Lockerheit, Offenheit, Pragmatismus

Was deutsche Manager in Amerika lernen können

24.04.2010
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Wer in den USA Erfolg haben will, muss sich anpassen und darf vieles nicht so eng sehen. Drei IT-Manager über ihre Erfahrungen mit dem American Way of Business.
Sirko Schneppe, Truition: "Angenehm ist, dass es keinen übertriebenen Hang zur Perfektion gibt. 80 bis 90 Prozent Qualität sind im Softwarebereich ausreichend."
Sirko Schneppe, Truition: "Angenehm ist, dass es keinen übertriebenen Hang zur Perfektion gibt. 80 bis 90 Prozent Qualität sind im Softwarebereich ausreichend."

80 Prozent reichen auch. Und Geschwindigkeit zählt mehr als Exzellenz. Diese Erfahrungen hat Sirko Schneppe in den USA gesammelt. Ende der 90er Jahre arbeitete er als junger Softwareentwickler in San Francisco. Von 2007 bis 2009 war der heutige Geschäftsführer des E-Commerce-Dienstleisters Truition im Headquarter von Truition in Toronto tätig.

Wilfried Beeck, ePages: "Als europäisches IT-Unternehmen sollte man unbedingt an die Ostküste gehen und nicht ins Silicon Valley. Dort gibt es mehr Kunden."
Wilfried Beeck, ePages: "Als europäisches IT-Unternehmen sollte man unbedingt an die Ostküste gehen und nicht ins Silicon Valley. Dort gibt es mehr Kunden."

Wilfried Beeck kam 1988 mit 29 Jahren als Entwickler für Steve Jobs Firma NexT ins Silicon Valley. Als Mitgründer von Intershop baute er später die USA-Niederlassung mit auf, organisierte den Börsengang an der NASDAQ und musste 2001 nach dem Platzen der DotCom-Blase 80 Prozent der 300 Intershop-Mitarbeitern in den USA entlassen. Beeck, heute Chef des E-Commerce Anbieters ePages, hat die Erfahrung gemacht, dass mangelnde Führung in den USA nicht toleriert wird.

Intershop-Vorstand Peter Mark Droste findet, dass Amerikaner mit Niederlagen besser umgehen.
Intershop-Vorstand Peter Mark Droste findet, dass Amerikaner mit Niederlagen besser umgehen.

Peter Mark Droste, Vorstand der Intershop Communications AG, war mit 36 Jahren erstmalig für Siemens Nixdorf in den USA tätig und blickt auf mehrere Jahrzehnte internationaler Führungserfahrung in der Soft- und Hardware-Branche, unter anderem für Compaq Computer, Siebel Systems und Cordys zurück. Er hat gelernt, dass man sich selbst positiv darstellen muss und nicht darauf warten sollte, dass die anderen erkennen, was man kann.

1. Was Deutsche von Amerikanern lernen können

  • Lockerheit, auch im Umgang mit Niederlagen. Intershop-Vorstand Peter Mark Droste sagt dazu: "Eine kräftige Prise der amerikanischen Lockerheit und Flexibilität würde uns nicht schaden. Auch die Einstellung, dass Wettbewerb positiv ist und zu noch besseren Leistungen anspornt, fehlt vielen Deutschen. Außerdem können die Amerikaner eher vergessen, wenn jemand "Schiffbruch" mit einer Idee oder einem Vorhaben erleidet. Wichtig ist, dass man nach einem Misserfolg wieder aufsteht."

  • Strukturierte Prozesse. ePages-Chef Wilfried Beeck meint: "Als Deutsche können wir von der professionellen Struktur der amerikanischen IT-Industrie lernen. Jeder Prozess, von der Produktidee über Entwicklung, Produkt-Management, Marketing und Vertrieb bis hin zum Service ist strukturiert. Für jede Aufgabe gibt es Profis mit entsprechendem Know-how. Als deutsches Unternehmen tut man gut daran, diese Prozesse möglichst weitgehend zu übernehmen. Die amerikanischen Mitarbeiter würden es auch völlig unprofessionell finden, wenn man es anders macht."

  • Geschwindigkeit zählt: Truition-Geschäftsführer Sirko Schneppe sagt: "Wir Deutsche sollten lernen, eine Idee erst einmal gut zu finden und alles zu versuchen, sie erfolgreich umzusetzen! Geschwindigkeit zählt mehr als Exzellenz. Die Amerikaner sind innerhalb der Grenzen ihres Landes unschlagbar! Kultur und Geschäftsethik passen perfekt."