Dateien und E-Mail-Korrespondenz

Was der Betriebsrat alles lesen darf

30.03.2010
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Auslegung des Gesetzes bestätigt Leserecht

Das Recht, die elektronisch gespeicherten Unterlagen des Betriebsrats einzusehen, umfasse auch das Leserecht auf elektronischem Wege. Das ergebe die Auslegung des Gesetzes. § 34 Abs. 3 BetrVG sehe vor, dass die Einsichtnahme "jederzeit" erfolgen könne. Das sei nicht gewährleistet, wenn Betriebsratsmitglieder auf ausgedruckte und abgeheftete Dateien verwiesen würden, die bereits zuvor in elektronischer Form vorliegen und auf elektronischem Weg eingesehen werden könnten, ihnen der Zugriff zu dieser Zeit aber nicht ermöglicht werde. Ein Ausdrucken der Dateien und Abheften in Ordnern stelle einen mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht zu vereinbarenden Zwischenschritt dar, der technisch nicht erforderlich sei.

Das Einsichtsrecht einzelner Mitglieder des Betriebsrats sei auch unabdingbar. Es könne weder durch die Geschäftsordnung noch durch einen Beschluss des Betriebsrats eingeschränkt werden. Die durch das Erstellen von Ausdrucken unvermeidbaren Verzögerungen der Möglichkeit zur Einsichtnahme, die u. a. von den Anwesenheitszeiten der Sekretärin, von der Büroorganisation und dem täglichen Arbeitsanfall abhingen, seien nicht mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes in Einklang zu bringen.

§ 34 Abs. 3 BetrVG solle sicherstellen, dass sich jedes Betriebsratsmitglied ohne zeitliche Verzögerung über die Vorgänge im Betriebsrat informieren kann. Durch den damit zum Ausdruck gebrachten Grundsatz der gleichen Informationsmöglichkeiten wolle das Gesetz ausschließen, dass Mitglieder aufgrund ihres Status oder aufgrund übertragener Sonderaufgaben (z.B. als Vorsitzender oder dessen Stellvertreter, als Ausschussmitglied, Systemadministrator oder aufgrund einer Freistellung) gegenüber Betriebsratsmitgliedern ohne besondere Funktionen über einen Informationsvorsprung verfügen. Deshalb ordne das Gesetz ausdrücklich an, dass sich alle Betriebsratsmitglieder selbst dann einen Überblick über die Gesamttätigkeit des Betriebsrats verschaffen können, wenn der Betriebsrat von der Möglichkeit der Delegation von Aufgaben auf Ausschüsse Gebrauch mache.

Nath empfiehlt, dies zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. (www.vdaa.de) verweist.

Lesen Sie zum Thema auch den Beitrag "Wir müssen leider draußen bleiben ...".

Weitere Informationen und Kontakt:

Jürgen Nath, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und VdAA-Landesregionalleier Bayern, c/o Nath & Kollegen, Herzog-Wilhelm-Straße 9/I, 80331 München, Tel.: 089 856309-11, E-Mail: kanzlei@nath.de, Internet: www.nath.de