. Wurden bisher diverse Schnittstellenstandards genutzt, etwa EDI für elektronische Rechnungen und Lieferscheine oder SWIFT für die Abwicklung von Transaktionen in der Finanzbranche, gehen wir künftig mit unstrukturierten Daten, die zum Beispiel von Benutzern oder Sensoren generiert werden, immer mehr über standardisierte Verbindungen hinaus. Ein möglicher Vorteil für die Hersteller: Sie ergänzen ihre Produkte mit Dienstleistungen.

So gibt es beispielsweise für Turbinenhersteller die Option, ihre komplexen Antriebsaggregate nicht mehr zu verkaufen, sondern lediglich deren Laufstunden zu berechnen. Das setzt voraus, dass die Triebwerke ständig über diverse Sensoren Informationen ans Wartungsteam schicken, die bei Ermüdungsanzeichen von Einzelteilen sofort eingreifen können. Die Zukunft der Geräte liegt darin, dass die Hersteller immer mehr über sie wissen. Das schafft eine gute Voraussetzung für neue Geschäftsmodelle.

2. Intelligenz

Haben in der Vergangenheit das Business Warehouse, Business-Intelligence-Systeme und Analyseinstrumente lediglich geholfen, Entscheidungen vorzubereiten und Handlungsoptionen nahezulegen, sind Algorithmen künftig mehr und mehr in der Lage, Entscheidungen selbstständig zu treffen. Im Wertpapierhandel ist das in vier von fünf Fällen bereits der Fall. Risikomanagement-Algorithmen entscheiden in wenigen Sekunden über einen Vertragsabschluss. Selbst das Antiblockiersystem im Auto leistet nichts anderes. Der Fahrer tritt auf die Bremse, aber das Steuerungssystem im Auto entscheidet, die Bremse loszulassen.

Das Prinzip ist überall das gleiche: Eckpunkte werden vorgegeben, der Rest wird von der Anwendung gemacht. Und das geschieht künftig in immer höherer Geschwindigkeit, trotz riesiger Datenvolumina. Das Potenzial intelligenter Anwendungen liegt letztlich darin, Routineaufgaben zu automatisieren, die eigenen Führungsaufgaben besser zu bewältigen sowie durch eine integrierte Analyse geschäftliche und IT-Prozesse zu verbessern und ihnen letztlich die Komplexität mehr und mehr zu nehmen.

3. Agilität und Flexibilität

Anwendungen werden sich in der Zukunft deutlich flexibler agieren müssen, als das früher der Fall war. Heute sind Anwendungen im Grunde bereits veraltet, wenn sie implementiert werden. Die "Anwendungen der Zukunft" zeichnen sich dadurch aus, schneller, flexibler und wendiger zu sein als bisher. Wir nennen sie "Liquid Application". Heute hebt die IT noch ein ums andere Mal die Geschwindigkeit der Business-Änderung auf. Deswegen ist es wichtig, dass sich etwa die Entwicklung und der Betrieb in so genannten DevOps enger aneinander binden - also Development und Operations. Das hilft, Anwendungen im Unternehmen innerhalb von drei bis sechs Monaten bereit zu stellen.

Noch bis vor kurzem war es keine Ausnahme, dass Anwendungen, die heute gebaut werden, für die nächsten fünf bis 20 Jahren gedacht waren. Allein die Entwicklung eines Templates dauert bis zu eineinhalb Jahre. Heute haben wir die technischen Möglichkeiten, das anders zu machen. Cloud-, und Mobile-Technologien, die genannten DevOps mit der engeren Zusammenarbeit zwischen IT und Fachbereichen gehören dazu sowie die agile Softwareentwicklung. Die Zeiten sind vorbei, als neue Anwendungen in diversen Softwareentwicklungszyklen auf fünf Umgebungen unzählige Male getestet wurden.
Tatsächlich ist es heute ein Irrglaube, dass agile Software nur für kleine Anwendungen möglich ist, genauso sind Cloud-Anwendungen inzwischen hoch skalierbar. Heute gehört es dazu, bevor ein Projekt startet, nicht nur darüber nachzudenken, wie man Cloud- und Mobile-Technologien mit einbinden kann, sondern wie man Anwendungen zuerst über die Cloud verfügbar macht und Charts aus neuen Anwendungen vom ersten Tag an auf dem Tablet zu sehen bekommen kann. Die Zukunft hat begonnen. (bw)